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Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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recht, als du sagtest, Leyman wäre mit dem Satan im Bunde. Vielleicht mehr, als du bisher geahnt hast.«
    Ihr Blick fiel an mir vorbei auf die Stelle, an der das Craal vergangen war. Die Umrisse seines Körpers waren deutlich auf dem geschwärzten Holz zu erkennen. Eigentlich glich es einem Wunder, dass das Haus nicht in Flammen aufgegangen war, wie Leymans Laden zuvor.
    »Vorbei?«, wisperte sie. Sie sah auf. Plötzlich schimmerten ihre Augen feucht.
    »Vorbei«, bestätigte ich. »Das Ungeheuer ist tot, und Leyman wird nie wieder ein anderes beschwören können.«
    »Aber wie …« Sie stockte erneut, schluckte hörbar – und warf sich dann mit einer plötzlichen, überraschenden Bewegung an meine Brust. Ihre Arme klammerten sich so fest um meinen Körper, dass sie mir beinahe die Luft abschnürte.
    »Bring mich hier weg, Robert«, flehte sie. »Bitte, bring mich hier weg. Ich … ich verliere den Verstand, wenn ich noch länger hier bleiben muss.« Sie begann leise zu weinen und klammerte sich noch fester an mich. Plötzlich war sie nichts weiter als ein verängstigtes, einsames Kind.
    Trotz der Schmerzen in meinen Händen berührte ich sanft ihr Haar und streichelte ihre Schulter. Ich spürte, wie sie unter der Berührung erschauerte.
    »Das werde ich tun, Kind«, flüsterte ich. »Ich verspreche es.«
     
    Die Nacht lag wie ein schwarzes Leichentuch über dem Ort. Die wenigen Sterne, die sich während der Dämmerung am Himmel gezeigt hatten, waren hinter einer Mauer schwarzer, regenschwerer Wolken verschwunden, und selbst das Licht des Mondes, der noch immer als beinahe perfekt gerundete Scheibe am Firmament stand, drang nur manchmal durch eine Lücke in der Gewitterfront. Die Luft roch nach Regen, und der Wind trug vom nahen Meer Salzwassergeruch und den einsamen Schrei einer Möwe heran.
    »Bleibt immer dicht hinter mir«, flüsterte Priscylla. Ihre Stimme drang nur gedämpft unter der braunen, tief in die Stirn gezogenen Kapuze ihres Mantels hervor, war aber trotzdem deutlich zu vernehmen, denn es war still, beinahe geisterhaft still. Der Ort schien ausgestorben zu sein. Die schmale, nach Süden führende Straße lag menschenleer vor uns, und hätte es nicht den sanften, roten Widerschein eines Feuers hinter uns gegeben, hätte man wirklich glauben können, Goldspie wäre ausgestorben.
    Aber das war es nicht. Wir hatten niemanden gesehen, seit wir das Haus verlassen hatten, aber die Stimmen und Schritte dutzender Menschen gehört, und die ersten drei-, vierhundert Yards waren zu einem wahren Spießrutenlauf geworden. Priscylla hatte uns durch Seitenstraßen und Hinterhöfe geführt, auf Wegen, die ein nicht Einheimischer wahrscheinlich in hundert Jahren nicht gefunden hätte. Wir waren von Schatten zu Schatten gehuscht wie Verbrecher, hatten uns immer wieder mit angehaltenem Atem hinter Hausecken oder in Türen geduckt und für die erste halbe Meile fast eine Stunde gebraucht. Mein Herz hämmerte noch immer, und obwohl die unmittelbare Gefahr vorüber war – oder vielleicht auch gerade deshalb – zitterten meine Hände.
    Irgend etwas ging in der Stadt vor. Den Geräuschen nach zu urteilen, die wir gehört hatten, musste die gesamte Bevölkerung Goldspies auf den Beinen sein, obwohl es hart auf Mitternacht zuging, und ihr Ziel war der Marktplatz im Zentrum der Stadt.
    Hinter uns, dachte ich mit einer Spur von Erleichterung. Je weiter wir uns dem Stadtrand genähert hatten, desto weniger Menschen hatten wir gehört. Jetzt waren die Straßen so leer, dass wir es wagen konnten, ein wenig offener vorzugehen und die Bürgersteige zu benutzen, wenngleich wir uns weiterhin immer im Schatten der Häuser hielten. Priscylla hatte Bannermann und mir dunkle Mäntel ähnlich dem ihren gegeben, die wir über unsere Kleidung geworfen hatten, aber weder Bannermann noch ich rechneten ernsthaft damit, dass diese Tarnung mehr als einem flüchtigen Blick standhalten würde. Allein die Tatsache, dass wir uns nicht zum Stadtzentrum hin bewegten, musste uns verdächtig machen. Wenn wir auch nur einem Menschen begegneten, waren wir verloren.
    Priscylla blieb plötzlich stehen, hob die Hand und lauschte einen Moment mit geschlossenen Augen.
    »Was ist?«, fragte Bannermann besorgt.
    Priscylla brachte ihn mit einer unwilligen Geste zum Schweigen, schloss für zwei, drei Sekunden die Augen und fuhr mit einer abrupten Bewegung herum.
    »Jemand kommt!«, sagte sie. »Schnell weg hier!« Sie deutete auf eine Toreinfahrt, die wir vor

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