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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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Waschbecken, die Schlafpritsche war offensichtlich schon lange nicht mehr da. B. nahm sie bei der Hand, dann schlossen sie die Augen und drehten sich langsam dreimal im Kreis. Schließlich machten sie einen Schritt nach vorne, dann noch einen und noch einen.
    Und noch einen und fünf weitere Schritte. Das Geräusch, das der Boden unter Marlas Stiefeln verursachte, hatte sich von massivem Stein zu etwas Knarrendem verändert. »Können wir die Augen wieder aufmachen?«, fragte sie.
    »Ich glaube schon«, antwortete B. »Wir sind bereits über die Stelle hinaus, an der die Wand hätte sein müssen.«
    Marla öffnete die Augen. Sie waren in einem langen, dunklen Korridor mit hölzernem Boden und Wänden, die sich vor ihnen in der Dunkelheit verliefen. Marla sah einen schmalen Fensterschlitz und den blassen, silbrigen Lichtschein, der hindurchfiel, ging aber nicht zu der kleinen Öffnung, um hindurchzuspähen. Sie blickte sich auch nicht um; an Orten wie diesem war es besser, die Augen strikt auf den Pfad vor den eigenen Füßen gerichtet zu lassen. »Weiter?«, fragte sie.
    »Vorwärts«, sagte B. Sie gingen weiter, und B. ließ ihre Hand immer noch nicht los. Der Gang machte eine Biegung um neunzig Grad nach links, dahinter ging es etwa einhundert Meter weiter geradeaus. Dann folgte eine weitere
scharfe Biegung, diesmal nach rechts. Einmal kamen sie an einer Tür mit einer stark angelaufenen Klinke aus Messing vorbei. B. betrachtete die Tür kurz, dann schüttelte er den Kopf und führte Marla weiter. Sie fragte sich, was hinter der Tür war, und dabei fiel ihr nicht zum ersten Mal auf, dass es hier Mysterien über Mysterien gab und dass selbst eine Eingeweihte wie sie nur winzige Bruchstücke der tieferen Welt über und hinter dem bekannten Universum kannte. Sie kamen schließlich zum Fuß einer reich verzierten Wendeltreppe aus Schmiedeeisen. »Wir müssen dort hinauf«, sagte B. Der Gang führte noch weiter zu vermutlich unzähligen Geheimnissen, doch Marla nickte nur und folgte B. die Treppe hinauf, die durch ein grob in die Decke gehauenes Loch in eine Art Aufzugschacht führte. Die Wände des Schachts waren ebenfalls aus dunklem Holz, und Marla war dankbar, dass sie nicht durch formlose Leere emporsteigen mussten.
    Die Treppe führte zu einem offenbar frei schwebenden, hölzernen Pier, einem Steg, nicht einmal drei Zentimeter dick und kaum mehr als einen halben Meter breit, umgeben von nichts als Dunkelheit. B. betrat den Steg, und Marla folgte ihm. Am Ende erkannte sie eine Tür. Sie stand leicht offen, dahinter war weißes Licht.
    Auf der Schwelle zögerte B. »Ich … ich weiß nicht, wo wir uns hier befinden, Marla, aber wenn wir durch diese Tür gehen, sind wir auf jeden Fall noch weiter weg von der Welt, die wir kennen.Vielleicht haben wir uns jetzt schon meilenweit von unserem Zuhause entfernt - oder was auch immer das spirituelle Äquivalent von Meilen ist -, aber wenn wir diesen Raum erst einmal betreten haben, sind wir Lichtjahre weit weg, verstehen Sie?«

    »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt«, sagte Marla. »Ich habe nicht vor, jetzt umzukehren. Und Sie?«
    »Ich glaube nicht. Ich wollte nur, dass Sie wissen, worauf Sie sich hier einlassen.« Er ging durch die Tür, und Marla folgte ihm.
    Der Raum war sechseckig, wie Marla zunächst dachte. Schon im nächsten Moment entschied sie sich jedoch für achteckig, dann zehn Ecken, bis sie es schließlich aufgab, denn die Wände veränderten sich ständig, so subtil, dass sie es nicht einmal genau beobachten konnte. In einem Moment bestanden die Wände dieses Vielecks aus Spiegeln, im nächsten aus trübem Kristall, dann aus Obsidian. Die Decke war so hoch über ihnen, dass sie mit der Dunkelheit verschmolz, der Lichtschein schien von der Luft selbst auszugehen, und an der hellsten Stelle in der Mitte des Raums stand ein leerer Holzstuhl. Der Stuhl war so einfach gehalten wie möglich, er bestand aus demselben dunklen Holz wie die Wände des Gangs, Lehne und Armstützen waren schmal.
    »Hier ist niemand«, sagte Marla.
    »Das wird sich bald ändern«, entgegnete B.
    Einen kurzen Moment lang flackerte etwas Weißes auf dem Stuhl, eine Gestalt, die ihn kurz ausfüllte, dann war der Stuhl wieder leer. Marla hörte ein Knistern in der Entfernung, ähnlich einem Rauschen im Radio.
    Und plötzlich, mit einem der Gedankenblitze, die sie zu einer so guten Magierin machten, begriff sie. Sie waren hier nicht bei der Mösen- oder der Möbel-Hexe. Es war …
    »Die

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