Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
abstrebenden Wellen, zu denen sich der Boden aufgeworfen hatte, lagen blasphemische Dinge von unbeschreiblicher Gestalt …
    Ich stöhnte. Das Bild hatte mich mit der Wucht eines Fausthiebes getroffen, und obgleich ich mir mit aller Gewalt einzuhämmern versuchte, dass es nichts als eine üble Vision war, wusste ich doch mit unerschütterlicher Gewissheit, dass diese Spottgeburt von einer Welt existierte, irgendwo, verloren in den Weiten der Zeit und doch real und drohend und tödlich.
    »Was haben Sie?«
    Tornhills Stimme war so deutlich, als stünde er direkt neben meinem Ohr, aber seine Worte erreichten mein Bewusstsein nicht.
    Die Mauer war wieder da, diesmal in anderer Richtung: eine Wand, die zwischen der Welt und meinem Denken lag und an der alles Reale, Greifbare und Wirkliche abprallte, die Platz für den Wahnsinn schuf, der sich mit eisigen Händen in meinen Verstand wühlte.
    »Craven!«, sagte Tornhill scharf. »Was ist mit Ihnen?«
    Wie durch einen auf und ab wogenden Schleier aus Nebeln und bösen Schatten sah ich, wie er sich herumdrehte und einen halben Schritt in meine Richtung tat. Dann blieb er plötzlich wieder stehen, aufmerksam geworden auf irgendetwas hinter der Tür.
    »Nicht!«, stöhnte ich. Dieses eine, kaum verständliche Wort kostete mich unendliche Überwindung. Ich begann zu zittern. Die Kraft floss aus meinem Körper wie Blut, das durch eine fürchterliche Wunde entweicht und nur Schwäche und Tod zurücklässt. Ich wollte ihn warnen, ihm zuschreien, dass er sich herumdrehen und laufen sollte, so schnell er konnte, weg, nur weg von der Uhr, aber ich war Stunde um Stunde gewandert, unfähig, eine längere Pause oder wenigstens eine kurze Rast einzulegen, denn der Boden war nicht fest, und wenn ich länger als ein paar Augenblicke auf dergleichen Stelle verharrte, begann ich in den höllischen schwarzen Sumpf einzusinken und ich konnte mich nicht rühren, hatte nicht einmal die Kraft, auf ihn zuzutaumeln und ihn zurückzureißen.
    »Gehen Sie nicht … dort hinein«, stöhnte ich. »Um Gottes willen, Inspektor, gehen … Sie … nicht durch die … Tür.«
    Meine Stimme versagte. Ich stürzte, fiel hilflos zu Boden, aber der Schmerz, als ich mir das Gesicht blutig schlug, erreichte mein Bewusstsein nicht.
    Tornhill war mit einem Schritt bei mir und riss mich in die Höhe.
    »Verdammt, Craven, was ist passiert?«, fauchte er.
    »Nicht dort hinein«, keuchte ich. Meine Gedanken begannen sich vollends zu verwirren. Ich konnte nicht mehr richtig sehen, begann die Kontrolle über meine Glieder zu verlieren und wäre erneut gestürzt, hätte Tornhill mich nicht gehalten. Sein Gesicht zerfloss vor meinen Augen zu einer amorphen weißen Fläche, seine Augen sanken ein und wurden zu lichtlosen schwarzen Tümpeln, aus denen mir der Wahnsinn entgegengrinste.
    Dann veränderte es sich abermals. Seine Züge wurden schmaler, jünger, weiblicher und sanfter, wurden zum Antlitz des einzigen Menschen, den ich jemals geliebt hatte. Aber nur für einen Moment, dann zerplatzte es erneut und hinter der Maske Priscyllas kam ein grauenhaftes Ding zum Vorschein, eine boshafte perverse Karikatur menschlichen Lebens, die fleischgewordene Verspottung Priscyllas, der höllische Shoggote, der an Priscyllas Stelle in meinem Haus aufgetaucht war, denn das Ding war mir gefolgt, als ich durch das Tor in die Vergangenheit geschleudert wurde: Zusammen mit mir hatte es den magischen Tunnel betreten, der in der Standuhr meines Vaters begann und in der Welt der GROSSEN ALTEN endete. Etwas war geschehen während dieses Sturzes durch die Ewigkeiten, etwas hatte uns getrennt, sodass er in einigem Abstand zu mir – räumlich oder zeitlich – die Welt seines Ursprunges erreicht hatte, aber er war da und er sah mich und hörte mich und er hatte begonnen, mich zu verfolgen und würde mich einholen, um zu vollenden, was ihm in der Bibliothek meines Hauses nicht gelungen war … Ich schrie. Für einen Moment überschritt ich die Grenzen zum Wahnsinn; die Welt um mich herum wurde zu einem Albtraum aus grauschwarzen Spinnweben und Furcht. Ich brüllte und schrie und schlug in Panik um mich, bis Tornhill mich brutal an den Schultern hochriss und mir mit der flachen Hand vier-, fünf-, sechsmal hintereinander ins Gesicht schlug.
    »Sind Sie wieder normal?«, fragte er. Seine Stimme klang kalt und ärgerlich wie zuvor, aber ich glaubte echte Sorge in seinem Blick zu erkennen. Mühsam löste ich seine Hand von meiner Schulter, richtete

Weitere Kostenlose Bücher