Hexenstunde
der Küche, und das Schluchzen brach trocken und schmerzhaft aus ihrer Kehle. Sie glaubte nicht, daß er sie die ganze lange Treppe würde hinauftragen können, aber er konnte es, und sie ließ es geschehen und weinte an seiner Brust, die Finger in seinem Nacken verschränkt.
Er setzte sie ins Bett und küßte sie. Benommen sah sie, wie er die Kerzen ausblies, und dann kam er wieder zu ihr.
»Ich liebe dich so sehr, Rowan«. Er weinte ebenfalls. »Ich liebe dich so sehr. Ich war noch nie so glücklich… es kommt in Wellen, und jedesmal denke ich, das ist der Gipfel, und dann kommt es noch einmal. Und es ausgerechnet heute nacht zu erfahren… Gott, was für ein Hochzeitsgeschenk, Rowan. Womit habe ich dieses Glück bloß verdient? Ich wünschte, ich wüßte es.«
»Ich liebe dich auch, Darling. Ja… so glücklich.« Er schlüpfte unter die Decke, sie wandte ihm den Rücken zu, schmiegte sich an ihn und fühlte, wie er seine Knie unter die ihren zog. Sie weinte ins Kopfkissen, suchte seine Hand und legte sie an ihre Brust.
»Alles ist so vollkommen«, flüsterte er.
»Und nichts, was es verdirbt«, wisperte sie. »Überhaupt nichts.«
41
Sie wachte vor ihm auf. Als der erste Anfall von Übelkeit vorüber war, packte sie rasch die schon gefalteten Kleiderbündel in die Koffer. Dann ging sie hinunter in die Küche.
Alles lag sauber und still im Sonnenschein. Nichts ließ erkennen, was in der Nacht geschehen war. Der Swimming-Pool funkelte durch das Fliegengitter der Veranda, und die Sonne schien weich auf die weißen Korbsessel.
Sie untersuchte die Theke. Sie untersuchte den Fußboden. Sie fand nichts.
Von Abscheu und Wut erfüllt, kochte sie den Kaffee, so schnell es ging, damit sie aus der Küche flüchten und zu Michael zurück gehen könnte.
Er schlug gerade die Augen auf.
»Laß uns abreisen«, sagte sie.
»Ich dachte, wir fahren erst heute nachmittag«, sagte er verschlafen. »Aber klar, wir können auch jetzt fahren, wenn du willst.« Stets ihr liebenswürdiger Held. Er küßte sie sanft auf die Wange, und seine Bartstoppeln kratzten köstlich. »Wie fühlst du dich?«
»Jetzt geht’s mir prima.« Sie streckte die Hand aus und griff nach dem kleinen goldenen Kruzifix, das sich in den Haaren auf seiner Brust verfangen hatte. »Ungefähr eine halbe Stunde lang war mir übel. Wahrscheinlich kommt es auch noch mal wieder. Dann schlafe ich einfach. Ich wäre zu gern noch früh genug in Destin, um in der Sonne am Strand spazieren zu gehen.«
»Aber willst du nicht zum Arzt, bevor wir fahren?«
»Ich bin Arzt«, sagte sie lächelnd. »Und erinnerst du dich an meinen speziellen Sinn? Es geht ihm prima da drin.«
»Sagt dir dein spezieller Sinn auch, ob er ein Junge oder ein Mädchen ist?« wollte er wissen.
»Ob er ein Junge oder ein Mädchen ist?« Sie lachte. »Ich wünschte, ich wüßte es. Aber vielleicht möchte ich mich auch lieber überraschen lassen.«
»Rowan, du bist nicht… unglücklich über das Baby, nicht wahr?«
»Nein, du lieber Gott, nein! Michael, ich will dieses Baby. Mir ist bloß noch ein bißchen schlecht. Das kommt und geht. Übrigens, ich möchte den anderen noch nichts davon sagen. Erst, wenn wir aus Florida zurück sind. Sonst werden uns noch die Flitterwochen verdorben.«
»Einverstanden.« Vorsichtig legte er ihr seine warme Hand auf den Bauch. »Es wird noch ein Weilchen dauern, bis du es fühlst, wie?«
»Es ist ein Viertelzoll groß«, sagte sie und lächelte wieder. »Es wiegt noch keine dreißig Gramm. Aber ich kann es fühlen. Es schwimmt in einem Zustand der Seligkeit, und alle seine winzigen Zellen vermehren sich.«
Er seufzte tief und zufrieden. »Wie werden wir es nennen?«
Sie zuckte die Achseln. »Wie war’s mit Little Chris? Würde dir das… zu schwer fallen?«
»Nein, das wäre großartig. Dann wird es Christopher, wenn’s ein Junge, und Christine, wenn’s ein Mädchen ist. Wie alt ist es denn zu Weihnachten?« Er fing an zu rechnen.
»Na ja, jetzt ist es vielleicht sechs oder sieben Wochen alt. Vielleicht acht. Ja, es könnte durchaus schon acht Wochen alt sein. Dann wäre es… vier Monate. Es wird schon alles an ihm dran sein, aber die Augen sind dann noch geschlossen. Wieso? Fragst du dich, ob es lieber ein Feuerwehrauto oder einen Baseballschläger geschenkt bekommen möchte?«
Er gluckste. »Nein, aber es ist das tollste Weihnachtsgeschenk, das ich mir je habe träumen lassen. Weihnachten war immer etwas Besonderes für mich,
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