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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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geworden war. Keine einzige. Ich habe gezielt gefragt: ›Hab’ sie nie wiedergesehen. ‹ ›Hat vermutlich die Schule geschmissen.‹ ›Ich kannte sie ja nicht besonders gut. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist. Vielleicht ist sie nach Stanford zurückgegangen.‹ Das ist alles. Berkeley ist ja eine enorm große Universität. So kann es durchaus gewesen sein.«
    Ich bat den Detektiv, mit höchster Diskretion weiterzuforschen, um festzustellen, ob Rowan wisse, was mit Grahams Freundin, Karen Garfield, passiert war. »Rufen Sie sie gelegentlich abends an. Fragen Sie nach Graham Franklin. Wenn sie Ihnen erzählt, daß Graham tot ist, behaupten Sie, Sie versuchten Karen Garfield aufzutreiben. Aber bemühen Sie sich, sie nicht weiter aufzuregen, und bleiben Sie nicht zu lange in der Leitung.«
    Der Detektiv meldete sich schon am nächsten Abend wieder.
    »Sie hatten recht.«
    »Womit?«
    »Sie weiß nicht, was sie da tut! Sie hat keine Ahnung, daß Karen Garfield tot ist. Sie hat mir erzählt, Karen wohne irgendwo in der Jackson Street in San Francisco, und sie hat mir vorgeschlagen, ich solle es mal bei Grahams alter Sekretärin versuchen. Aaron, sie hat keine Ahnung.«
    »Wie klang sie denn?«
    »Erschöpft, leicht verärgert, aber höflich. Sie hat wirklich eine wunderschöne Stimme. Ziemlich außergewöhnlich. Ich habe sie gefragt, ob sie Karen gesehen hätte. Ich bin wirklich hart zur Sache gegangen. Sie sagte, sie habe Karen eigentlich nicht gekannt; Karen sei eine Freundin ihres Vaters gewesen. Ich glaube, sie war absolut ehrlich.«
    »Nun, bei ihrem Stiefvater und bei dem Kind auf dem Spielplatz muß sie Bescheid gewußt haben. Und bei dem Vergewaltiger auch.«
    »Ja, Aaron, aber wahrscheinlich ist in keinem dieser Fälle Absicht im Spiel gewesen. Siehst du es nicht? Sie war hysterisch, als das Mädchen starb. Sie war hysterisch nach der versuchten Vergewaltigung. Und was den Stiefvater angeht, so versuchte sie alles Mögliche, um ihn wiederzubeleben, als der Krankenwagen kam. Sie weiß es nicht. Oder sie hat es nicht in der Gewalt, wenn sie es doch weiß. Kann sein, daß sie sich dann selbst zu Tode ängstigt.«
    »Sie muß Bescheid wissen. Sie ist eine zu gute Ärztin, um es nicht zu wissen«, sagte ich. »Bedenken Sie, daß dieses Mädchen ein diagnostisches Genie ist. Sie muß bei ihrem Stiefvater Bescheid gewußt haben. Es sei denn, wir irren uns insgesamt.«
    »Wir irren uns aber nicht«, sagte Gander. »Sie haben es hier mit einer brillanten Neurochirurgin zu tun, Aaron, die aus einer Familie von Hexen stammt und die Menschen umbringen kann, indem sie sie bloß anschaut; und auf irgendeiner Ebene ihres Bewußtseins weiß sie das auch – sie muß es wissen, und sie verbringt jeden Tag ihres Lebens damit, die Sache im Operationssaal Wieder gut zu machen, und wenn sie abends ausgeht, geht sie mit irgendeinem Helden von der Feuerwehr, der ein Kind aus einem brennenden Dachboden gerettet hat, oder mit einem Cop, der einen Betrunkenen daran gehindert hat, seine Frau zu erstechen. Sie ist irgend wie verrückt, diese Lady. Vielleicht genauso verrückt wie der ganze Rest.«
    Im Dezember 1988 fuhr ich nach Kalifornien. Ich war im Januar in den Staaten gewesen, um bei Nancy Mayfairs Beerdigung dabei zu sein, und ich bedauerte zutiefst, daß ich nicht schon da an die Westküste weitergefahren war, um Rowan einmal zu Gesicht zu bekommen. Aber damals hatte ja niemand ahnen können, daß sowohl Ellie als auch Graham innerhalb der nächsten sechs Monate tot sein würden.
    Rowan war jetzt ganz allein in dem Haus in Tiburon. Ich wollte sie einmal sehen, und sei es auch nur aus der Ferne. Ich wollte mir einen Eindruck verschaffen, und das konnte ich nur, wenn ich sie einmal leibhaftig zu Gesicht bekam.
    Wir hatten inzwischen – gottlob – keine weiteren Toten in Rowans Vergangenheit entdeckt. In ihrer neurochirurgischen Abteilung leistete sie effektive, ja, geradezu übermenschliche Arbeit, und es zeigte sich, daß es viel schwieriger war, einen Blick auf sie zu werfen, als ich es mir vorgestellt hatte. Sie verließ das Krankenhaus durch ein Parkhaus und fuhr zu Hause in eine geschlossene Garage. Die Sweet Christine, die vor ihrem Haus vertäut lag, war durch einen hohen Holzzaun gänzlich verdeckt.
    Ich beschloß, ihr von der Klinik aus zu folgen, mußte aber feststellen, daß es unmöglich war, genau abzuschätzen, wann sie dort jeweils wegfuhr. Wann sie kam, war ebenfalls ein Geheimnis. Eine diskrete

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