Hexentraum
gar nicht mehr wach werden.
»Wenn ihr hinausgeht, schließt die Tür und haltet euch dahinter mit den Schwertern bereit, die wir vorbereitet haben. Falls irgendetwas durch diese Tür kommt, tötet es«, wies Armand sie an.
Pablo warnte: »Die Dämonen beginnen sich zu regen.«
»Geht alle raus«, sagte Armand ruhig.
»Ich will bleiben«, protestierte Amanda.
»Nein, du musst gehen. Schnell.«
»Komm, Amanda, das ist schon in Ordnung«, sagte Tommy und zerrte sie halb aus dem Zimmer.
Armand wandte sich wieder Holly zu und atmete tief ein. Auf eine seltsame Art hatte er sich sein ganzes Leben lang hierauf vorbereitet. Sein Großvater war Priester und Exorzist gewesen. Armand selbst hatte Theologie studiert. Dann, am Abend vor seiner Priesterweihe, hatte er sich von diesem Weg abgewandt, um sich auf anderen Pfaden der Göttin zu nähern. Doch im Herzen war er seinem ersten Gott niemals untreu geworden. Er verehrte sie beide, und er hatte andere gefunden, die es ebenso hielten.
Holly riss die Augen auf, doch es war nicht Holly, die ihn daraus anstarrte. Armand betrachtete Holly, die zitternd vor ihm saß und in deren Augen der Wahnsinn flackerte, während ungezählte Dämonen in ihr miteinander kämpften. Er dankte beiden Gottheiten für die vielen Jahre der Ausbildung. Denn allein seine Fähigkeiten würden ihn und Holly jetzt retten.
Er entzündete die violette Kerze und begann.
Die Worte kamen ihm ganz selbstverständlich über die Lippen, obwohl viele Jahre vergangen waren, seit er ihre Bedeutung studiert und sie auswendig gelernt hatte. »Exorcizo te, omnis spiritus immunde, in nomine Dei...« Er malte das Kreuzzeichen vor ihr in die Luft. »... Patris omnipotentis, et in nomine Jesu ...« Ein weiteres Kreuz. »... Christi Filii eius, Domini et Judicis nostri, et in virtute Spiritus Sancti.« Er zeichnete ein drittes Kreuz über ihr in die Luft. »Ich beschwöre euch, einen jeglichen unreinen Geist, im Namen Gottes, des allmächtigen Vaters, und im Namen Jesu Christi, seines Sohnes, unseres Herrn und Richters, und bei der Macht des Heiligen Geistes.«
»Dreckiger Wurm, du bist von magischem Geblüt und hast kein Recht, diesen Namen anzurufen«, fauchte ein Dämon, der durch Holly sprach und ihr Gesicht zu einem abscheulichen Abbild seiner eigenen Züge verzerrte.
»Gott liebt alle seine Kinder, und er steht jenen bei, die an ihn glauben und ihn um Hilfe anrufen.«
»Er wird dich nicht erhören«, höhnte ein anderer böser Geist. »Er will dich nicht mit der Göttin teilen.«
»Ich glaube nicht, dass das wahr ist«, zwang Armand sich ruhig zu antworten. »Aber selbst wenn es so wäre: Er ist allbarmherzig, und ich bin sicher, dass er mir vergeben wird. Weichet von ihr, all ihr Dämonen im Innern, im Namen der Göttin, die ihrem Herzen gebietet. Ich beschwöre euch, lasst ab von ihr.«
»Sie mag uns«, kreischte ein dritter Dämon mit hoher, schriller Stimme. »Sie will, dass wir bleiben.«
Armand stimmte den nächsten Teil auf Latein an. »Weichet aus diesem Geschöpf Gottes mit Namen Holly Cathers, durch Jesus Christus, unseren Herrn, der kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten und die Welt durch Feuer.«
Holly schlug um sich und warf sich hin und her, während die Dämonen gegen sie, Armand, die angerufenen Gottheiten und gegeneinander kämpften. Plötzlich flog einer mit einem lauten Schrei aus ihrem Mund, ein winziges, rot geflecktes Ding mit einem Schwanz wie ein Drache und Flügeln wie ein Spatz.
Armand zog sein Schwert aus dem Gürtel und schlug den Körper des Dämons mittendurch. »Ich verbanne dich zurück in die Hölle, aus welcher du gekommen bist.«
Das Wesen explodierte zu einer kleinen roten Staubwolke, die nach Schwefel stank. Sie rieselte zu Boden.
Nur einer. Das wird lange dauern.
Armand griff nach einer großen Holzschüssel mit Weihrauch, zerdrücktem Knoblauch, Pfefferminze, Nelken und Salbei. Er hielt die Flamme der violetten Kerze an die getrocknete Mischung und setzte sie in Brand. Sacht blies er darauf, bis die Flammen erloschen, die Mischung aber weiter vor sich hinglomm. Der duftende Rauch erfüllte die Luft, und die Dämonen in Holly begannen zu heulen.
Armand trat zu Holly. Sorgfältig spuckte er in beide Hände und berührte erst ihr rechtes, dann ihr linkes Ohr. »Effata, quod est, adaperire.« Tu dich auf. Als Nächstes berührte er das rechte und linke Nasenloch. »In odorem suavitatis. Tu autem effugare, diabole. Appropinquabit enim iudicium dei.«
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