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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Dame, und an mein leises Verlangen nach ihr bei dieser Berührung.
    Sie war höchst fasziniert von denen, die hier Diamanten schnitten und polierten, vom Kommen und Gehen der Händler und der reichen Kunden, die aus ganz Europa – ach was, aus der ganzen Welt gekommen waren, um hier ihre prächtigen Juwelen zu kaufen. Es betrübte mich, daß ich das Geld nicht hatte, ihr etwas Hübsches zu kaufen, und natürlich waren die Händler von ihrer Schönheit und ihrer herrlichen Kleidung sehr angetan – Roemers Frau hatte sie wunderschön herausgeputzt -, und sie gaben ihre Vorstellung für sie und fragten, ob sie nicht ihre Ware sehen wollten.
    Ein schöner, goldgefaßter Smaragd aus Brasilien wurde gerade einem reichen Engländer gezeigt, und er erregte ihre Aufmerksamkeit. Als der Engländer wegen des Preises darauf verzichtete, setzte sie sich an den Tisch, um den Stein anzuschauen, als könne sie ihn leicht kaufen – oder ich für sie -, und sie erschien wie verzaubert, als sie das rechteckige Juwel in seiner Fassung aus Goldfiligran betrachtete. Und dann fragte sie in englischer Sprache nach dem Preis und zuckte nicht mit der Wimper, als sie ihn erfuhr.
    Ich versprach dem Händler, die Sache gründlich in Erwägung zu ziehen, da die Dame sich den Stein offensichtlich von Herzen wünschte, und lächelnd führte ich sie auf die Straße hinaus. Wie gern hätte ich ihr den Smaragd gekauft.
    Als wir am Kai entlang zurück zum Haus wanderten, sagte sie zu mir: »Sei nicht traurig. Denn wer erwartet so etwas von dir?« Zum erstenmal lächelte sie mich an und drückte meine Hand. Mein Herz tat einen Satz, doch gleich verfiel sie wieder in ihre alte Kälte und ihr Schweigen, und sie sagte kein weiteres Wort.
    Am siebenten Tag von Deborahs Aufenthalt im Mutterhaus kam eine Frau unseres Ordens, von der du viel gehört und studiert hast, obgleich sie schon seit vielen Jahren tot ist, aus Haarlem, wo sie ihren Bruder besucht hatte, einen recht gewöhnlichen Mann. Sie war indessen keine gewöhnliche Frau: Die große Hexe Geertruid van Stolk ist es, von der ich spreche. Sie war damals die Mächtigste von uns allen, ob Mann, ob Frau, und sogleich erzählte man ihr Deborahs Geschichte, und man bat sie, mit dem Kind zu sprechen und zu sehen, ob sie nicht Deborahs Gedanken lesen könne.
    Sogleich ging Geertruid zu ihr, aber als Deborah diese Frau nur kommen hörte, sprang sie von ihrem Schemel auf, daß er umkippte, warf ihr Nähzeug hin und drückte sich rückwärts an die Wand. Blanker Haß lag auf ihrem Antlitz, als sie Geertruid nun anstarrte, und dann suchte sie aus dem Zimmer zu entkommen, krallte sich in die Wände, als wolle sie dort hindurchflüchten, fand endlich die Tür und rannte den Korridor hinunter zur Straße.
    Roemer und ich hielten sie dann fest, beschworen sie, sich zu beruhigen, und versicherten ihr, daß niemand ihr etwas tun wolle, und schließlich sagte Roemer: »Wir müssen das Schweigen dieses Kindes brechen.« Derweilen reichte Geertruid mir einen Zettel, auf den sie hastig in lateinischer Sprache gekritzelt hatte: »Das Kind ist eine mächtige Hexe!« Wortlos gab ich Roemer den Zettel.
    Wir beschworen Deborah, mit uns in Roemers Arbeitszimmer zu kommen, einem großen und behaglichen Raum, wie du wohl weißt, da du ihn ja geerbt hast; zu seiner Zeit indessen war er mit Uhren angefüllt, denn er liebte sie, aber inzwischen hat man sie im Hause verteilt.
    Roemer hielt seine Fenster über dem Kanal immer offen, und man hatte das Gefühl, daß all die gesunden Geräusche der Stadt hier hereinströmten. Das Zimmer hatte etwas Heiteres an sich. Als er Deborah jetzt ins Sonnenlicht zog und sie bat, sich zu setzen und sich zu beruhigen, war sie still und beherrscht; sie lehnte sich zurück und sah ihm mit müder, schmerzlicher Miene ins Gesicht.
    Schmerzlich. Solchen Schmerz sah ich in diesem Augenblick, daß mir selbst fast die Tränen gekommen wären. Denn die Maske der Ausdruckslosigkeit war restlos geschmolzen. Ihre Lippen zitterten, und sie sagte auf englisch: »Wer seid ihr Männer und Frauen hier? Was, im Namen Gottes, habt ihr mit mir vor!«
    »Deborah«, sagte er besänftigend. »Höre meine Worte, Kind, und ich will es dir unverblümt sagen. Die ganze Zeit über haben wir ja zu ergründen versucht, wieviel du verstehen kannst.«
    »Und was«, verlangte sie haßerfüllt zu wissen, »sollte es zu verstehen geben?« Es war die klangvolle Stimme einer Frau, die da aus ihrem schwer atmenden Busen kam. Ihre

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