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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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dieser Familie Brauch war, über eine halbe Stunde vor lauter Küssen und Wiedersehensversprechen und neu erwachter Konversation zwischen Tür und Angel, vor der Badezimmertür, auf der Veranda und am Gartentor.
    Endlich war es vorüber. Ryan ging als letzter, nachdem er den Partyservice bezahlt und sich vergewissert hatte, daß alles zur vollen Zufriedenheit gewesen war.
    »Gute Nacht, ihr Lieben«, sagte er, und langsam schloß sich die hohe Haustür.
    Rowan und Michael schauten einander lange an, und dann fingen sie an zu lachen, und Michael hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis herum, bevor er sie behutsam wieder auf die Füße stellte. Sie ließ sich gegen ihn fallen und umarmte ihn, wie sie es so gern tat, mit dem Kopf an seiner Brust. Sie war ganz erschöpft vom Lachen.
    »Wir haben es getan, Rowan!« sagte er. »Wie alle es sich gewünscht haben, haben wir’s gemacht! Es ist vorüber, es ist geschehen.«
    Sie lachte immer noch in sich hinein, in köstlicher Erschöpfung und zugleich angenehm erregt. Aber dann schlug die Uhr. »Hörst du?« flüsterte sie. »Michael, es ist Mitternacht.«
    Er nahm sie bei der Hand und drückte auf den Wandschalter, um das Licht zu löschen, und zusammen liefen sie die dunkle Treppe hinauf.
    Nur aus einem Zimmer im ersten Stock fiel Licht in den dunklen Korridor, aus ihrem Schlafzimmer. Leise gingen sie bis zur Tür.
    »Rowan, schau nur, was sie getan haben«, sagte Michael.
    Bea und Lily hatten das Zimmer auf erlesene Weise vorbereitet. Ein riesiger, duftender Strauß von pinkfarbenen Rosen stand auf dem Kaminsims zwischen zwei silbernen Kandelabern.
    Auf der Kommode wartete der Champagner im Eiskübel, daneben zwei Gläser auf einem Silbertablett.
    Das Bett stand bereit; die Spitzendecke war beiseite geschlagen, die Kissen waren aufgeschüttelt, die weißen, weichen Vorhänge zurückgezogen und an den beiden massiven Pfosten am Kopfende festgebunden.
    Ein hübsches Nachthemd und ein Neglige aus weißer Seide lagen zusammengefaltet auf der einen Seite des Bettes, ein weißer Baumwollpyjama auf der anderen. Eine einzelne Rose mit einer Schleife lag auf den Kopfkissen, und auf dem kleinen Tisch an der rechten Seite des Bettes stand eine Kerze.
    »Wie lieb von ihnen, daran zu denken«, sagte Rowan.
    »Das ist also unsere Hochzeitsnacht, Rowan«, sagte Michael. »Und eben hat die Uhr aufgehört zu schlagen. Dies ist die Stunde der Hexen, und wir haben sie ganz für uns allein.«
    Wieder schauten sie einander an, und beide fingen leise an zu lachen; jeder ließ sich vom Lachen des anderen anstecken, und keiner konnte aufhören. Sie waren so müde, daß sie sich beide nur noch ins Bett fallenlassen könnten, und das wußten sie auch.
    »Na, zumindest sollten wir noch den Champagner trinken«, meinte Rowan, »bevor wir beide zusammen brechen.«
    Er nickte, warf den Cutaway beiseite und zerrte an seiner Fliege. »Ich sage dir, Rowan, man muß jemanden sehr lieben, um sich einen solchen Anzug anzuziehen!«
    »Komm schon, Michael – hier tut das doch jeder. Hilf mir bitte mit dem Reißverschluß.« Sie wandte ihm den Rücken zu und fühlte, wie endlich die harte Schale des Mieders von ihr abfiel und das Kleid lose um ihre Füße zu Boden sank. Achtlos nahm sie den Smaragd ab und legte ihn ans Ende des Kaminsimses.
    Schließlich war alles weggeräumt und aufgehängt; sie saßen zusammen im Bett und tranken den Champagner, der sehr kalt und trocken und köstlich war und sprudelnd über die Gläser geschäumt hatte, wie es sich gehörte. Michael war nackt, aber er streichelte sie so gern durch die Seide des Nachthemdes, und so ließ sie es an. Und so müde sie auch waren, am Ende gewannen das wundervolle neue Bett und der sanfte Kerzenschein die Oberhand, und ihre gewohnte Hitze erreichte den Siedepunkt.
    Es ging schnell und heftig, wie sie es liebte, und das große Mahagonibett stand fest und unerschüttlich wie aus Stein gemeißelt.
    Nachher lag sie an ihn geschmiegt da, döste zufrieden und lauschte dem gleichmäßigen Rhythmus seines Herzens. Schließlich setzte sie sich auf, strich das zerknüllte Nachthemd glatt und nahm einen großen, kühlen Schluck Champagner.
    Michael richtete sich auf; nackt, das eine Knie hochgezogen, saß er da und zündete sich eine Zigarette an. Sein Kopf sank nach hinten an das hohe Kopfende des Bettes.
    »Ah, Rowan, es ist nichts schiefgegangen, weißt du – absolut gar nichts. Der Tag war vollkommen. Gott, daß ein Tag so vollkommen sein kann!«
    Nur,

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