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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Kauf genommen haben?« Er nahm die Karte, was mit dem Handschuh nicht so einfach war, und schob sie in die Hemdtasche.
    »Nicht nur«, sagte der Engländer. »Obgleich mir sehr daran liegt, Ihnen zu helfen – und wenn das herablassend oder beleidigend klingt, so tut es mir leid. Wirklich. Aber es ist wahr, und es ist sinnlos, jemanden wie Sie zu belügen.«
    »Nun, es wird Sie vermutlich kaum überraschen, daß es in den letzten paar Wochen Gelegenheiten genug gegeben hat, wo ich laut um Hilfe gebetet habe. Aber jetzt geht es mir schon besser als noch vor zwei Tagen. Viel besser sogar. Ich bin dabei, zu tun, was ich… tun zu müssen glaube.«
    »Sie besitzen ein enormes Talent, und Sie begreifen es eigentlich nicht«, sagte Lightner.
    »Aber dieses Talent ist unwichtig. Ich rede von meiner Aufgabe. Haben Sie die Artikel über mich in den Zeitungen gelesen?«
    »Ja. Alles Gedruckte, was ich finden konnte.«
    »Na, dann wissen Sie, daß ich diese Visionen hatte, als ich tot war, daß sie mit meiner Rückkehr einen Zweck verbanden und daß aus irgendeinem Grunde meine Erinnerung daran restlos ausgelöscht ist. Na, beinahe restlos jedenfalls.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Dann wissen Sie auch, daß es auf die Sache mit den Händen nicht ankommt«, sagte Michael unbehaglich. Er nahm einen großen Schluck Bier. »Niemand glaubt besonders an diesen Auftrag. Aber inzwischen sind drei Monate vergangen, seit der Unfall passiert ist, und das Gefühl, das ich habe, ist immer noch dasselbe. Ich bin wegen des Auftrags hierher gekommen. Es hat etwas mit dem Haus zu tun, wo ich gestern abend war. Mit dem Haus in der First Street.«
    Der Mann musterte ihn eingehend. »Das Haus hat mit den Visionen zu tun, die Sie sahen, als Sie ertrunken waren?«
    »Ja, aber fragen Sie mich nicht, was. Seit Monaten sehe ich das Haus wieder und wieder in meinen Gedanken. Ich sehe es im Schlaf. Es hat etwas damit zu tun. Ich bin zweitausend Meilen geflogen, weil es etwas damit zu tun hat. Aber nochmals: Fragen Sie mich nicht, was.«
    »Und Rowan Mayfair? Was hat sie damit zu tun?«
    Michael stellte langsam die Bierdose hin und betrachtete den Mann abschätzend. »Sie kennen Dr. Mayfair?«
    »Nein, aber ich weiß viel über sie und über ihre Familie.«
    »Ach ja? Das könnte sehr interessant für sie sein. Aber was haben Sie mit ihrer Familie zu tun? Haben Sie nicht gesagt, Sie hätten vor meinem Haus in San Francisco gewartet, weil Sie mit mir sprechen wollten?«
    »Ich bin sehr verwirrt, Mr. Curry. Vielleicht könnten Sie mich aufklären. Wie kam Dr. Mayfair dorthin?«
    »Hören Sie, allmählich habe ich Ihre Fragerei satt. Sie war da, weil sie mir helfen wollte. Sie ist Ärztin.«
    »Sie war in ihrer Eigenschaft als Ärztin da?« fragte Lightner beinahe flüsternd. »Dann habe ich unter einem falschen Eindruck gestanden. Dr. Mayfair hat Sie gar nicht hergeschickt?«
    »Mich hergeschickt? Um Himmels willen, nein. Warum, zum Teufel, sollte sie das tun? Sie war nicht einmal dafür, daß ich herfuhr – außer, damit ich es mir endlich vom Herzen schaffe. Die Wahrheit ist: Ich war so betrunken, als sie mich abholte, daß ich mich fast frage, wieso sie mich nicht eingewiesen hat. Aber wie kommen Sie darauf, Mr. Lightner? Weshalb sollte sie mich herschicken?«
    »Sie kannten Dr. Mayfair nicht, bevor Sie die Visionen hatten?«
    »Nein. Ich habe sie erst kurz danach kennengelernt.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Sie hat mich gerettet, Lightner. Sie hat mich aus dem Meer gezogen. Da habe ich sie das erstemal zu Gesicht bekommen – als sie mich an Deck ihres Bootes wiederbelebte.«
    »Mein Gott, davon hatte ich keine Ahnung.«
    »Tja, ich bis Freitagabend auch nicht. Ich meine, ich wußte weder, wie sie hieß, noch wer sie war, noch sonst irgend etwas. Die Küstenwache hatte es vermasselt. Sie hatten sich weder ihren Namen noch die Zulassungsnummer ihres Bootes geben lassen, als ihr Notruf gekommen war. Aber sie hat mir da draußen das Leben gerettet. Sie hat so was wie einen starken diagnostischen Sinn, gewissermaßen einen sechsten Sinn, der ihr sagt, ob ein Patient überleben oder ob er sterben wird. Sie fing sofort mit der Wiederbelebung an. Manchmal frage ich mich, ob die Küstenwache, wenn sie mich gefunden hätte, es auch nur versucht hätte.«
    Lightner starrte schweigend auf den Teppich. Er schien zutiefst beunruhigt zu sein. »Und Sie haben ihr dann von diesen Visionen erzählt.«
    »Ich wollte noch einmal auf ihr Boot. Ich hatte die Idee, daß mein

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