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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sozusagen.
    Die »moderne Psychiatrie« hat anscheinend ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen, die Mayfair-Hexen zu hemmen und zu verwirren; wir werden uns detaillierter damit befassen, wenn wir die Familie Mayfair im zwanzigsten Jahrhundert betrachten.
    Überwiegend aber sind wir in diesen Dingen auf Spekulationen angewiesen. Selbst als im zwanzigsten Jahrhundert ein direkter Kontakt zwischen dem Orden und den Mayfair-Hexen zustande kam, konnten wir weniger in Erfahrung bringen, als wir uns erhofft hatten.
     
    FORTSETZUNG DER GESCHICHTE
    Nach der Ankunft in New Orleans zog Marie Claudette mit ihrer Familie in ein großes Haus in der Rue Dumaine und erwarb sogleich eine riesige Pflanzung in Riverbend, südlich der Stadt, und hier ließ sie eine Pflanzervilla errichten, die größer und luxuriöser als ihr Gegenstück in Saint Domingue war. Diese Pflanzung erhielt den Namen »La Victoire at Riverbend« und war später allgemein einfach als »Riverbend« bekannt. 1896 spülte der Fluß alles davon, aber ein großer Teil des Geländes gehört den Mayfairs noch immer, und heute steht dort eine Ölraffinerie.
    Maurice Mayfair, Marie Claudettes Onkel, lebte bis ans Ende seiner Tage auf dieser Pflanzung, und seine beiden Söhne kauften daran angrenzende eigene Plantagen, wo sie in engem Kontakt mit Marie Claudettes Familie lebten. Ein paar Nachkommen der beiden Männer blieben bis 1890 auf diesem Land, viele andere zogen nach New Orleans. Sie bildeten die stets wachsende Schar von »Verwandten«, die in den nächsten einhundert Jahren ein konstanter Faktor im Leben der Mayfairs waren.
    Es sind zahlreiche Zeichnungen von Marie Claudettes Pflanzervilla erschienen, sogar ein paar Photos in alten, inzwischen vergriffenen Büchern. Es war selbst für seine Zeit groß; vor dem prunkvollen »Greek Revival« erbaut, war es ein schlichtes Kolonialgebäude mit glatten runden Säulen, einem Giebeldach und Galerien, ganz wie das Haus in Saint Domingue. Eine Seite enthielt jeweils zwei Räume, und Korridore teilten es von Norden nach Süden und von Westen nach Osten; es hatte ein vollständiges Untergeschoß sowie ein sehr hohes, geräumiges Dachgeschoß.
    Marie Claudette war in Louisiana ebenso erfolgreich, wie sie und ihre Vorfahren es in Saint Domingue gewesen waren. Auch hier pflanzte sie Zucker, aber den Anbau von Tabak und Kaffee gab sie auf. Sie kaufte kleinere Plantagen für die Söhne ihres Bruders Lestan und überhäufte deren Kinder und Kindeskinder mit üppigen Geschenken.
    Von den ersten Wochen nach ihrer Ankunft an betrachtete man die Familie mit Furcht und Mißtrauen. Marie Claudette machte den Leuten angst; während sie die Fundamente für ihr Geschäft in Louisiana legte, begann sie eine ganze Reihe von Streitigkeiten, und es war nicht unter ihrer Würde, jemandem, der ihr im Wege stand, zu drohen. Sie kaufte Sklaven in enormer Zahl für ihre Felder und behandelte sie der Tradition ihrer Vorfahren entsprechend sehr gut. Kaufleute dagegen behandelte sie schlecht: Mehr als einen verjagte sie mit der Peitsche von ihrem Grund und Boden, weil er angeblich versucht hatte, sie zu betrügen.
    Innerhalb kurzer Zeit priesen die Sklaven auf ihren Ländereien sie als Zauberin; man könne sie nicht hinters Licht führen, hieß es; sie habe »den bösen Blick«, und einen Dämon habe sie auch, den sie jedem an den Hals hetzen könne, der sie geärgert habe. Ihr Bruder Lestan war allgemein beliebter und verstand sich anscheinend auf Anhieb mit der trinkenden, spielenden Pflanzerklasse der Gegend.
    Henri Marie Landry, ihr Mann, war offenbar ein liebenswürdiges, aber passives Individuum; er überließ absolut alles seiner Frau. Er las botanische Zeitschriften aus Europa und sammelte seltene Blumen aus dem ganzen Süden, und in Riverbend entwarf und kultivierte er einen riesigen Garten.
    Er starb im Bett, 1824, gesegnet mit den heiligen Sakramenten.
    1799 brachte Marie Claudette ihr letztes Kind zur Welt, Marguerite, die spätere Erbin des Vermächtnisses, die bis zu Marie Claudettes Tod im Jahr 1831 in deren Schatten lebte.
    Über Marie Claudettes Familienleben gab es mancherlei Klatsch. Es hieß, ihre älteste Tochter, Ciaire Marie, sei schwachsinnig, und es gibt zahllose Geschichten über diese junge Frau, wie sie im Nachthemd umherirrte und den Leuten seltsame – wenn auch oft entzückende – Dinge sagte. Sie sah Geister und sprach ständig mit ihnen, manchmal während eines Abendessens inmitten der staunenden Gäste.
    Auch

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