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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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gefallen«, antwortete sie. »Und diese eine von Rodin, diese Frau mit dem Stein auf der Schulter.«
    »Du bist also bei den Klassikern hängen geblieben.«
    »Ich bin eben altmodisch.« Sie ging weiter den Gehsteig entlang, und als sie bei der Absperrung vor der Galerie angekommen war, lehnte sie sich dagegen und schaute hinein.
    Nun, das war erst altmodisch. Die Galerie war voll mit präkolumbischen Artefakten, Schüsseln, Werkzeugen, Waffen und Statuen. Marla wusste nicht viel über Kunst, aber mit magischen Hilfsmitteln aus den verschiedenen Zeitaltern
kannte sie sich aus, und auch davon gab es hier drinnen ein paar. Die Gegenstände, die sie erkannte, stammten alle aus Mesoamerika, aber damit endeten die Gemeinsamkeiten auch schon; manche waren aztekischen, andere toltekischen oder olmekischen Ursprungs, und es gab noch andere.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte der Cop, und schon hatte Marla ein weiteres Argument, das sie gegen San Francisco ins Feld führen konnte: Dieser Cop hörte sich so an, als wollte er tatsächlich helfen, wie ein Angestellter in einem Haushaltswarenladen. Er war leidlich gutaussehend und lächelte wie ein Statist in einer Fernsehserie über eine Studenten-WG. Wenn ein Cop in Felport einem eine solche Frage stellte, dann in einem ganz anderen und viel bedrohlicheren Tonfall. Cops waren schließlich keine Gerichtsdiener. Sie waren die Zähne und Klauen der öffentlichen Gewalt.
    Trotzdem brauchte sie Hilfe. »Ja. Was wurde denn hier gestohlen?«
    Der Cop musterte sie von oben bis unten, dann Rondeau, der sich einen schlechten Moment dafür ausgesucht hatte, in der Nase zu bohren. »Woher wissen Sie, dass etwas gestohlen wurde?«, fragte er mit einem gezwungenen Lächeln. Marla konnte förmlich sehen, wie er in Gedanken sein Diensthandbuch bis zum Kapitel über trottelige Kriminelle durchging, die zum Tatort zurückkehren.
    Marla zuckte die Achseln. »Es könnte sich natürlich auch um Vandalismus handeln, aber für mich sieht es eher aus wie ein Schaufenstereinbruch.« Und dann war da noch dieser tote gelbe Frosch ganz in der Nähe, was für Marla darauf hindeutete, dass es einen Zusammenhang zwischen Lao Tsungs Tod und dem eingeschlagenen Schaufenster hier gab. Sie hatte nicht vor, Nachforschungen über den Mord anzustellen,
aber bis zu Finchs Party waren es noch mindestens zwei Stunden, und das hier sah interessant aus.
    Der Cop nickte, dann nahm er sein Notizbuch heraus. »Wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Adresse geben könnten, werde ich Ihnen gerne die entsprechenden Informationen zukommen lassen, sobald wir sie haben.«
    Marla hatte schon schlauere Tricks gesehen, um an persönliche Daten heranzukommen. Sie seufzte und schüttelte ganz leicht ihren linken Arm. Dann spürte sie, wie ein Steinchen aus der kleinen Tasche fiel, die in den Bund des Ärmels eingenäht war. Der Stein war vollkommen glattpoliert und schwerer, als es eigentlich möglich war. »Fang!«, sagte sie und warf ihn dem Cop unversehens zu. Er fing ihn reflexartig auf, und seine Augen wurden glasig. Dann stand er einfach nur da, mit geweiteten Pupillen und herabhängendem Unterkiefer, den Stein ganz leicht mit den Fingern der einen Hand umschlossen.
    In Marlas Stadt war jeder Cop durch einen Eid an sie gebunden. Mit einer Handbewegung oder einem Wort konnte sie ihn aktivieren. Das musste sie zwar so gut wie nie tun - der Polizeichef war handverlesen, er gehörte ihr, und ihre Informationen erhielt sie praktisch immer von ihm -, aber es war ein beruhigendes Gefühl, eine ganze Armee in der Hinterhand zu haben, während die Cops selbst keine Ahnung hatten, dass sie schlafende Agenten waren. Der Zauber des Steins wirkte nur einmal, und er war zeitlich begrenzt, und trotzdem hatte sie eine ganze Nacht damit verbracht, ihn zu präparieren. Sie hoffte, dass sie ihn nicht voreilig eingesetzt hatte. Aber der Cop gehörte ihr jetzt, und das für die nächsten paar Tage.
    »Was wurde gestohlen?«

    »Eine Statue.«
    »Können Sie sie beschreiben?«
    »Ich habe ein Bild gesehen.«
    »Haben Sie das Bild dabei?«
    Der Cop nickte. Er griff in eine seiner Jackentaschen und zog ein feinsäuberlich gefaltetes Stück Papier heraus. Marla faltete es auseinander; es war die Kopie eines Fotos. Sie kniff die Augen zusammen.
    Marla stöhnte. »Ich habe keine Ahnung, was zum Teufel das sein könnte. Ich hasse präkolumbische Kunst.«
    Rondeau war mit dem Nasenbohren fertig und fummelte mittlerweile an seinen Zähnen herum. Er

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