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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ihr.«
    Er nickte. Aber er war immer noch verwirrt und ratlos.
    »Wenn ich dir nicht vertrauen kann – was immer das wert sein mag -, dann will ich mit niemandem sprechen. Was verschweigst du mir? Erzähl’s mir einfach. Erzähle mir, weshalb dieser Aaron Lightner heute nachmittag bei der Beerdigung so freundlich zu mir war, als du nicht da warst. Ich will wissen, wer er ist und woher du ihn kennst. Habe ich ein Recht, diese Frage zu stellen?«
    »Schau, Honey, du kannst mir vertrauen. Werde nicht wütend auf mich, bitte.«
    »Oh, keine Angst. Es ist schon mehr nötig als ein kleiner Zank mit meinem Liebhaber, damit ich Halsschlagadern platzen lasse.«
    »Rowan, ich wollte damit nicht sagen…«
    »Ich weiß, ich weiß!« wisperte sie. »Aber du weißt, daß ich die alte Frau getötet habe.«
    Er machte eine kleine abwehrende Geste und schüttelte den Kopf.
    »Du weißt, daß ich es getan habe.« Sie blickte zu ihm auf. »Du bist der einzige, der es weiß.« Dann kam ihr ein schrecklicher Verdacht. »Hast du Lightner erzählt, was ich dir erzählt habe? Über das, was ich tun kann?«
    »Nein«, sagte er ernst und schüttelte den Kopf. Stumm, aber beredt, bat sein Blick sie, ihm zu glauben. »Nein. Aber er weiß es, Rowan.«
    »Er weiß was?«
    Er antwortete nicht. Er zuckte leicht die Achseln, zog eine neue Zigarette aus der Schachtel und starrte anscheinend nachdenklich in die Ferne, während er ein Streichholzheftchen hervorzog.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, sagte er. »Vielleicht mit dem Anfang.« Er blies den Rauch von sich und stützte sich mit dem Ellbogen auf den Kaminsims. »Ich liebe dich. Wirklich. Ich weiß nicht, wie das alles zusammen paßt. Ich habe so manchen Verdacht, und ich habe Angst. Aber ich liebe dich. Wenn das so hat sein sollen, ich meine, wenn es uns so bestimmt war – na, dann bin ich verloren. Wirklich verloren, denn den Teil, der dann vorher bestimmt ist, kann ich nicht akzeptieren. Aber die Liebe gebe ich nicht auf. Ist mir egal, was passiert. Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    Sie nickte. »Du mußt mir alles über diese anderen Leute erzählen«, sagte sie. Aber ohne Worte sagte sie außerdem: Weißt du, wie sehr ich dich liebe und begehre?
    Er packte einen der Eßzimmerstühle, die an der Wand standen, schwenkte ihn herum, so daß die Lehne ihr zugewandt war, und setzte sich rittlings darauf; die verschränkten Arme stützte er auf die Lehne, und dann schaute er sie an.
    »Die letzten zwei Tage«, sagte er, »war ich ungefähr sechzig Meilen von hier entfernt und habe die Geschichte der Familie Mayfair gelesen, die von diesen Leuten zusammengetragen wurde.«
    »Von der Talamasca?«
    Er nickte. »Ich will es dir erklären. Vor dreihundert Jahren gab es einen Mann namens Petyr van Abel. Sein Vater war ein berühmter Chirurg an der Universität Leiden in Holland. Es gibt heute noch Bücher, die von diesem Arzt verfaßt wurden. Jan van Abel.«
    »Ich kenne ihn«, sagte sie. »Er war Anatom.«
    Er lächelte. »Nun, er ist dein Vorfahre, mein Schatz. Du siehst aus wie sein Sohn. Sagt zumindest Aaron. Als Jan van Abel starb, war Petyr ein Waisenkind, und er wurde Mitglied der Talamasca. Er konnte Gedanken lesen, er konnte Geister sehen. Er war das, was andere Leute vielleicht einen Zauberer genannt hätten, aber die Talamasca gab ihm Obdach. Schließlich arbeitete er für sie, und ein Teil seiner Arbeit bestand darin, Menschen in anderen Ländern zu retten, die dort der Hexerei bezichtigt wurden.
    Dieser Petyr van Abel nun reiste nach Schottland, um bei dem Prozeß gegen eine Hexe zu intervenieren; der Name dieser Hexe war Susanne Mayfair. Er kam jedoch zu spät, und alles, was er noch tun konnte – immer noch mehr als genug, wie sich herausstellen sollte -, war, ihre Tochter Deborah aus dieser Stadt, wo man sie früher oder später ebenfalls verbrannt hätte, nach Holland zu bringen. Aber bevor er das tat, sah er diesen Mann, diesen Geist. Es entging ihm nicht, daß auch die kleine Deborah ihn sah, und Petyr schloß daraus, daß Deborah ihn habe erscheinen lassen, was sich als zutreffend erwies.
    Deborah blieb nicht bei dem Orden. Schließlich verführte sie Petyr und brachte ein Kind von ihm zur Welt, das den Namen Charlotte bekam. Charlotte wanderte in die Neue Welt aus, und dort begründete sie die Familie Mayfair.
    Alle Mayfairs seitdem sind Charlottes Nachkommen. Und in jeder Generation dieser Nachkommen bis heute hat mindestens eine Frau die Fähigkeit Deborahs

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