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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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die sich ihm entgegen drängten.
    »Da diese Frau kein Anrecht auf ein christliches Begräbnis besitzt, wird Meister Matthias die Überreste vor die Stadt karren und sie verbrennen.«
    Jakob mußte an das Gebet denken, das die Frau vor der Hinrichtung gesprochen hatte und daran, daß sie auf ihn keineswegs den Eindruck einer gottlosen Person gemacht hatte.
    Plötzlich entdeckte er die schwangere Frau wieder. Sie kam ihnen direkt entgegen, schenkte Jakob jedoch keine Aufmerksamkeit, geriet dann aber, als sie sich unmittelbar vor ihm befand, ins Stolpern und fiel geradewegs in seine Arme. Verdutzt fing er sie auf. Sie klammerte sich an ihn und zog sich hoch. Ihr vorgestreckter Bauch drückte sich gegen seinen Leib, so daß er peinlich berührt zurückwich.
    »Ich danke Euch«, sagte sie leise.
    Jakob blieb einen Moment lang stumm, dann erwiderte er. »Ihr solltet in Eurem Zustand vorsichtiger sein.«
    »Ja, das werde ich.« Sie schenkte ihm ein warmherziges Lächeln und schaute ihn einen Moment lang an, dann löste sie sich von Jakob und ging weiter.
    »Welch ein ungeschicktes Huhn«, zischte Peltzer, als die Frau sich einige Schritte entfernt hatte.
    »Ihr habt Eindruck auf dieses Mädchen gemacht, Jakob.« Laurentz hingegen lachte. »Sie hat Euch mit ihrem Blick ja regelrecht aufgefressen. Aber Ihr scheint nicht der erste zu sein, der ihr gefällt.«
    Jakob lächelte verlegen, ohne etwas zu erwidern. Auf dem Weg zum Bucksturm schien es ihm, als würde die junge Frau mit ihren wunderschönen braunen Augen ihn weiter verfolgen – und der Gedanke war ihm nicht unangenehm.

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    |62| Kapitel 7
    Der Eingang zum Hexengefängnis konnte nur über die Stadtmauer erreicht werden. Peltzer, Laurentz und Jakob betraten den Treppenaufgang am Westtor, um auf den Festungswall zu gelangen, und schritten zügig auf den Bucksturm zu, der sich in einer stolzen Höhe von mehr als zwanzig Metern vor ihnen erhob.
    Von der Mauer aus bot sich ein weiter Blick ins Land hinein. Vor den Toren der Stadt war es ruhig. Nur vereinzelt führten Bürger ihre Kühe, Ziegen oder Schweine auf die Weiden, und soweit Jakob es überblicken konnte, machte er keine einzige Hütte oder Siedlung außerhalb der Stadt aus. Die Zeiten waren mittlerweile zu unsicher geworden, als daß man auf die Sicherheit der Stadtmauern verzichtet hätte.
    Nicht weit von der Stadt entfernt beobachtete Jakob den Scharfrichter, der mit seinem Knecht einen Holzkarren zog, auf den sie den Torso der Hexe geladen hatten. Der Karren holperte langsam eine unebene Straße hinunter. Ein Arm der Toten hing an der Seite herab und vollführte ein groteskes Winken, das wie eine Einladung wirkte, der Hexe auf diesem letzten Weg zu folgen. Die beiden Männer erreichten einen aufgeschichteten Holzstoß und luden den kopflosen Leichnam vom Karren auf die zusammengetragenen Scheite. Den Kopf packte der Scharfrichter an den Haaren und legte ihn der Toten auf den Bauch, während sein Knecht Öl über den Scheiterhaufen schüttete.
    Voller Unbehagen wandte Jakob sich ab. Inzwischen waren sie am Turmeingang angekommen. Der Bürgermeister klopfte an die schwere Tür. Kurz darauf wurde sie einen Spalt geöffnet, und ein von Pockennarben entstelltes Gesicht zeigte sich.
    »Herr Bürgermeister, seid gegrüßt«, rief der Mann überrascht. Anscheinend kam es nicht sehr oft vor, daß Wilhelm Peltzer dem Hexengefängnis einen Besuch abstattete.
    Peltzer erwiderte den Gruß und deutete auf seine Begleiter. »Dies sind Johann Albrecht Laurentz, ein Rechtsgelehrter aus |63| Minden und sein Adlatus Jakob Theis. Ich möchte sie zu den Gefangenen führen.«
    »Aber gewiß«, erwiderte der Mann hastig und bat die drei herein. Sie betraten die Wachstube, in der drei Männer der Stadtwache ihren Dienst versahen. Die Männer hockten auf Heusäcken und ließen eine Flasche Branntwein kreisen.
    Sie folgten der Wache über eine enge Steintreppe in das nächste Stockwerk, das wohl fast zur Hälfte von einem mächtigen Kasten aus schwerem Eichenholz ausgefüllt wurde. Jakob war aus Erzählungen die Geschichte des Grafen Johann von Hoya bekannt, der im Jahr 1444 eine Fehde gegen Osnabrück geführt hatte. Der Graf war von seinen Feinden gefangengenommen und sechs lange Jahre in diesen Kasten gesperrt worden. Das Gefängnis innerhalb des Bucksturmes besaß keine Fenster; einzig eine kleine Luke an der Vorderseite ließ sich öffnen, um den Gefangenen mit Nahrung zu versorgen.
    Jakob strich mit der Hand über das Holz

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