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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Leute, die dir da erschienen sind, höhere Wesen waren?«
    »Ja, das glaube ich«, antwortete er.
    »Diese schwarzhaarige Frau – diese verurteilte Hexe, wie du sie nennst – mit ihrem Edelstein war gut? Die dich von den Klippen in den Pazifik geworfen hat, wo du…?«
    »Rowan, niemand kann beweisen, daß eine solche Verkettung von Ereignissen gesteuert war! Ich weiß nur…«
    »Du hast diesen Geistermann gesehen, als du sechs Jahre alt warst? Ich will dir etwas sagen, Michael: Dieser Mann ist nicht gut. Und du hast ihn vor zwei Tagen abends hier gesehen? Die schwarzhaarige Frau ist auch nicht gut.«
    »Rowan, es ist zu früh für solche Interpretationen.«
    »Okay. Gut. Ich will dich nicht ärgern. Ich will dich nicht mal für eine Sekunde wütend machen. Ich bin so froh, daß du hier bist. Du ahnst nicht, wie froh ich bin, daß du hier bist, daß du hier bei mir in diesem Haus bist und daß du das alles verstehst, daß du… oh, es ist schrecklich, so etwas zu sagen, aber ich bin froh, daß ich in dieser Sache nicht allein bin. Und ich will dich hier haben – das ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.«
    »Ich weiß.«
    »Aber auch du solltest nicht allzu viele Interpretationen anstellen. Es gibt etwas schrecklich Böses hier, etwas, das ich fühlen kann wie das Böse in mir selbst. Etwas, das so böse ist, daß es hervorquellen und viele Menschen verletzen könnte. Mehr, als es in der Vergangenheit bisher verletzt hat. Und du bist wie ein sternenäugiger Ritter, der soeben über die Zugbrücke aus dem Schloß herausgeritten ist!«
    »Rowan, das stimmt nicht.«
    »Also schön. Okay. Sie haben dich da draußen nicht ins Wasser geworfen. Und daß du alle diese Leute kennst – Rita Mae Lonigan -, das hängt alles nicht zusammen.«
    »Doch, es hängt zusammen, aber die Frage ist: wie? Es ist entscheidend wichtig, daß wir keine übereilten Schlüsse ziehen.«
    Sie wandte sich dem Tisch zu, stützte die Ellbogen auf und legte den Kopf in die Hände. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war. Die Nacht erschien ihr stiller als zuvor; hin und wieder knackte oder knarrte etwas irgendwo im Hause. Aber sie waren allein. Ganz allein.
    »Weißt du«, sagte sie, »wenn ich an die alte Frau denke, ist es, als ob sich das Böse wie eine Wolke auf mich herabgesenkt hätte. Mit ihr zusammen zu sein, war so, als ginge ich neben dem Bösen. Und dabei dachte sie, sie sei die Gute hier. Sie glaubte gegen den Teufel zu kämpfen. Es ist verzwickt, aber es ist alles noch viel undurchschaubarer, als du dir vorstellen kannst.«
    »Sie hat Townsend umgebracht«, sagte er.
    Sie drehte den Kopf und sah ihn an. »Weißt du das sicher?«
    »Ich habe meine Hände auf ihn gelegt. Ich habe den Knochen befühlt. Sie hat es getan. Sie hat ihn in diesen Teppich geschnürt: Vielleicht stand er dabei unter Drogen – ich weiß es nicht. Aber er starb in dem Teppich, soviel weiß ich. Er hat ein Loch hineingebissen.«
    »O Gott!« Sie schloß die Augen: ihre Phantasie zeigte ihr die Einzelheiten seines Kampfes allzu lebhaft.
    »Und die ganze Zeit waren Leute im Haus, und sie konnten ihn nicht hören. Sie wußten nicht, daß er dort oben starb.«
    »Warum soll sie das getan haben?«
    »Weil sie uns haßte. Ich meine, sie haßte die Talamasca.«
    »Du hast ›uns‹ gesagt.«
    »Das war ein Versprecher, aber ein sehr aufschlußreicher. Ich fühle mich als einer von ihnen. Sie sind zu mir gekommen und haben mich gebeten, ihnen beizutreten – mehr oder weniger. Sie haben mich in ihr Vertrauen gezogen. Aber vielleicht wollte ich eigentlich sagen, daß sie jeden Außenseiter haßte, der irgend etwas wußte. Noch immer drohen jedem Außenseiter Gefahren. Aaron ist in Gefahr. Du hast mich gefragt, was die Talamasca bei der ganzen Sache zu erwarten hat. Sie riskiert, noch ein Mitglied zu verlieren.«
    »Das mußt du mir erklären.«
    »Auf dem Rückweg von der Beerdigung, als er wieder aufs Land herauskam, um mich abzuholen, da sah er einen Mann auf der Straße. Er geriet ins Schleudern, überschlug sich zweimal und kam mit knapper Not aus dem verdammten Wagen heraus, bevor er explodierte. Das war dieser Geist. Ich weiß es. Und er weiß es auch.«
    »Ist er verletzt?«
    Michael schüttelte den Kopf. »Er wußte, was los war, schon während es passierte. Aber er konnte nichts riskieren. Wenn es nun doch keine Erscheinung gewesen wäre, dann hätte er einen lebendigen Menschen überfahren. Darauf konnte er es einfach nicht ankommen lassen. Er war

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