Hexenzorn
her.«
»Dann sind wir in zehn Minuten da, da bleibt uns nicht mehr viel Zeit zum Reden. Ich möchte Ihnen nur noch sagen, dass Sie eine große Hilfe waren, viel größer, als ich gedacht hätte. Werden Sie nicht größenwahnsinnig deswegen, aber - danke.«
B. nickte, dann grinste er. »Und wie verbringen wir dann die restlichen neun Minuten und fünfundvierzig Sekunden?«
»Mit einer ungezwungenen Unterhaltung, würde ich sagen.«
»Dann erzählen Sie mir etwas von Rondeau«, sagte B.
»Hmm. Nun, zuhause ist er Besitzer eines Nachtclubs, er mag Bigbandmusik, hasst Hunde und hat einen bescheuerten Kleidungsstil. Außerdem ist er eine nicht-menschliche, übernatürliche Wesenheit, die vor langer Zeit vom Körper eines kleinen, obdachlosen Jungen Besitz ergriffen hat, und den bewohnt er heute noch. Seitdem geht er mit mehr oder weniger Erfolg als Mensch durch, obwohl er auch die Gabe besitzt zu fluchen, und zwar in der minderwertigen Sprache der niederen Gottheiten - so lautet zumindest eine Theorie. Damit kann er, örtlich begrenzt, einiges an unvorhersehbarer Zerstörung anrichten. Er arbeitet seit ein paar Jahren für mich, und wir kommen ganz gut miteinander aus, trotz der Tatsache, dass ich ihm den Kiefer abgerissen habe, als er noch ein kleines Kind war. Das heißt, als der Körper, in dem er lebt, noch ein kleines Kind war. Niemand weiß, wie lange der echte, eigentliche … die Essenz Rondeaus schon lebt, wenn ›leben‹ überhaupt der richtige Ausdruck dafür ist.«
»Tja«, sagte B. »Eigentlich wollte ich Sie jetzt fragen, ob er auch mit Männern ins Bett geht, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich das wirklich will.«
Marla winkte ab. »Rondeau ist ein guter Mensch, auch wenn er eigentlich kein Mensch ist. Und obwohl ich mich nie allzu ernsthaft mit seinen sexuellen Neigungen auseinandergesetzt habe, würde ich ihn als überwiegend heterosexuell, aber durchaus abenteuerlustig einstufen.«
»Sind Sie ein echter Mensch?«, fragte B.
Marla zuckte die Achseln. »Geboren als Tochter einer Frau und eines Mannes, aufgezogen von einer Frau und einem Mann, ja. Zumindest von einer Frau, der Mann war nicht viel da. Ich bin im mittleren Westen aufgewachsen, habe die Highschool abgebrochen und bin dann in eine Großstadt gezogen. Eine Zeit lang habe ich in Stripclubs gearbeitet, hauptsächlich als Kellnerin. Dort lernte ich Artie Mann kennen, einen ziemlich angesagten Magier zu dieser Zeit. Er sah in mir ein gewisses Potenzial und nahm mich als seine Schülerin auf. Ich habe eine Weile für ihn gearbeitet, dann machte ich mich selbstständig. Es lief gut, und ich arbeitete viel für einen Mann namens Sauvage, der damals der Boss der Stadt war. Dann wurde Sauvage ermordet, ich spürte seinen Mörder auf und brachte ihn um.« Marla dachte nicht gerne an diese Zeit zurück. Somerset, Sauvages Mörder, hätte auch sie beinahe getötet. »So nahm ich fast durch Zufall Sauvages Platz ein, und seitdem bin ich der Boss der Stadt.«
»So wie dieser Dalton der Boss von San Francisco war?« Marla schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Hier gibt es einen Magierrat, unter dessen Mitgliedern das Amt des Oberhaupts weitergegeben wird. Gestern war Finch noch das Oberhaupt, nach ihm diese Frau in North Beach und danach Dalton. Nach Dalton kam Bethany, und nach ihr der Chinese, der immer noch frei herumläuft und deshalb sozusagen im Amt ist, auch wenn eigentlich Mutex jetzt im Großen und Ganzen bestimmt, wo’s langgeht.«
»Was bedeutet das, im Amt zu sein?«
»Das ist etwas kompliziert«, sagte Marla. »Bis zu einem gewissen Grad arbeite ich mit den Behörden zusammen, soweit
das eben nötig ist, aber in die alltäglichen, weltlichen Geschäfte der Stadt mische ich mich möglichst nicht ein. Ich … beschütze meine Stadt, hauptsächlich gegen auswärtige Magier, die sich hineindrängen wollen, gegen magische Gefahren jeder Art, gegen Tyrannen, Monster und so Zeug.«
»Haben Sie viel mit so was zu tun? Mit Monstern?«
Marla dachte an Todd Sweeney und den blassen Hund, der ihn verfolgte; an den nicht ganz toten Magier Somerset und seine Taubenschwärme; an die verrückte Chaosmagierin Elsie Jarrow und ihr blutiges Lächeln und an etwa ein Dutzend anderer Gefahren, die während ihrer relativ kurzen Amtszeit als Boss der Bosse aufgetreten waren. »Ja, Monster und andere Dinge. Genau genommen bin ich wegen eines dieser anderen Dinge jetzt hier in San Francisco. Es gibt jemanden, eine andere Magierin, die
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