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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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jedermann ausgestellt.
    Und am Hals trug Deborah auf diesem Porträt just jenen brasilianischen Smaragd, den sie auf unserem gemeinsamen Spaziergang so sehr begehrt hatte. Schon längst hatte sie ihn dem Juwelier abgekauft, und mit ihm jedes Stück Silber und Schmuck, das ihr gefallen hatte, und auch die Gemälde von Rembrandt und Hals und Judith Leister, die sie so sehr bewunderte.
    Schließlich konnte ich nicht länger fernbleiben. Das Haus stand offen zur Besichtigung des Rembrandt-Porträts, auf das Roelant ganz mit Recht stolz war. Und als ich über die Schwelle trat, um das Bild zu betrachten, unternahm der alte Roelant nichts, um mein Eintreten zu verhindern, sondern kam mir an seinem Spazierstock entgegengehumpelt, reichte mir mit eigener Hand ein Glas Wein und zeigte mir seine geliebte Deborah in der Bibliothek seines Hauses, wie sie gerade mit einem Tutor Lateinisch und Französisch lesen und schreiben lernte; dies nämlich war ihr größter Wunsch. Sie lerne so schnell, berichtete Roelant, daß es ihn erstaune, und sie habe in letzter Zeit die Schriften der Anna Maria von Schurman gelesen, die dafürhalte, daß Frauen zum Lernen in der Tat ebensogut geeignet seien wie Männer.
    Er schien über zu sprudeln vor lauter Freude.
    Ich zweifelte an dem, was ich über ihr Alter wußte, als ich sie sah. Angetan mit Juwelen und grünem Samt, sah sie aus wie eine junge Frau von vielleicht siebzehn Jahren. Weite Ärmel trug sie und voluminöse Röcke und ein grünes Band mit Satinrosetten im schwarzen Haar. Selbst ihre Augen erschienen grün über den prachtvollen Stoffen, die sie umhüllten. Und ich erkannte, daß Roelant selbst gar nicht wußte, wie jung sie war. Kein Wort war mir über die Lippen gekommen, welches das Lügengewebe, von dem sie umsponnen war, zerrissen hätte. Ich stand da und erglühte in ihrer Schönheit, als habe sie Schläge auf meinen Kopf und meine Schultern hernieder prasseln lassen, und dann traf mich der Todesstoß mitten ins Herz, als sie aufblickte und lächelte.
    Jetzt werde ich gehen müssen, dachte ich und wollte schon meinen Wein wegstellen. Aber sie kam, immer noch lächelnd, auf mich zu, nahm meine Hände und sagte: »Petyr, komm mit mir.« Und sie führte mich in ein Kämmerchen mit Schränken, in denen das Haushaltslinnen aufbewahrt wurde.
    Wie gewandt sie jetzt war, wie anmutig. Eine Dame bei Hofe hätte nicht besser gewirkt. Aber als ich daran dachte, bedachte ich auch meine Erinnerung an sie auf dem Karren am Kreuzweg und daran, wie wenig Ähnlichkeit sie damals mit einer kleinen Prinzessin gehabt hatte.
    Aber in jeder Hinsicht hatte sie sich seit damals verändert. In den wenigen dünnen Lichtstrahlen, die in die Wäschekammer drangen, konnte ich sie in allen Einzelheiten betrachten, und ich fand sie kräftig, parfümiert und rotwangig – und da ruhte auch der große brasilianische Smaragd in seiner Fassung aus Goldfiligran auf ihrer festen, runden Brust.
    »Warum habt ihr nicht allen erzählt, was ihr über mich wißt?« fragte sie, als wüßte sie die Antwort nicht.
    »Deborah, wir haben dir die Wahrheit über uns gesagt. Wir wollten dir ein Obdach geben und all unser Wissen über die Kräfte, die du besitzt. Komm zu uns, wann immer du möchtest.«
    Sie lachte. »Du bist ein Narr, Petyr – aber du hast mich aus Finsternis und Elend an diesen wundervollen Ort gebracht.« Sie griff in eine verborgene Tasche in ihrem weiten Rock und holte eine Handvoll Rubine und Smaragde heraus. »Nimm, Petyr.«
    »Deborah, woher hast du diese Juwelen?« wisperte ich. »Was ist, wenn man dich bezichtigt, sie gestohlen zu haben?«
    »Mein Teufel ist dafür zu schlau, Petyr. Sie kommen von weit her. Und ich brauche es nur zu sagen, wenn ich welche haben will. Mit einem winzigen Teil dieser unerschöpflichen Vorräte habe ich diesen Smaragd gekauft, den ich jetzt am Halse trage. Der Name meines Teufels ist hinten in die Goldfassung graviert. Aber du kennst seinen Namen. Ich warne dich, Petyr: Rufe ihn niemals an, denn er dient nur mir, und er wird jeden anderen vernichten, der versucht, ihn bei dem Namen herbeizubefehlen, der ihm gegeben wurde.«
    »Deborah, komm zurück zu uns«, flehte ich. »Komm tagsüber, wenn du willst, auf ein paar Stunden dann und wann, wenn dein Gemahl sicher nichts dagegen hat. Sprich mit uns. Dein Geist ist kein Teufel, aber er ist mächtig, und er kann schlimme Dinge tun, dank der Skrupellosigkeit und Tollheit, die so typisch für Geister ist. Deborah, dies ist kein

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