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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erst viel, viel später wirklich begreifen sollte: Es war falsch von mir, dich darum zu bitten, mich nicht zu hassen, Robert, sagte er. Bitte verzeih mir. Hasse mich, wenn du jemanden hassen musst. Nicht dich. Niemals dich selbst.
    Und damit verschwand er. Sein Körper zerstob zu dem, was er wirklich war – einer düsteren, irrealen Vision – trieb wie ein nebeliger Hauch auseinander und war fort. Nicht einmal seine Fußabdrücke waren im feuchten Sand zurückgeblieben. Wie konnten sie auch?
    Trotzdem war ich nicht mehr allein.
    Ich hatte das Geräusch der Kutsche und die Schritte schon lange gehört, aber sie waren nicht wirklich bis an mein Bewusstsein gedrungen, während ich mit dem Geist meines Vaters sprach.
    Als ich mich herumdrehte, stand ich Howard gegenüber. Und der Ausdruck in seinen Augen sagte mir, dass er alles gehört hatte. Jedes Wort.
    Eine Weile sah er mich schweigend an, dann seufzte er, auf die gleiche, traurige Art wie zuvor Andara, deutete mit einer Kopfbewegung auf den noch immer bewusstlos daliegenden Shannon und wies gleichzeitig mit der Hand zur Kutsche zurück.
    »Komm«, sagte er. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Hilf mir, ihn in die Kutsche zu tragen.«
     
    Der Abend war gekommen und Dunkelheit hatte sich über das Gelände der Miscatonic-Universität gesenkt. Trotz des mächtigen Feuers, das Howard im Kamin der Bibliothek entzündet hatte, machte sich die Kühle des Abends unangenehm bemerkbar.
    Howard hatte Shannon und mich im Gästetrakt der Universität untergebracht. Ihn in einem kleinen, wohl seit Jahren nicht mehr benutzten Zimmer, mich in einem größeren, aus zwei Räumen und einem separaten Bad bestehenden Appartement.
    Wir hatten nicht viel geredet; weder während der Kutschfahrt hierher noch später. Howard war unfreiwillig Zeuge meiner bizarren Unterhaltung geworden, und obgleich er kein Wort darüber verloren hatte, spürte ich doch überdeutlich, dass ihm nicht gefiel, was er gehört und gesehen hatte. Ich war froh gewesen, als er mir stumm mein Zimmer gezeigt und mir gesagt hatte, dass er mich bis zum Dinner allein lassen würde.
    Trotz allem, was geschehen war, holte mich meine Müdigkeit wieder ein. Ich fiel in einen unruhigen, von Albträumen und düsteren Visionen heimgesuchten Schlummer, aus dem mich Howard kurz vor Einbruch der Dämmerung geweckt hatte.
    Dann hatte er mich in die Bibliothek geführt und mich einem kleinwüchsigen, frühzeitig ergrauten Mann namens Langley vorgestellt – Professor hier an der Universität für irgendetwas, das ich nicht verstand und das mich nicht interessierte.
    Langley war trotz seines griesgrämigen Äußeren ein netter alter Mann, der meine knapp angebundene Art überging und mich freundlich aufforderte, vor dem Kamin Platz zu nehmen.
    Eine Zeitlang betrieben wir Konversation; anders kann man das höfliche Frage-und-Antwort-Spiel, durch das wir uns quälten, wohl kaum bezeichnen.
    Schließlich – nach einer Ewigkeit, wie es mir vorkam – räusperte sich Howard übertrieben. Er beugte sich ein wenig in dem wuchtigen Ohrensessel, in dem er Platz genommen hatte, vor, und kam endlich zur Sache.
    »Du hast keine Zeit verloren, Robert«, sagte er. »Langley und ich hatten kaum damit gerechnet, dich vor Ende des Monats hier zu sehen.«
    »Ich habe ein schnelles Schiff bekommen«, antwortete ich. »Und ich bin sofort aufgebrochen, als dein Brief kam. Er klang dringend.«
    »Das ist es auch«, sagte Howard und seine Stimme klang deutlich besorgt dabei. »Ich hätte dir die lange Reise nicht zugemutet, wenn es nicht wichtig wäre.«
    »Worum geht es?«, fragte ich gerade heraus. »Um die GROSSEN ALTEN?«
    Langley schien überrascht, aber nur für einen Moment. »Sie wissen also Bescheid«, sagte er. »Das erleichtert die Sache ein wenig.«
    »Ich habe einen kleinen Vorgeschmack bekommen«, antwortete ich sarkastisch. »Heute Morgen, in Ihrer gastfreundlichen Stadt, Professor.«
    In seinen Augen erschien ein fragender Ausdruck. Offenbar hatte Howard ihm noch nicht erzählt, was mir widerfahren war, und so tat ich es.
    Langley hörte stumm und ohne mich ein einziges Mal zu unterbrechen zu, aber der Ausdruck von Sorge auf seinem Gesicht wurde immer stärker. Als ich zu Ende gekommen war, hockte er verkrampft auf seinem Sessel und war bleich geworden. Auf seiner Stirn glitzerte Schweiß. Seine Hände zitterten.
    »So schlimm ist es also schon«, murmelte er.
    »So schlimm ist was?«, fragte ich betont. »Ich habe das Gefühl, dass Sie

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