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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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lieferbereit im Ausstellungsraum standen.
    Am Tag zuvor hatte er sich einen ordentlichen, glänzenden, luxuriösen amerikanischen Van gekauft, in dem er unterbringen konnte, was er wollte, und mit dem er trotzdem mit donnernder Klimaanlage und brüllendem Radio bequem und lässig umherjagen konnte. Es amüsierte ihn, daß Rowan das Erlebnis, diese beiden Autos zu kaufen, anscheinend überhaupt nicht bemerkenswert fand. Offenbar fand sie es nicht einmal interessant.
    Sie bat den Verkäufer, die Limousine in die First Street zu liefern, sie hinten durch die Kutscheneinfahrt auf das Grundstück zu fahren und den Schlüssel im »Pontchartrain« abzugeben. Das Kabrio würden sie gleich mitnehmen.
    Sie fuhr den Wagen aus dem Ausstellungsraum, die St. Charles Avenue hinauf und im Schneckentempo bis vor das Hotel.
    »Laß uns übers Wochenende von hier verschwinden«, schlug sie vor. »Laß uns das Haus und die Familie vergessen.«
    »Schon?« fragte er. Er hatte davon geträumt, auf einem der Riverboats zu Abend zu essen.
    »Ich sage dir, warum. Ich habe die interessante Entdeckung gemacht, daß die besten weißen Sandstrände von Florida keine vier Stunden weit von hier entfernt sind. Hast du das gewußt?«
    »Ja, habe ich.«
    »In einer Kleinstadt namens Destin dort in Florida sind zwei Häuser zu verkaufen, und eins davon hat einen eigenen Bootsanleger. Das weiß ich alles von Wheatfield und Beatrice. Wheatfield und Pierce sind in den Frühjahrsferien immer nach Destin gefahren, und Beatrice fährt dauernd hin. Ryan hat für mich mit dem Makler gesprochen. Was meinst du?«
    »Na ja, sicher, warum nicht?«
    Wieder eine Erinnerung, dachte er. Der Sommer, als er fünfzehn gewesen war und mit seiner Familie zu den weißen Stranden Floridas gefahren war. Grünes Wasser unter einem roten Sonnenuntergang. Und er hatte daran gedacht, wie er vor Ocean Beach ertrunken war, genau eine Stunde, bevor er Rowan Mayfair begegnet war.
    »Ich wußte nicht, daß wir so nah am Golf sind«, sagte sie. »Weißt du, der Golf ist ein ernsthaftes Gewässer. Ich meine, wie der Pazifik ein ernsthaftes Gewässer ist.«
    »Ich weiß.« Er lachte. »Ich erkenne ein ernsthaftes Gewässer, wenn ich eins sehe.« Er bekam fast keine Luft mehr vor Lachen.
    »Weißt du, ich kann wahrscheinlich jemanden finden, der die Sweet Christine herunterbringt – oder, besser noch, ich kann ein neues Boot kaufen. Schon mal im Golf oder in der Karibik gekreuzt?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hätt’s wissen müssen, nachdem ich das Haus in Tiburon gesehen hatte.«
    »Nur vier Stunden, Michael«, drängte sie. »Komm, es dauert keine Viertelstunde, eine Tasche zu packen.«
    Sie fuhren noch ein letztes Mal am Haus vorbei.
    Eugenia saß am Küchentisch und polierte das Silber aus den Schubladen.
    »Es ist ‘ne Freude, zu sehen, wie das Haus wieder hergerichtet wird«, sagte sie.
    »Ja, das ist es, nicht wahr?« sagte Michael und legte ihr den Arm leicht um die schmalen Schultern. »Wie war’s, wenn Sie wieder in Ihr altes Zimmer ziehen, Eugenia? Wollen Sie das?«
    O ja, sagte sie, das würde sie gern tun. Übers Wochenende werde sie jedenfalls bleiben. Sie sei zu alt für die vielen Kinder im Hause ihres Sohnes. Sie schreie sie zu oft an. Mit Vergnügen werde sie zurück kommen. Und jawohl, sie habe die Schlüssel noch. »Aber hier braucht man nie irgendwelche Schlüssel.«
    Die Maler oben machten Überstunden. Die Gärtnermannschaft würde auch bis zum Dunkelwerden hier sein. Dart Henley, Michaels Stellvertreter, war gern bereit, übers Wochenende alles zu beaufsichtigen. Kein Problem.
    »Sieh nur, der Pool ist fast fertig«, sagte Rowan. Tatsächlich waren alle Ausbesserungsarbeiten am Becken erledigt, und die letzte Farbschicht wurde gerade aufgetragen.
    Von den Steinplatten war aller Wildwuchs entfernt, die Sprungbretter waren erneuert, und die anmutige Kalksteinbalustrade war überall im Garten freigelegt worden. Das dicke Buchsbaumgestrüpp hatte man gerodet, und darunter hatte man weitere schmiedeeiserne Stühle und Tische entdeckt. Auch die unteren Steinstufen vor der Seitenveranda waren zutage gefördert worden; sie waren der Beweis dafür, daß die Veranda vor Deirdres Zeit offen gewesen war. Jetzt konnte man durch die seitlichen Verandatüren des Salons wieder hinaus und über die Steinstufen hinunter auf den Rasen gelangen.
    »Glaubst du, du kannst dich losreißen?« fragte Rowan. Sie warf ihm den Autoschlüssel zu. »Willst du nicht fahren?

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