Hexentochter
Rettungsring zu packen. Irgendwie schaffte sie es, Amandas kalten, schlaffen Körper auf den Ring zu bugsieren.
»Holly!«, schrie Eddie schrill.
Sie drehte sich um und wollte zu ihm zurückkehren, doch in diesem Moment glitt Amanda von dem Rettungsring und ging unter. Holly packte
sie und hielt sich mit der anderen Hand am Rettungsring fest.
Der Mann von der Küstenwache zog das Seil ein. Wenn sie Amanda jetzt losließ, würde ihre Cousine wieder ins Wasser gleiten.
»Holly!« Sie hörte das Grauen in Eddies Stimme. »Holly, hilf mir!«
Sie drehte sich um; Amanda verrutschte auf dem schwimmenden Ring, und Holly musste sie festhalten.
Sie konnte Eddie nicht mehr sehen. Das Wasser war eine brodelnde Masse aus Monstern, sterbenden Menschen und dem Leviathan, der ihr immer näher kam.
Der Mann von der Küstenwache zog sie zum Boot. Sie schluchzte, während sie an Deck gezogen und in eine Decke gehüllt wurde. Ein Sanitäter gab ihr etwas, das sie beruhigen sollte.
Sie sah, dass auch Kari gerettet worden war, und versuchte, dankbar dafür zu sein.
Aber es gab keinen Trost für sie.
Göttin, schütze ihn, flehte sie.
Doch tief in ihrem Herzen wusste sie, dass Eddie tot war.
Frankreich, im 13. Jahrhundert
Catherine lag im Sterben. Ob sie vergiftet oder verzaubert worden war oder einfach nur Pech hatte, konnte sie nicht sagen. Doch sie starb, daran gab es keinen Zweifel.
Die Deveraux hatten nicht gesiegt - sie jedoch auch nicht. Beide Zirkel hatten bei dem Beltane-Massaker auf Schloss Deveraux unzählige Anhänger verloren - und durch die Racheakte, die auch jetzt noch verübt wurden, sechs Jahre danach.
Sie rief ihren neuen Schützling Marie zu sich ans Bett. Das junge Mädchen war sechzehn und eine sehr gute Hexe. Catherine hatte ihr zusätzliche magische Kräfte verliehen, und das Mädchen hatte seine Rolle in der Coventry verstanden: Die Linie der Cahors musste um jeden Preis fortgeführt werden.
Pandion, das Falkenweibchen, saß auf dem reich verzierten Fußteil von Catherines Prunkbett. Sie schlief seit drei Jahren allein darin, seit dem Tod ihres zweiten Gemahls. Allerdings hatte sie in diesem Bett mehr Liebhaber empfangen, als sie zählen konnte; die durften jedoch nie die Nacht hier verbringen.
Doch nun war alles vorbei, und bald würde sie nur noch Staub und Asche sein.
»So viele von uns sind bereits tot«, sagte sie zu dem schönen jungen Mädchen. Lange Locken fielen über Maries Rücken hinab. Sie war sehr zierlich und hatte riesengroße Augen. Sie erinnerte Catherine an Isabeau, ihr einziges Kind, ihr geliebtes Kind.
»Um dich und unseren Coven zu schützen, schicke ich dich fort«, erklärte sie dem Mädchen. »Nach England. Dort gibt es Gefolgsleute unseres Zirkels, die dir helfen werden. Sie werden gut für dich sorgen.« Sie seufzte. »Ich habe Jeannette aufgegeben, aber dich werde ich nicht im Stich lassen.«
»Oui, madame«, sagte das Mädchen mitfühlend. Tränen standen in Maries Augen. »Ich werde tun, was Ihr befehlt, in allen Dingen, für immer.«
»Braves Mädchen«, murmelte Catherine. Dann glitt der letzte Atemzug aus ihrem Körper, und sie war tot.
Marie neigte ehrfürchtig den Kopf und betete zur Göttin, ihre Herrin durch blühende Lilienfelder zu geleiten.
»Und lasst sie ihre Isabeau finden, die sie immer geliebt hat«, beendete sie ihr Gebet.
Dann klatschte sie in die Hände. Augenblicklich erschienen Bedienstete, die laut nach Luft schnappten, als sie ihre grande dame tot in ihrem Bett liegen sahen.
»Sie wird verbrannt und im Garten begraben«, befahl Marie.
Und ich werde nicht dabei sein können.
Ich reise nach England, wie meine Herrin es wünschte.
Eli Deveraux: London, Samhain
Die Ahnungslosen nannten es Halloween.
Doch in der Welt der Hexerei wurden in jener Nacht neue Ehen geschlossen, alte Fehden beigelegt... und Opfer dargebracht.
Eli Deveraux blickte befriedigt von den grausigen Überresten einer jungen Frau auf, deren noch schlagendes Herz er in der Hand hielt. Ihr dickflüssiges rotes Blut rann an seinem Arm hinab und tropfte auf den Steinboden der uralten Kammer, in der er seine Magie ausübte.
»Dies sei das Herz meines Bruders«, verkündete er und zeigte es der Statue des Gehörnten Gottes, die auf dem Altar kauerte. »Helft mir, ihn zu töten, Großer Gott Pan. Schickt mein Hexentier aus, mir diesen Wunsch zu erfüllen.«
Lautes Flügelschlagen war zu hören. Dann sah der unsterbliche Bussard Fantasme Eli finster an und neigte den Kopf
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