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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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schien.
    »Wartet hier«, sagte der Wächter und verschwand durch die Tür auf der linken Seite. Ich stand auf und sah mir die Maske näher an. Sie war aus Holz, geschmückt mit Kristallen und Trockenblumen, wunderschön. Sie hatte etwas Vergängliches, und doch war die Energie so stark geerdet – ich konnte mir vorstellen, dass diese Maske tausend Jahre überdauern würde. Es kribbelte mir in den Fingern, und mir wurde bewusst, dass ich seit zwei oder drei Jahren kaum mehr an die Hobbys dachte, die ich zu Hause zurückgelassen hatte. Menolly war die Sängerin in unserer Familie, Delilah hatte stets einen Stall voller Tiere gehabt. Ich hatte viele Stunden im Garten verbracht – erst aus Notwendigkeit, dann, weil es mir so gefiel, herumzuwerkeln, die Pflanzen zu pflegen und mit ihren Geistern und der Energie der Erde zu kommunizieren.
    Eine Mondhexe zu sein bedeutete, dass man zuallererst eine Verbindung mit der Großen Mutter selbst schaffen musste, denn Erde und Mond waren Schwestern und einander eng verbunden.
    »Ich beneide Iris«, bemerkte ich, an Delilah gewandt. »Ich vermisse es, Zeit im Garten zu verbringen, durch den Wald zu spazieren und den Bäumen zuzuhören. Ich vermisse die Anderwelt, wo die Energie beinahe von den Zweigen und Ästen rieselt. Hier sind die Wälder entweder unberechenbar und finster, oder sie schlafen sanft und warten noch darauf, wieder aufzuwachen.«
    Delilah lächelte halb. »Wir müssen uns öfter Zeit nehmen, in den Wald ums Haus zu gehen. Ich jogge viel dort – ich weiß, dass du damit nichts anfangen kannst, aber wir könnten jeden Tag einen kleinen Spaziergang machen. Vielleicht abends, wenn Menolly aufgewacht ist. Wir drei könnten diesen Spaziergang einfach zur festen Gewohnheit machen.«
    Ein friedlicher Spaziergang hinunter zum Birkensee hörte sich himmlisch an. »Solange wir nicht losrasen müssen, um irgendwelche Dämonen zu bekämpfen. Ich bin so müde – wenn die uns nicht gleich abholen, schlafe ich noch hier ein, fürchte ich.«
    »Es ist halb neun«, sagte Delilah nach einem Blick auf ihre Armbanduhr. »Ich fühle mich gut, ich kann uns nach Hause fahren.«
    Ich lehnte mich an ihre Schulter und erlaubte meinen Augen, sich zu schließen. »Ich bin so müde«, flüsterte ich. »Es war so kalt in den Nordlanden … und dann schnurstracks weiter zu dem Daimon, und dann verschwindet auch noch Chase … Mir fallen gleich die Augen zu.« Ich atmete lang-sam ein und spürte, wie mich der Schlaf überkam, doch als ich die Tür aufgehen hörte, fuhr ich zusammen und wachte wieder auf.
    Der Palastwächter nickte. »Ihr dürft jetzt hereinkommen. Aeval wird Euch empfangen.«
    Wir gingen durch die Tür ohne irgendeine Ahnung, was uns erwarten mochte. Das Ritual zur Sommersonnenwende, bei dem die Feen-Nation offiziell gegründet worden war, hatte unter freiem Himmel stattgefunden. Keine von uns dreien hatte die fertiggestellten Paläste je von innen gesehen. Ich ging Delilah voran in den Thronsaal, und mir stockte der Atem.
    Während das Bauwerk insgesamt eher schlicht gehalten war, funkelte Aevals Thronsaal in prächtiger Schönheit. An der kuppelförmigen Decke glänzten filigranes Silber und Edelsteine. Polierter Obsidian und Onyx, Mondstein und ein kobaltblauer Stein, den ich nicht kannte, waren wie Pflastersteine verlegt. Dazwischen saßen Mosaiken, die den Mond und die Sterne zeigten und Aeval selbst, als Silhouette vor dem Nachthimmel an einem Meer, dessen silbrige Wogen sich am dunklen Strand brachen.
    Der Saal war eine Landschaft in Silber, Indigo und Blau. Aevals Farben – die Farben der Nacht. Nebel trieb leicht über den Boden, von unten in einem eisigen Hellblau erleuchtet, und zarte Schleier kräuselten sich daraus empor und um meine Handgelenke. An den Wänden waren Sitzbänke verteilt, alle in Schattierungen von Grau und Dunkelblau und mit gestickten silbernen Muscheln auf den Sitzen.
    Die Schönheit des ansonsten leeren Saals raubte mir den Atem, und ich hob unwillkürlich die Hand vor den Mund beim ehrfürchtigen Gedanken daran, wie viel Arbeit darin steckte und von welcher Magie diese Arbeit durchzogen war. Neben mir schnappte Delilah leise nach Luft.
    In der Mitte stand ein mit Silber geschmückter Thron. Sitzfläche und Rückenlehne waren aus Eibe und Holunder geschnitzt, und silberne Intarsien schnörkelten sich über die Armlehnen. Der Thron war eher wild denn königlich, ursprünglich wie die Nacht draußen vor dem Hügel.
    Und auf diesem Thron

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