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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Scheit, und dann riß sie ein langes Streichholz an und zündete das Feuer an. Eine Sekunde später knackten und zischten die Späne. Sie starrte in die Flammen.
    »Du bist hier, nicht wahr?« flüsterte sie und starrte ins Feuer, das bald stärker und heller brannte. Die Flammen züngelten und leckten an der trockenen Rinde des Holzscheits.
    »Ja, ich bin hier.«
    »Wo?«
    »In deiner Nähe. Rings um dich herum.«
    »Woher kommt deine Stimme? Jeder könnte dich jetzt hören. Du sprichst wirklich.«
    »Wie das geschieht, wirst du besser verstehen als ich.«
    »Ist es das, was du von mir willst?«
    Er tat einen langen Seufzer. Sie lauschte. Kein Atemgeräusch. Nur das Geräusch einer Anwesenheit.
    »Ich liebe dich«, sagte er.
    »Warum?«
    »Weil du für mich schön bist. Weil du mich siehst. Weil du als menschliches Wesen alles bist, was ich mir wünsche. Weil du menschlich bist, warm und weich. Und ich kenne dich und habe die andern vor dir gekannt.«
    Sie sagte nichts.
    »Weil du Deborahs Kind bist«, fuhr er fort, »und Suzannes Kind und Charlottes, und das Kind all der anderen, deren Namen du kennst. Ich habe dich schon aus der Ferne kommen sehen. Ich habe dich in der Wahrscheinlichkeit geliebt.«
    Das Feuer loderte jetzt kräftig, und sein köstlicher Duft war beruhigend. Aber sie war in einer Art Delirium. Selbst ihr eigener Atem klang langsam und fremd in ihren Ohren. Und sie war nicht mehr sicher, daß die Stimme wirklich hörbar war, daß andere sie hören könnten, wenn sie hier wären.
    Aber für sie klang sie klar und volltönend verführerisch.
    Langsam setzte sie sich auf den warmen Boden vor dem Kamin und lehnte sich mit dem Rücken an den Marmor, der sich nach und nach erwärmte, und von hier aus spähte sie ins Dunkel des Zimmers hinein.
    »Deine Stimme klingt so besänftigend, so schön.« Sie seufzte.
    »Ich will, daß sie schön ist für dich. Ich will dir Freude schenken. Daß du mich gehaßt hast, hat mich traurig gemacht.«
    »Wann?«
    »Als ich dich berührte.«
    »Erkläre es mir – alles.«
    »Aber es gibt viele mögliche Erklärungen. Du formst die Erklärung durch die Frage, die du stellst. Ich kann aus meinem freien Willen mit dir sprechen, aber was ich dir sage, wird geformt sein durch das, was ich im Laufe der Jahrhunderte aus den Fragen der anderen gelernt habe. Es ist ein Konstrukt. Wenn du ein neues Konstrukt willst, so frage.«
    »Wann hast du angefangen zu sein?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wer hat dich zuerst Lasher genannt?«
    »Suzanne.«
    »Hast du sie geliebt?«
    »Ich liebe Suzanne.«
    »Sie existiert noch?«
    »Sie ist fort.«
    »Allmählich begreife ich«, sagte sie. »Es gibt keine physikalische Notwendigkeit in deiner Welt, und folglich auch keine Zeit. Ein Geist ohne Körper.«
    »Präzise. Clever. Klug.«
    »Eines dieser Wörter würde genügen.«
    »Ja«, sagte er liebenswürdig. »Aber welches?«
    »Ich will dieser Sache auf den Grund gehen, deinen Motiven, was du willst.«
    »Ich weiß. Ich wußte es, bevor du gesprochen hast«, sagte er in seiner verführerischen Art. »Aber du bist klug genug, zu wissen, daß das Reich, in dem ich existiere, ohne Grund ist.« Er schwieg und sprach dann weiter, langsam wie zuvor. »Wenn du mich drängst, in vollständigen und ausgefeilten Sätzen zu dir zu sprechen und auf deine hartnäckigen Fehlvorstellungen und Mißverständnisse Rücksicht zu nehmen, so kann ich das tun. Aber was ich sage, ist vielleicht der Wahrheit nicht so nahe, wie du es gern hättest.«
    »Du bist ein Geist?«
    »Was du einen Geist nennst, das bin ich.«
    »Wie würdest du dich selbst nennen?«
    »Gar nicht.«
    »Aha. In deinem Reich braucht man keinen Namen.«
    »Nicht einmal die Vorstellung eines Namens. Aber in Wahrheit einfach keinen Namen.«
    »Aber du hast Wünsche. Du möchtest ein Mensch sein.«
    »Ja.« Etwas wie ein Seufzer folgte, ein beredter Laut der Trauer.
    »Warum?«
    »Wolltest du kein Mensch sein, wenn du an meiner Stelle wärest, Rowan?«
    »Ich weiß es nicht, Lasher. Ich wollte vielleicht frei sein.«
    »Ich sehne mich qualvoll danach«, sagte die Stimme langsam und voller Trauer. »Hitze und Kälte zu spüren, Freude zu kennen. Klar zu sehen, durch menschliche Augen. Dinge zu fühlen. Zu existieren in Notwendigkeiten, in Emotionen, in der Zeit. Die Befriedigung des Ehrgeizes zu erleben, klar umrissene Träume und Ideen zu haben.«
    »Ah ja, das verstehe ich durchaus.«
    »Sei nicht so sicher.«
    »Als du durch die Augen der Toten

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