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Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der das Auftreten der Stimme stets begleitete.
    Er hatte einmal versucht, ins Herz dieses Lichtscheines zu blicken, vor zehn oder zwölf Jahren. Der Schein hatte ihn für Wochen blind gemacht, und nachdem er sein Augenlicht zurückgewonnen hatte, hatte er nie mehr versucht, das Geheimnis des Lichtes und der Stimme zu ergründen. Er hatte die Warnung verstanden.
    »Niemand wird ihm glauben«, sagte er noch einmal. »Sie werden ihn für verrückt halten und in ein Irrenhaus sperren, genau wie den anderen.«
    »Narr!«, zischte die Stimme. »Wozu habe ich dir Macht über die Menschen in dieser Stadt gegeben? Wozu habe ich dir Macht über die Bestie gegeben, glaubst du?«
    Der Mann schluckte. In der Stimme war ein neuer, aggressiver Ton, den er noch nie zuvor in ihr vernommen hatte. Ein Ton, der ihm Angst machte.
    »Ich … habe dir stets treu gedient«, sagte er stockend. »Und ich …«
    »Und deinen Gewinn damit gemacht, nicht wahr?«, unterbrach ihn die Stimme. »Du hast jetzt vierzehn Jahre von unserem Bündnis profitiert. Jetzt wird es Zeit, dass auch du deinen Teil des Kontraktes erfüllst. O’Banyons Tod gehört dazu.«
    »Ich soll ihn … umbringen?«, keuchte der Mann.
    Eine, zwei Minuten lang schwieg die Stimme. »Ja«, sagte sie dann. »Aber nicht nur ihn. Er ist nicht mehr allein. Es sind Fremde bei ihm.«
    Der Mann erschrak. »Fremde?«
    »Es sind sieben Männer, die über den Ozean gekommen sind. Beseitige sie.«
    »Alle? Ich soll …« Der Mann brach ab, atmete hörbar ein und sprach erst nach einer geraumen Weile weiter. »Du kannst nicht verlangen, dass ich sieben Menschen töte. Acht, wenn ich O’Banyon mitzähle. Ich bin kein Mörder.«
    Die Stimme lachte, und das grüne Licht flammte zu noch gleißenderer Helligkeit auf. Ein helles, zischendes Geräusch wurde hörbar. »Du bist kein Mörder? Wie viel Unschuldige hast du im Laufe der letzten vierzehn Jahre der Bestie geopfert?«
    »Das war etwas anderes. Ich musste es tun, weil es Teil des Paktes war.«
    »Und mir zu gehorchen ist ebenso Teil des Paktes, Narr. Warum, glaubst du, habe ich dir diese Macht gegeben? Damit du sie zu eurem Vorteil nutzen kannst, aber nichts zu tun brauchst, wenn ich deiner Hilfe bedarf?«
    Der Mann schwieg. Er hatte sich diese Frage bereits unzählige Male gestellt, aber bisher keine Antwort darauf gefunden. Ebenso wenig wie auf die Frage, ob er nicht im Endeffekt doch den schlechteren Teil dieses Geschäftes gemacht hatte. Vielleicht bekam er erst jetzt die Rechnung präsentiert.
    »Du wirst sie töten«, fuhr die Stimme fort.
    Diesmal widersprach der Mann nicht mehr, sondern neigte nur noch gehorsam das Haupt …
     
    Es wurde Mittag, ehe wir das Dorf erreichten, und die Uhr schlug annähernd drei, bis wir unseren Gefangenen endlich bei der Polizei abgeliefert und alle Fragen des zuständigen Constablers beantwortet hatten. Jedenfalls zu seiner momentanen Zufriedenheit. Er hatte mir die Geschichte, die ich ihm erzählt hatte, nicht hundertprozentig geglaubt, und ich hätte nicht einmal der Sohn eines Hexers sein müssen, um das zu spüren. Dabei war Constabler Donhill ein durchaus umgänglicher Mensch; leider auch ein ziemlich kleingeistiger. Und wie bei fast allen Menschen, die Gott nicht gerade mit einem Übermaß an Intelligenz gesegnet hatte, hörte seine Umgänglichkeit an dem Punkt auf, wo er nicht mehr verstand, was man von ihm wollte.
    Und diese Schwelle lag bei ihm ziemlich niedrig.
    Ich fühlte mich vollkommen erschöpft, als ich an Bannermanns Seite die Polizeiwache verließ. O’Banyon war, an Händen und Knien mit Handschellen gebunden und zusätzlich auf einer Liege festgeschnallt, damit er nicht wieder anfing zu toben und sich dabei selbst verletzte, in Donhills einziger Zelle zurückgeblieben. Wenigstens den Namen unseres unfreiwilligen Reisebegleiters hatten wir in Erfahrung bringen können, mehr aber auch nicht. Constabler Donhill schien ganz genau zu wissen, wer dieser O’Banyon war und was er draußen am See gesucht hatte, aber er hatte geschwiegen wie eine Auster, und irgend etwas hatte mich davor gewarnt, zu viele und zu neugierige Fragen zu stellen. Donhill war ein freundlicher Mann, aber unter der dünnen Maske, die er trug, verbarg sich ein tiefsitzendes Misstrauen allen Fremden gegenüber, das spürte ich.
    Ich blieb stehen, als wir die Polizeiwache verlassen und die breite, ungepflasterte Hauptstraße zwei Blocks weiter südlich erreicht hatten. Das Meer war von hier aus nicht mehr zu

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