Hexenstunde
Gesicht, hinunter durch ihre Schenkel und weiter, daß ihre Wadenmuskeln sich spannten, und bis hinunter in die Muskeln der Füße. Sie hörte ihre Schreie, aber sie waren weit weg, unwichtig, sie flossen aus ihrem Mund wie eine göttliche Befreiung, während ihr Körper hilflos pumpte, seines Willens und Denkens beraubt.
Wieder und wieder explodierte es in ihr, kochendheiß. Noch einmal, und noch einmal, bis alle Zeit, alle Schuldgefühle, alle Gedanken fortgebrannt waren.
Morgen. Weinte da ein Baby? Nein. Nur das Telephon klingelte. Unwichtig.
Sie lag im Bett, nackt unter der Decke. Die Sonne schien zu den Fenstern an der Vorderseite herein. Die Erinnerung kehrte zurück, und ein schmerzhaftes Pochen setzte ein. Das Telephon – oder weinte doch ein Baby? Ein Baby, irgendwo weit weg im Haus? Im Halbtraum sah sie die kleinen Ärmchen wedeln, die krummen Knie, die pummeligen kleinen Füßchen.
»Meine Geliebte«, flüsterte er.
»Lasher«, antwortete sie.
Das Weinen war verklungen. Ihre Augen schlossen sich vor dem Bild der gleißenden Fensterscheiben und der ineinander verflochtenen Eichenäste vor dem Himmel.
Als sie sie wieder öffnete, schaute sie in seine grünen Augen, das dunkle Gesicht, vorzüglich geformt. Sie berührte seine seidigen Lippen mit der Fingerspitze; sein ganzes hartes Gewicht lastete auf ihr, und sein Schwanz steckte zwischen ihren Beinen.
»O Gott, ja, Gott, du bist so stark.«
»Mit dir, meine Schöne.« Die Lippen entblößten einen winzigen Schimmer weißer Zähne, als sie die Worte bildeten. »Mit dir, meine Göttliche.«
Dann kam der Hitzeschwall, heißer Wind wehte ihr Haar nach hinten, ein Wirbelsturm versengte sie.
Und in der sauberen Stille des Morgens, im Licht der Sonne, die durch die Fenster hereinstrahlte, geschah alles noch einmal von vorn.
Am Mittag saß sie draußen am Pool. Dampf stieg vom Wasser ins kalte Sonnenlicht. Es wurde Zeit, die Heizung anzustellen. Der Winter war jetzt wirklich gekommen.
Aber ihr war warm in ihrem Wollkleid. Sie bürstete sich das Haar.
Sie fühlte ihn in ihrer Nähe, und ihre Augen wurden schmal. Ja, sie sah das Flirren der Luft wieder, sogar sehr deutlich, als er sie umgab wie ein Schleier, der ihr langsam um Schultern und Arme geschlungen wurde.
»Geh weg von mir«, flüsterte sie. Die unsichtbare Wesenheit verharrte bei ihr. Sie richtete sich auf und zischte: »Weg, sage ich!«
Es war der Schimmer eines Feuers im Sonnenlicht, was sie sah. Dann die frische Kälte, als die Luft wieder ihre normale Beschaffenheit annahm und die zarten Düfte des Gartens zurück kehrten.
»Ich sage es dir, wenn du kommen darfst«, erklärte sie. »Ich werde dir nicht nach deiner Lust und Laune zur Verfügung stehen.«
»Wie du es wünschst, Rowan.« Es war diese innere Stimme, die sie schon einmal in Destin gehört hatte, die Stimme, die in ihrem Kopf zu sprechen schien.
»Du siehst und hörst alles, nicht wahr?« fragte sie.
»Sogar deine Gedanken.«
Das Blut stieg ihr ins Gesicht. Sie zupfte ein paar blonde Haare aus der Bürste und warf sie hinter sich ins Farnkraut, wo sie zwischen Wedeln und dunklen Blättern verwehten.
»Kannst du Michael sehen? Weißt du, wo er ist?«
»Ja, Rowan, ich sehe ihn. Er ist in seinem Haus und sortiert die vielen Dinge, die ihm gehören. Er badet in Erinnerungen und Erwartungen. Er wird verzehrt von dem Verlangen danach, zu dir zurückzukehren. Er denkt nur an dich. Und du denkst daran, mich zu verraten, Rowan. Du denkst daran, deinem Freund Aaron zu erzählen, daß du mich gesehen hast. Du träumst von Verrat.«
»Und was soll mich daran hindern, mit Aaron zu sprechen? Was kannst du dagegen tun?«
»Ich liebe dich, Rowan.«
»Du könntest jetzt nicht mehr von mir fernbleiben, und das weißt du. Du wirst kommen, wenn ich dich rufe.«
»Ich will dein Sklave sein, Rowan, nicht dein Feind.«
Sie stand auf und schaute durch das zarte Laub des lieblichen Olivenbaums hinauf zu den blassen Fetzen des Himmels. Der Pool war ein großes Rechteck von dampfendem blauen Licht. Die Eiche dahinter schwankte leise im Wind, und wieder spürte sie, wie die Luft sich änderte.
»Bleib weg«, sagte sie.
Zur Antwort erklang der unvermeidliche Seufzer, so beredt und schmerzerfüllt. Sie schloß die Augen. Irgendwo in weiter Ferne weinte tatsächlich ein Baby. Sie hörte es. Es mußte aus einem dieser großen, stillen Häuser kommen, die tagsüber immer so verlassen aussahen.
Sie ging hinein, und ihre Absätze
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