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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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dem Land … Ich kann mir das gar nicht vorstellen.«
    Ich zog leicht an den Leinen, um das Pferd abzubremsen. Wir hatten unser Ziel fast erreicht. »Da hast du natürlich recht. Wie könnten wir uns ein Bild davon machen, wie das wäre? Wir können raten, aber wenn ich zu viel darüber nachdenke, mache ich mich verrückt. Außerdem sind wir da … die Hofhügel.«
    Der Palast war schön, aber nicht so prunkvoll wie die Schlösser in der Anderwelt. Er lag in einem riesigen Erdhügel und bestand aus drei Höfen – einer für Aeval, einer für Titania und einer für Morgana. Das Gras darauf war sattgrün selbst unter dem Schnee, und die hoch aufragenden Tannen darum herum wachten über das Land.
    Im Frühling würden in den Beeten üppige Blumen und lange Farnwedel gedeihen, und mitten auf jedem Hügel, auf dem höchsten Punkt, stand eine Eiche. Die Bäume wuchsen schneller als normale Eichen, genährt von der Magie und Kraft des Feenreichs.
    Als wir dicht vor den Wachen hielten, die am Hof der Dunkelheit postiert waren, holte ich tief Luft. Binnen einer Woche würde ich diesem Land und Aeval die Treue schwören. Und mein Vater würde mich endgültig verstoßen.
    »Ich habe keine andere Wahl«, flüsterte ich den sacht fallenden Schneeflocken zu, die zart meinen Kragen küssten, als ich aus der Kutsche stieg. »Die Mondmutter will es so – und ich bin ihre Tochter.«
    »Was?« Delilah warf mir einen Blick zu. »Camille, alles in Ordnung?«
    Ich erschauerte und zog meinen Umhang fester um mich. »Ich weiß nicht. Für mich ändert sich so vieles, Kätzchen. Ich frage mich, ob ich der Herausforderung auch gewachsen sein werde.«
    »Also, darüber mach dir Gedanken, wenn es so weit ist. Denn wenn ich mich der Ausbildung zur Todesmaid stellen kann, dann wirst du es als Priesterin auch schaffen. Obwohl du dann unserer Cousine Morgana halb auf dem Schoß sitzen musst.«
    Grinsend warf sie einen Schneeball nach mir.
    Der Schnee traf mich mitten ins Gesicht und riss mich aus meiner Grübelei. Ich schnaubte, wischte ihn mir aus dem Gesicht und hielt auf den Eingang zu. Sie hatte recht. Es gab genug zu tun. Und zwar sofort. Chase brauchte unsere Hilfe. Ich würde mir nicht erlauben, mich in so deprimierenden Gedanken zu wälzen.
    »Komm, Kätzchen. Trinken wir eine Tasse Tee mit einer Feenkönigin.« Ich winkte sie zu mir heran, und zusammen betraten wir den Hof der Drei Königinnen.

Kapitel 4
    D ie Säle des Palastes hatten eine erdige Atmosphäre, die mich an Königin Asterias Schloss erinnerte. Baumwurzeln wanden sich durch die Wände, und glitzernde Kristalle ragten aus der Erde. Die war so kompakt verdichtet und geglättet, dass sie wie venezianischer Putz wirkte. Die Säle wurden von einem schimmernden Leuchten erhellt, einem blassen Licht, das grünlich oder auch weiß hätte sein können und in dem Funken tanzten wie zwischen Synapsen.
    Angehörige des Hofs – vermutlich Bedienstete – gingen leise an uns vorbei, manche mit Schalen voller Obst oder Brotkörben, andere mit Notebooks und Klemmbrettern. Einer von ihnen stellte einen besonders merkwürdigen Gegensatz dar – er eilte mit einem Kurzschwert in der einen und einem Netbook in der anderen Hand an uns vorüber. Ich fragte mich, wie sie das Ding mit Strom versorgten und ob sie hier Wi-Fi hatten. Aber irgendwie passte all das doch zur neuen Ära der Erdwelt-Feen inmitten der menschlichen Gesellschaft.
    Ich gab einem Wächter einen Wink. »Wir müssen dringend Königin Aeval sprechen.«
    Er zog die Augenbrauen hoch, krümmte aber den Zeigefinger und bedeutete uns, ihm zu folgen. »Ich nehme an, Ihr habt keinen Termin?«
    »Nein, aber sie wird ganz gewiss hören wollen, was wir zu sagen haben. Ich bin Camille D’Artigo, und dies ist meine Schwester Delilah. Wenn Ihr uns ankündigen würdet …«
    Wir folgten ihm einen Gang entlang, wandten uns nach links und betraten ein kleineres Gemach, in dem sich der Geruch der Erde mit dem Duft von weißen Rosen, Lorbeeren und Wintergrün vermischte. In einer Ecke stand ein Bäumchen in einem Topf, geschmückt mit winzigen Blickfängern, die rosa, blau, grün und gelb schimmerten.
    Ein wahrer Weihnachtsbaum, dachte ich, denn das Bäumchen war so magisch wie der Ursprung der Erdwelt-Tradition. Wir setzten uns auf eine Polsterbank, die mit einem wirbelnden Paisley-Stoff bezogen war. An der Wand über unseren Köpfen hing ein Monet-Druck und gegenüber eine Maske, die von irgendwelchen Dryaden zu stammen

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