Hexentochter
an eine Kreuzung aus Frosch und Elfe erinnerte.
»Das ist ein Wichtel«, erklärte Tante Cecile zufrieden. »Du hast ihn getötet.«
Holly nickte. Sie war dem Zusammenbruch nahe. Tante Cecile schickte sie ins Bett.
Holly schlief rasch ein, aber das erholsame Vergessen währte nicht lange. Bald träumte sie, und sie stand wieder in der Kammer bei Jer. Sie versuchte mit ihm zu sprechen, brachte aber kein Wort heraus, und er lag zusammengekrümmt auf der Seite und schlief. Eine Minute lang sah sie zu, wie sich seine Brust hob und senkte, und wünschte, er würde aufwachen und sie sehen.
Es nützte nichts.
Plötzlich streifte eine Hand ihren Nacken. Sie zuckte zusammen und fuhr mit klopfendem Herzen herum, bereit zum Kampf.
Da stand eine Frau in einem langen weißen Gewand. Rotes Haar fiel ihr in weichen Wellen bis zu den Knien. Ihr Gesicht war von unirdischer Schönheit, aber sie hatte traurige, bewegende Augen, die Holly bis in die Seele blickten.
Sie schüttelte langsam den Kopf, als wollte sie Holly daran hindern, ihre Fragen auszusprechen. Dann hob sie die Hand und bedeutete Holly, ihr zu folgen. Holly ging mit ihr durch die Wand der Zelle und dann scheinbar endlos viele gewundene Flure entlang, die nur hier und da von einer Fackel erhellt wurden.
Weder die Schritte der Frau noch Hollys Füße machten auf dem Steinboden das leiseste Geräusch, und die Stille verstörte Holly. Schließlich versuchte sie sich zu räuspern, irgendein Geräusch zu machen, um diese überwältigende Stille zu brechen. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt, und ihre Angst wuchs. Sie musste sprechen, musste etwas sagen...
Die Frau drehte sich um und legte einen blassen Finger an die rubinroten Lippen. Wieder schüttelte sie den Kopf und deutete langsam auf eine dunkle Nische in der Wand. Holly konnte in den pechschwarzen Schatten nichts erkennen und schüttelte frustriert den Kopf. Die Frau glitt zurück zu ihr und bedeutete Holly, die Augen zu schließen. Sie tat es, und die Frau drückte sacht die Finger auf ihre Lider.
Als sie sie wieder fortnahm, öffnete Holly die Augen. Ihre Sicht war schärfer, klarer, und in der Nische sah sie zwei riesige Bestien, die sie direkt anstarrten. Sie fuhr zurück, doch die Frau legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. Sie wies auf die Untiere, dann auf ihre eigenen Augen und schüttelte den Kopf.
Aus irgendeinem Grund konnten die Bestien sie nicht sehen, doch was Holly von ihnen sah, machte ihr entsetzliche Angst. Beide waren so groß wie Löwen, hatten aber eher die Gestalt von Hunden. Ihre Augen glühten rot, und ihr schwarzbraunes, zottiges Fell war gesträubt, so dass es am ganzen Körper abstand wie Stacheln. Ihre Reißzähne waren sieben Zentimeter lang, und Geifer tropfte unablässig aus ihren offenen Mäulern. Höllenhunde, dachte Holly schaudernd. Sie können mich nicht sehen, aber vielleicht hören.
Die Frau wandte sich um und ging weiter, und Holly beeilte sich, ihr zu folgen. Nach einiger Zeit betraten sie einen Raum, in dem die Frau stehen blieb. Sie drehte sich langsam zu Holly um und bewegte den Arm, als wollte sie ihr den Raum zeigen. Holly blickte sich um und erkannte mit ihrem neuen, schärferen Gesichtssinn alles fast schmerzlich deutlich.
Flaschen voll seltsam aussehender Flüssigkeiten waren auf modrigen Regalen aufgereiht. Weitere Flaschen und Phiolen standen auf sechs riesigen Tischen verteilt. Überall lagen uralte Handschriften, Bücher in einem halben Dutzend Sprachen, offen herum. In der Mitte eines Tisches nahm ein hoher, spitzer Hut mit Sternen einen besonderen Platz ein.
Sie lächelte unwillkürlich. Der Hut sah genauso aus wie der, den Micky Maus als Zauberlehrling in Fantasia trug. Sie trat vor, um den Hut zu berühren, und musste sich das Lachen verkneifen. Ihre Finger waren nur noch eine Handbreit davon entfernt, als die Frau fest ihr Handgelenk packte.
Holly unterdrückte einen erschrockenen Aufschrei und starrte die andere Frau an. Aus deren Augen blitzte eine finstere Warnung, und sie schüttelte heftig den Kopf. Verwundert drehte Holly sich wieder nach dem Hut um. Die Sterne daran waren plötzlich zum Leben erwacht und glitzerten und drehten sich auf dem Hut wie in einem verrückten Kaleidoskop. Der Hut strahlte Hitze aus, und Holly zog hastig die Hand zurück.
Voller Staunen sah sie zu, wie der Hut sich langsam wieder in den leblosen Gegenstand verwandelte, der er zuvor gewesen war. Was wäre passiert, wenn ich ihn tatsächlich berührt
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