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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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renovieren, und schon bald war das hier die inoffizielle Schwulenhauptstadt der Welt. Manche fürchten, dass mit Castro das Gleiche passieren wird wie mit Fisherman’s Wharf - dass es seine Authentizität verliert und eine kitschige Touristenfalle wird. Aus irgendeinem Grund kommen Hetero-Touristen gerne hierher.«
    »Engstirnige Kleingeister, die den modernen Homosexuellen in seinem natürlichen Habitat bestaunen wollen?«, fragte Marla und zog damit die Blicke eines Pärchens mittleren Alters auf sich, das gerade die Regenbogenfahnen fotografierte. Sie setzte ein fieses Grinsen auf, und die beiden trollten sich.
    »Hmm. Keine Ahnung. Auf jeden Fall soll es hier ein paar super Bars geben.«
    »Und wie sieht’s mit Lesben aus?«, fragte Marla. Rondeau war nicht der Einzige mit flexibler sexueller Orientierung. Marla hatte einige Affären mit Frauen gehabt, die Männer
aber nie ganz aufgegeben. Einmal hatte sie eine Liebschaft mit einem Inkubus und einen One-Night-Stand mit einer Frau gehabt, die wahrscheinlich nichts anderes war als ein in eine attraktive Illusion gehüllter Rakosh. Wenn man ein paar Mal mit dem Übernatürlichen Sex gehabt hatte, schien einem das Geschlecht nicht mehr so wichtig. Schließlich war der Bauplan für alle Menschen mehr oder weniger derselbe; sie hatten alle die gleichen Nervenenden, nur in unterschiedlicher anatomischer Anordnung. Im Augenblick hatte sie aber nicht viel Zeit für romantische Verwicklungen irgendwelcher Art.
    »Ah«, sagte Rondeau. »Man sieht sie auf den Gay-Paraden, und es gibt sie durchaus in dieser Gegend, aber ich hab das Gefühl, dass sie eher eine Minderheit in besetztem Gebiet sind.«
    »Du ›hast das Gefühl‹, oh kühner Entdecker?«
    »Okay, schon gut. In meinem Städteführer steht das so drin. Aber verglichen mit dir bin ich hier praktisch ein Eingeborener.«
    »Dann lass uns Finchs Reich auskundschaften. Du gehst voraus, mein indigener Spurenleser.«
    Nachdem er eine Weile auf die Karte gestarrt hatte, deutete er weg von der hell erleuchteten Durchgangsstraße in eine kleine Seitengasse. »Wir sind immer noch in einer Wohngegend, auch wenn sich hier durchaus Touristen tummeln.« Hinter schmiedeeisernen Toren standen hübsche viktorianische Häuser, die Straßen wurden von eingezäunten Bäumen gesäumt. Sie sahen noch weitere Regenbogenfahnen, ein paar Poster mit politischen Slogans darauf und eine schwarzblaue SM-Flagge. An manchen Häusern waren kleine Schildchen zu sehen, auf denen ›Bed and Breakfast‹ stand.

    »Hier müsste es sein«, sagte Rondeau, »auf der anderen Seite der Straße.« Finchs Haus war ein dreistöckiges, viktorianisches Gebäude, das etwas unterhalb einer Hügelkuppe stand. Vor dem dunkelblauen Haus war eine Traube von vielleicht fünfzehn Leuten vor einer kleinen, mit einem ausgefallenen schmiedeeisernen Tor abgegrenzten Veranda zu sehen. Marla und Rondeau beobachteten aus dem Schatten heraus, wie eine attraktive dunkelhaarige Frau in einer weinroten Samtrobe das Tor öffnete und zu der versammelten Menge sprach. Sie winkte vier Leute herein, die sogleich durch die Eingangstür ins Innere des Hauses verschwanden. Das war wohl die Türsteherin. Sie unterhielt sich noch kurz mit den anderen Wartenden und ging dann wieder hinein.
    »Komische Party, auf der die Leute vor der Eingangstür warten müssen«, meinte Marla.
    »Ich hab’ aber nicht gesehen, dass irgendjemand Geld bezahlt oder eine Einladung in der Hand gehabt hätte«, entgegnete Rondeau. »Vielleicht kommen wir dann ja ohne größere Schwierigkeiten rein.«
    »Außer die kennen sich alle untereinander«, erwiderte Marla. »Aber dieses Hindernis werden wir auch noch aus dem Weg räumen, wenn es so weit ist.« Sie überquerte die Straße, und Rondeau folgte ihr. Sie stellten sich an das Ende der Schlange. Die meisten der Wartenden waren eher jung und unterschiedlich gekleidet: Manche trugen Lederjacken, andere ganz normale Straßenkleidung, wieder andere Samt und Spitze, und alle unterhielten sich völlig entspannt miteinander.
    Ein Mann mit kurzem schwarzem Haar und Buddy-Holly-Brille sah Marla lächelnd an. »Sind wir uns schon einmal begegnet?«

    »Vielleicht«, sagte Marla.
    Mit offenkundiger Bewunderung sah er sie von oben bis unten an. »Ich glaube, an jemanden wie dich würde ich mich erinnern. Sehen wir uns später unten?«
    »Alles ist möglich.« Ihr Bewunderer war ganz offensichtlich kein Magier und Marlas ursprüngliche Vermutung, Finchs Party wäre eine

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