Hexenstunde
gibt absolut keine Möglichkeit, heraus zu finden, was diese Dinge bedeuten, Michael, oder warum du und ich zusammengeführt worden sind. Es gibt keine Möglichkeit, es heraus zu finden.«
Er nickte. »Ich höre dir zu.«
»Ich will damit sagen, daß ich trotz dieses Mannes und dieses scheinbaren Musters hier bleibe, trotz der Tatsache, daß ich dich aus dem Wasser gefischt habe und du das bist, was du bist.«
Er nickte wieder, ein wenig zögernd, und dann lehnte er sich zurück und holte tief Luft, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Aber du kannst mir nicht erzählen, daß du nicht mit diesem Wesen kommunizieren willst«, sagte er. »Daß du nicht wissen willst, was das alles bedeutet…«
»Ich will es ja wissen«, sagte sie. »Durchaus. Aber das an sich würde mich nicht hier halten. Außerdem ist es diesem Wesen egal, wo wir sind – ob in Montcleve in Frankreich, in Tiburon, Kalifornien, oder in Donnelaith in Schottland. Und was die Wünsche derjenigen betrifft, die du gesehen hast, so werden sie noch einmal zurück kommen müssen, um dir zu sagen, was für Wünsche sie haben! Denn du weißt es nicht.«
Sie hielt inne und bemühte sich offensichtlich bewußt, ihren Ton zu mildern, als fürchte sie, sie habe jetzt doch zu scharf geklungen.
»Michael«, sagte sie, »wenn du bleiben willst, mußt du dich dazu auf einer anderen Grundlage entscheiden. Beispielsweise weil du meinetwegen hier sein möchtest, oder weil du hier geboren bist, oder weil du glaubst, du könntest hier glücklich werden. Weil diese Gegend der erste Ort war, den du geliebt hast, und weil du sie vielleicht wieder lieben könntest.«
»Ich habe nie aufgehört, sie zu lieben.«
»Aber tu nichts mehr ihretwegen! Tu, was du tust, ihnen zum Trotz.«
»Rowan, ich bin ihretwegen jetzt hier in diesem Raum. Diese Tatsache darfst du nicht aus den Augen verlieren. Wir haben uns nicht im Yachtclub kennengelernt, Rowan.«
Sie atmete tief und lange aus. »Ich bestehe darauf, es aus den Augen zu verlieren.«
»Hat Aaron mit dir über all das gesprochen? War das sein Rat an dich?«
»Ich habe ihn nicht um seinen Rat gebeten«, antwortete sie geduldig. »Ich habe mich aus zwei Gründen mit ihm getroffen. Erstens, weil ich noch einmal mit ihm sprechen und mir bestätigen wollte, daß er ein ehrlicher Mann ist.«
»Und, vertraust du ihm jetzt?«
Sie nickte. »Ich kenne ihn jetzt. Er ist nicht sehr viel anders als du und ich.«
»Wie meinst du das?«
»Er ist engagiert«, sagte sie und zuckte leicht mit den Achseln. »So, wie ich eine engagierte Chirurgin bin oder wie du dich engagierst, wenn du ein Haus wie dieses wieder zum Leben erweckst.« Sie überlegte kurz. »Er hat Illusionen, wie wir beide Illusionen haben.«
»Ich verstehe.«
»Das Zweite war – ich wollte ihm sagen, daß ich ihm dankbar für das bin, was er mir mit dieser Geschichte gegeben hat. Daß er nicht befürchten muß, ich könnte es ihm übelnehmen oder ich könnte jetzt einen Vertrauensbruch begehen.«
Michael war so erleichtert, daß er sie nicht unterbrach; aber er war doch verblüfft.
»Er hat den größten und wichtigsten blinden Fleck in meinem Leben ausgefüllt«, sagte sie. »Ich glaube, nicht einmal er begreift, was es für mich bedeutet hat. Noch vor zwei Tagen war ich ein Mensch ohne Vergangenheit und ohne Familie. Und jetzt habe ich beides. Die quälendsten Fragen meines Lebens sind beantwortet. Ich glaube, daß ich es in seiner ganzen Bedeutung noch gar nicht erfaßt habe. Ich denke dauernd an mein Haus in Tiburon, und jedesmal wird mir klar: ›Du brauchst nicht dorthin zurück. Du mußt nicht mehr allein dort leben.‹ Und immer wieder ist es ein wundervoller Schock.«
»Ich hätte mir niemals träumen lassen, daß du so darauf reagieren würdest. Ich muß gestehen, ich dachte, du würdest wütend, vielleicht sogar beleidigt sein.«
»Michael, es ist mir egal, was Aaron getan hat, um an diese Informationen zu kommen. Es ist mir egal, was seine Kollegen getan haben. Der springende Punkt ist: Diese Informationen wären alle nicht vorhanden, in keiner Form, wenn er sie nicht gesammelt hätte. Ich hätte nur diese alte Frau und die bösartigen Dinge, die sie mir gesagt hat. Und all die Verwandten mit den glänzenden Gesichtern, die lächeln und mir ihr Mitgefühl anbieten und außerstande sind, mir die ganze Geschichte zu erzählen, weil sie sie nicht kennen. Sie kennen nur kleine, glitzernde Stückchen davon.« Sie atmete tief durch. »Weißt du, Michael, es
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