Hexenstunde
einen Augenblick und verschwanden, und das letzte graue Tageslicht versank.
Nach langer Zeit, als es ganz dunkel geworden war und nur noch die roten Schlußlichter vor ihnen zu sehen war, sagte sie: »Das ist unser Honeymoon, nicht wahr?«
»Ich schätze ja.«
»Ich meine, es ist der einfache Teil. Bevor du erkennst, was für ein Mensch ich in Wirklichkeit bin.«
»Und was für ein Mensch bist du?«
»Willst du unseren Honeymoon verderben?«
»Ich werde ihn nicht verderben.« Er warf einen Blick zu ihr hinüber. »Rowan, wovon redest du?« Sie antwortete nicht. »Weißt du, du bist im Augenblick der einzige Mensch auf der Welt, den ich wirklich kenne. Du bist der einzige, den ich nicht buchstäblich mit Handschuhen anfasse. Ich weiß mehr über dich, als dir klar ist, Rowan.«
»Was würde ich ohne dich anfangen?« flüsterte sie. Sie kuschelte sich an die Sitzlehne und streckte die langen Beine aus.
»Das soll heißen…?«
»Ich weiß es nicht. Aber etwas ist mir klargeworden.«
»Ich wage nicht zu fragen, was.«
»Er wird sich erst zeigen, wenn er dazu bereit ist.«
»Das weiß ich.«
»Im Moment will er, daß du hier bist. Er ist beiseite getreten, um dir Platz zu machen. Am ersten Abend hat er sich dir nur gezeigt, um dich zu locken.«
»Du machst mir Gänsehaut. Wieso sollte er bereit sein, dich zu teilen?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich habe ihm Gelegenheiten gegeben, und er zeigt sich nicht. Es passieren seltsame Dinge, verrückte Dinge, aber ich bin nie sicher…«
»Was denn für Dinge?«
»Ach, sie sind nicht der Rede wert. Hör mal, du siehst müde aus. Soll ich weiterfahren?«
»Du lieber Gott, nein. Und ich bin nicht müde. Ich will ihn jetzt bloß nicht bei uns haben, in unserer Unterhaltung. Ich habe das Gefühl, er kommt noch früh genug.«
Spät in der Nacht wachte er auf; er lag allein in dem großen Hotelbett. Er fand sie im Wohnzimmer, und er sah, daß sie geweint hatte.
»Rowan, was ist?«
»Nichts, Michael. Nichts, was einer Frau nicht einmal im Monat passiert.« Sie lächelte gezwungen, schmal, ein wenig bitter. »Es ist bloß… na ja, vielleicht hältst du mich ja für verrückt, aber ich hatte gehofft, ich sei schwanger.«
Er nahm ihre Hand; er wußte nicht, ob es jetzt richtig war, sie zu küssen. Aber er war enttäuscht, aber vor allem war er glücklich darüber, daß sie tatsächlich ein Kind haben wollte. Die ganze Zeit über hatte er sich nicht getraut, zu fragen, wie sie in dieser Sache dachte. Und seine eigene Unvorsichtigkeit hatte ihm Sorgen bereitet. »Es wäre großartig gewesen, Darling«, sagte er. »Einfach großartig.«
»Findest du? Du hättest dich gefreut?«
»Unbedingt.«
»Michael, dann laß es uns tun. Laß uns heiraten.«
»Rowan, nichts würde mich glücklicher machen«, sagte er schlicht. »Aber bist du sicher, daß du es auch willst?«
Sie lächelte, ruhig, geduldig. »Michael, du kommst nicht mehr davon«, sagte sie und runzelte scherzhaft die Stirn. »Was hat es für einen Sinn, zu warten?«
Er mußte lachen. »Und was ist mit den Tausenden von Mayfairs, Rowan? Cousins, Cousinen, Verwandte, die Firma? Du weißt, was sie sagen werden, Honey.«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte wissend wie zuvor. »Willst du hören, was ich dazu sage? Daß wir dumm sind, wenn wir es nicht tun.«
Ihre grauen Augen waren immer noch rotgerändert, aber in ihrem Gesicht lag jetzt eine tiefe Ruhe, und es war so schön anzusehen, so zart zu berühren.
»Laß uns die Hochzeit in der First Street feiern, Michael«, sagte sie mit ihrer weichen, rauchigen Stimme, und ihre Augen wurden ein wenig schmal. »Was meinst du? Wäre das nicht perfekt? Auf dem wunderschönen Rasen vor der Seitenveranda?«
Perfekt. Wie der Plan für die Kliniken, erbaut mit dem Geld aus dem Mayfairschen Vermächtnis. Perfekt.
Er wußte nicht genau, warum er zögerte. Er konnte nicht widerstehen. Aber es war alles zu schön, um wahr zu sein – zu herrlich, ihre Offenheit und ihre Liebe, und der Stolz, den sie in ihm erweckte -, daß ausgerechnet diese Frau ihn so sehr brauchen und lieben sollte, wie er sie brauchte und liebte.
Und plötzlich überkam es ihn, großartig und köstlich. Heiraten! Rowan heiraten! Und die Verheißung, die absolut schwindelerregende Verheißung eines Kindes. Diese Art von Glück war so absolut ungewohnt für ihn, daß er es beinahe mit der Angst bekam. Beinahe. Aber eben doch nicht ganz.
Es schien genau das zu sein, was sie um jeden Preis tun
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