Hexensturm
Eiben.
Ich versuchte, meine Gedanken für mich zu behalten und meine Aura einzuziehen. In letzter Zeit fiel es mir schwer, sie nicht weit hinausschnellen zu lassen. Je mehr Morio und ich zusammen an der Todesmagie arbeiteten, desto stärker wurde ich.
Meine magischen Kurzschlüsse wurden auch intensiver und gefährlicher. Ich hüllte mich ein und schützte mich gegen neugierige übernatürliche Augen, und wir bogen auf einen schmalen Weg ab.
Lautlos marschierten wir hintereinander zwischen den schneebeladenen Bäumen hindurch. Ein leichter Nebel zog durch den Park, funkelnd und wie elektrisiert. Nebel knisterte normalerweise nicht – irgendetwas musste ihn aufladen, dass er so hell schimmerte.
Ich blickte zu Smoky auf. »Irgendetwas füttert diesen Nebel.«
Er nickte leicht. »Ich spüre es auch. Er ist unnatürlich.«
Delilah holte zu uns auf. »Shade hat mir gerade gesagt, dass er hier Schattenwelt-Energie wahrnimmt, aber da ist noch etwas anderes. Etwas weitab von den Geistersphären.«
Scheiße. Womit hatten wir es hier zu tun? Wir wateten weiter in die weißen Schwaden hinein, die über den Boden rollten, und meine Knöchel begannen zu kribbeln. Dann wanderte das Kribbeln meine Beine hinauf, und ehe ich wusste, wie mir geschah, zitterte ich wie Espenlaub.
»Was hast du?« Smoky ergriff meinen Ellbogen. »Du zitterst ja. Denkst du an meinen Vater?«
»Ja, aber das bringt mich gerade nicht zum Schlottern.« Ich blieb nur kurz stehen, um den anderen zu erklären, was mit mir los war. »Spürt das sonst keiner von euch?«
Shade nickte. »Ich schon, aber es setzt mir nicht so zu wie dir.«
Chase seufzte leicht. »Ich spüre etwas – es fühlt sich unangenehm an, wie kleine Stiche –, aber ich dachte, das könnte von der Kälte kommen.«
»Wartet einen Moment, ich will mir das näher ansehen.«
Wir waren in der Nähe einer Bank stehen geblieben. Trillian fegte den Schnee vom Sitz, und ich nahm dankbar darauf Platz. Sobald ich mich fester in meinen Umhang gewickelt hatte, ließ ich mich in Trance sinken.
»Was ist da draußen? Wer schleicht im Nebel herum?« Die betörenden Stränge der Nebelenergie störten meine Konzentration, und ich schüttelte sie ab.
Schäle den glitzernden Nebel zurück, Schicht um Schicht, bis die Realität hinter der Magie enthüllt ist. Grab dich vor bis in ihr Herz, suche den Strang im Mittelpunkt. Und da ist er … ein kalter Strang, dunkel, getränkt mit der Energie von Torfmoos und alten Wäldern und großen Feuern um Mitternacht.
Ich berührte den Strang und schnappte nach Luft, als er in mir sang, in mir widerhallte wie eine schrille Fiedel, die ein uraltes, sehnsüchtiges Tanzlied spielte. Zugleich fühlte es sich an, als würde die Innenseite meiner Augenlider von einem Stromstoß versengt. Ich erhaschte einen Blick auf moosbehangene Wächtertannen und Pilze, die auf Totholz wucherten. Hier und da flatterten Silhouetten vorüber – sie funkelten vor Energie und waren dennoch in Dunkelheit gehüllt.
Böse? Eigentlich nicht … aber auch nicht gut.
Glimmende rote Augen starrten mich aus dem Wald heraus an. Ein männliches Wesen, unvorstellbar alt, wartete dort, verborgen in der Nacht.
Komm, tanz mit mir. Du weißt, dass du mit mir tanzen musst, früher oder später. Die Jägerin muss tanzen mit dem Jäger, wie der Mond die Sonne küssen muss. Komm, reih dich ein in unseren wilden Reigen, Hüterin des Dunklen Mondes.
Ich schüttelte das Netz ab, das allmählich um mich herumgesponnen wurde, und mir fiel auf, dass mir in Trance warm gewesen war – warm wie in einer Sommernacht unter den Sternen. Ich konnte immer noch üppige Rosen riechen und Honigwein und den Duft feuchter Erde. Der Winterschnee um mich herum schimmerte nackt und gnadenlos, und ich sehnte mich danach, dem Ruf zu folgen.
Ich räusperte mich, denn ich hatte einen kleinen Kloß in der Kehle, und unterdrückte den Drang, zu dieser Energie hinzurennen. So unheilverkündend sie auch war, ich sehnte mich dennoch danach, sie zu berühren und mich dem Wesen in der Dunkelheit anzuschließen.
»Und?«, fragte Delilah.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, aber das ist Feenenergie. Mehrere Wesen warten dahinter. Eines ist dunkel und hungrig – es hat so etwas Krabbelndes, Verschlagenes. Und der Jäger, glaube ich. Er ist alt, klug und listig, und er wartet im Dunkel der Nacht. Am liebsten würde ich meinen Umhang abwerfen, und nichts wie hin.« Ich wandte mich Chase zu. »Zeig uns bitte
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