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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und murmelte etwas, das ich nicht verstand. Aber sein letzter verbliebener Offizier – ein Springer – setzte sich rasselnd in Bewegung und bedrohte de Laurecs König. Der Puppet-Master machte nicht einmal den Versuch, dem drohenden Schach zu entgehen, sondern zog seine Dame über das Feld, um Howards Springer zu jagen.
    Trotz der aberwitzigen Situation, in der wir uns befanden, schlug mich das Spiel rasch in seinen Bann. Ich hatte ein paar Mal den Größenwahn aufgebracht, mit Howard Schach zu spielen, und wusste, wie gut er war – und er bewies seine Meisterschaft auch jetzt, trotz des erbärmlichen Zustandes, in dem er sich befand. Immer wieder entgingen sein König und der Springer den Nachstellungen der weißen Dame und immer wieder brachte er das Kunststück fertig, de Laurecs König mit nur einem Offizier vor sich her zu treiben. Aber auf Dauer würde es ihm nichts nutzen. Selbst der beste Schachspieler der Welt kann einen König nicht nur mit seinem eigenen König und einem Springer Matt setzen. Es ist unmöglich. Trotzdem spielte er mit einer Meisterschaft, die jeden anderen Gegner nach spätestens zehn Minuten total entnervt hätte.
    De Laurec nicht. Im Gegenteil. Je mehr ihn Howard vor sich hertrieb, desto amüsierter wirkte er. Und er spielte – gelinde ausgedrückt – wie der letzte Trottel. Schließlich besaß er den Nerv, seine Dame direkt neben Howards König zu platzieren und kichernd »Schach« zu rufen.
    Mein Unterkiefer klappte vor Unglauben herunter, als sich Howard unter einem elektrischen Blitz krümmte, mühsam wieder zu Atem kam – und seinen König zurückzog, statt die Dame zu schlagen, die vollkommen ungeschützt neben ihm stand!
    »Howard!«, brüllte ich. »Bist du von Sinnen? Warum schlägst du sie nicht?«
    Howard stöhnte und wie zur Antwort stieß de Laurec ein neuerliches, fast wahnsinnig klingendes Kichern aus. »Das ist ja gerade der Trick, Craven«, brüllte er triumphierend. »Er könnte es, aber er will es nicht. Dann würde nämlich seine kleine Freundin mit dran glauben müssen, wissen Sie?«
    Verwirrt sah ich mir die weiße Königin genauer an. Im ersten Moment erkannte ich nichts als den Eisen gewordenen Albtraum, den ich die ganze Zeit gesehen hatte – aber dann erhaschte ich einen Blick unter ihr Visier und was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern gerinnen.
    Es war ein Mädchengesicht. Ein blasses, von dunklem Haar eingerahmtes Gesicht, dessen Augen schwarz vor Furcht geworden waren.
    Sarim brüllte vor Lachen, schlug sich vergnügt auf die Oberschenkel – und bot Howard ein weiteres Mal Schach. Diesmal ging Howard für fast eine Minute zu Boden, ehe er wieder soweit bei Atem war, seinen König zurückzuziehen.
    Meine Gedanken schienen sich zu überschlagen, während unter uns das ungleiche Spiel weiterging. Ich versuchte erst gar nicht darüber nachzudenken, wer diese Frau war oder was Howard mit ihr zu schaffen hatte. Wer immer sie war, schien sie ihm wichtig genug, sein eigenes Leben und das unsere zu opfern, um sie zu retten. Das musste ich akzeptieren.
    Und de Laurec nutzte es gnadenlos aus. Seine Dame huschte in Zügen, die einem auch nur mittelmäßigen Schachspieler die Tränen in die Augen getrieben hätten, über das Feld, jagten Howards König hierhin und dorthin und scheuchte praktisch im Vorbeigehen noch seinen Springer umher. Vor den Fenstern tobte das Gewitter immer heftiger. Blitze warfen zuckende Reflexe in die Halle.
    Aber Howard gab nicht auf. Er krümmte sich ununterbrochen vor Schmerz und Schwäche, aber er spielte wie ein junger Gott. Immer wieder griff sein Springer an, bedrohte de Laurecs König und zwang seine Dame so, das Kesseltreiben auf seinen eigenen König wenigstens für eine Weile zu unterbrechen.
    Schließlich brachte er sogar das Kunststück fertig, de Laurecs verbliebenen Springer in eine Falle zu locken und zu schlagen.
    Sarim de Laurec bekam einen Lachanfall.
    »Phantastisch, Bruder, phantastisch!«, brüllte er, wobei er aus Leibeskräften applaudierte und sich zwischendurch die Tränen aus den Augen wischte. »Du spielst wirklich gut. Wenn nur diese dumme, dumme Dame nicht wäre, wie?« Und damit bot er Howard abermals Schach.
    Ich glaubte den Schmerz zu spüren, der Howards Körper schüttelte, als ihn der elektrische Blitz traf. Verzweifelt starrte ich auf das Schachbrett und die gigantischen Figuren hinunter. Meine Gedanken überschlugen sich. Wenn ich ihm nur helfen könnte! Aber ich konnte nicht gegen Maschinen

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