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Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Titel: Hexer-Edition 08: Engel des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf meine Worte und hörte tatsächlich auf, sich hin und her zu werfen. Ihr Fuß fand sogar Halt an einem vorstehenden Felsbrocken und für eine Sekunde verschwand der entsetzliche Druck wenigstens teilweise aus meinen Armen.
    Ich hakte meinen Fuß irgendwo fest und begann, mit aller Kraft zu zerren. Lady Audleys Körper schien Tonnen zu wiegen und einen Moment lang rechnete ich ernsthaft damit, dass mir schlichtweg die Hände aus den Gelenken reißen würden, aber dann spürte ich, wie sie Zentimeter für Zentimeter nach oben glitt, wobei sie selbst mit den Füßen nachhalf und sich abstützte, so gut sie konnte. Trotz des Ernstes unserer beider Lage musste ich die Kaltblütigkeit bewundern, die diese alte Frau an den Tag legte.
    »Weiter so!«, keuchte ich. »Wir schaffen es! Sie sind gleich raus!«
    Bis zu diesem Augenblick habe ich nie an böse Omen geglaubt. Von jetzt an tat ich es.
    Denn genau in dem Moment, in dem ich die Worte aussprach, brach der Boden entlang einer gezackten, halbkreisförmigen Linie rings um mich herum auseinander, und Lady Audley und ich stürzten zusammen mit etlichen Tonnen Erdreich und Gestein in die Tiefe.
     
    Der Abstieg war sehr mühsam, denn der Abstand der eisernen Ringe war nirgends gleich und zudem hatte die Zeit hier unten ihren Tribut gefordert: Mehrere Ringe waren zerfallen oder fehlten ganz, sodass Howards Fuß mehr als einmal ins Leere stieß und er sich auf abenteuerliche Weise zum nächsten Ring hangeln musste. Einmal verlor er gar den Halt und hing endlose Sekunden lang an nur einer Hand über dem Nichts, ehe Cohen nach oben griff und seine wild pendelnden Füße festhielt, um sie zum nächsten sicheren Ring zu schieben.
    Er wusste nicht, wie lange der Abstieg dauerte; sicher nicht mehr als Minuten, die ihm aber wie Ewigkeiten vorkamen. Howard war in Schweiß gebadet, als sie endlich den Grund des bizarren Schachtes erreichten und unter seinen Füßen wieder fester Boden war. Aufatmend drehte er sich herum – und unterdrückte im letzten Augenblick einen entsetzten Aufschrei, als Cohen ihn grob beim Jackenkragen ergriff und zurückhielt.
    Was er für sicheren Boden gehalten hatte, war ein kaum doppelt handbreiter, gemauerter Sims, hinter dem die Wand senkrecht abbrach und weitere dreißig, vierzig Fuß in die Tiefe führte. Der Boden darunter war von unruhiger Bewegung erfüllt. Ein widerlicher Gestank lag in der Luft und ließ das Atmen schwer werden.
    Cohen bedeutete ihm mit Gesten, still zu sein, sank abermals in die Hocke und rutschte so lange hin und her, bis er auf dem Sims saß und seine Beine frei über dem Abgrund pendelten. Umständlich griff er in seine Rocktasche, förderte zwei zusammengefaltete weiße Tücher und ein kleines Fläschchen zutage, öffnete dessen Verschluss und tränkte die beiden Lappen damit, ehe er einen davon Howard reichte.
    Howard schnüffelte. »Ammoniak?«, fragte er verwundert.
    Cohen nickte ärgerlich, griff in seine andere Tasche und zog einen faustgroßen Glaskolben hervor, in dem eine farblose Flüssigkeit schwappte. »Wenn ich das Ding hier werfe«, flüsterte er, »dann pressen Sie sich das Tuch vors Gesicht und atmen hindurch. Auf keinen Fall nehmen Sie es herunter, ehe ich Ihnen das Zeichen gebe – verstanden?«
    Howard verstand ganz und gar nicht. Aber er nickte trotzdem, sog sich die Lungen noch einmal voller Luft und presste den ammoniakgetränkten Lappen auf Cohens Zeichen hin vor Mund und Nase.
    Cohen holte aus, warf den Glaskolben in die Tiefe und hob hastig sein eigenes Tuch. Irgendwo unter ihnen klirrte Glas und plötzlich war die Höhle voller pfeifender und quietschender Laute und wirbelnder Bewegung.
    Selbst ohne das grüne Licht hätte Howard kaum erkennen können, was unter ihnen vorging, denn der Ammoniakgestank trieb ihm die Tränen in die Augen; seine Kehle schien zu verbrennen und ihm wurde übel. Trotzdem presste er das Tuch mit beinahe verzweifelter Kraft gegen Mund und Nase und zwang sich, die ätzende Luft einzuatmen, denn er wusste, was Cohens Anweisung bedeutete. In dem Glaskolben musste sich irgendein Gas befinden, giftiges Gas höchstwahrscheinlich. Das Ammoniak in dem Tuch neutralisierte die tödliche Wirkung.
    Wenigstens hoffte Howard, dass es das tat.
    Das Pfeifen und Quietschen unter ihnen wurde allmählich leiser. In Howards Schädel begann sich langsam alles zu drehen und seine Augen waren so voller Tränen, dass er nicht einmal sah, wie Cohen nach einer Weile sein Tuch senkte, vorsichtig die

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