Hexer-Edition 08: Engel des Bösen
mein Lieber. Das würde auffallen. Ich will ihnen Tiere bringen, die an der Tollwut verendet sind und nicht an Giftgas erstickt.« Er grinste noch breiter, ging noch einmal in die Hocke und und nahm drei der infizierten Tiere auf, um sie in einem Leinenbeutel zu verstauen, der aus den unergründlichen Tiefen seiner Jacke aufgetaucht war.
Sie verließen die Höhle auf dem gleichen Weg, auf dem sie gekommen waren. Wieder fühlte Howard dieses unangenehme, schwer in Worte zu fassende Gefühl des Unwohlseins, je, beinahe Widerwillens, als sie durch den mit grünem Licht gefüllten Schacht stiegen, und wieder war es ihm, als wäre der fremdartige Schein weit mehr als Licht. Er glaubte seine Berührung auf der Haut zu spüren, zu fühlen, wie er in seine Kleider drang, in Mund und Nase und Ohren kroch und alles mit dem giftigen grünen Odem der Hölle füllte.
Wie Wasser, dachte er schaudernd.
Sie erreichten das Ende des Schachtes. Schnaubend zog sich Howard über seinen Rand, ließ sich auf die Knie sinken und blieb einen Moment hocken, um wieder zu Atem zu kommen. Cohen war bereits einige Yards vorausgeeilt und stehen geblieben. Howard konnte sein Gesicht in der unheimlichen grünen Helligkeit nicht richtig erkennen. Aber er spürte die Nervosität des weißhaarigen Riesen direkt.
Mühsam stand er auf, trat an Cohens Seite und sah stirnrunzelnd zu, wie dieser seinen Leinensack öffnete und eine der toten Ratten sorgsam auf den Boden drapierte.
»Was ist das hier unten?«, fragte er, als Cohen fertig war und weitergehen wollte. »Vorhin sagten Sie, ich würde es sehen, aber ich muss gestehen, dass ich wenig von dem, was ich gesehen habe, wirklich verstehe.«
Cohen schwang sich seinen Sack über die Schulter und nickte. »Niemand weiß das genau«, sagte er. »Diese Gänge wurden durch einen Zufall entdeckt; vor Jahren, als sie mit den ersten Grabungen für die Untergrundbahn begonnen haben. Ein halb fertig gestellter Tunnel stürzte ein und dahinter kam der Anfang dieses Stollens zum Vorschein.« Er machte eine weit ausholende Geste und sah Howard ernst an. »Ein paar Männer sind hineingegangen, um ihn zu erkunden, aber sie kamen nicht zurück. Danach haben sie eine Rettungsmannschaft geschickt und eine weitere, die die Rettungsmannschaft retten sollte. Ein einziger Mann ist zurückgekommen. Und den haben sie für verrückt erklärt.«
Howard erbleichte. »Und das waren … Sie?«, fragte er zaghaft.
Cohen nickte. »Ja. Niemand hat mir geglaubt – und ich muss gestehen, dass es eine Zeit gab, in der ich mich selbst gefragt habe, ob die anderen vielleicht Recht haben und ich damals schlicht und einfach den Verstand verloren habe. Aber das war nur eine Zeit. Ich bin wiedergekommen, wissen Sie? Auch, nachdem sie den Zugang vermauert und den Stollen aus den Plänen herausgestrichen haben. Ich bin wiedergekommen und habe auf eigene Faust Nachforschungen angestellt.« Er brach ab und für einen Moment ging sein Blick an Howard vorbei ins Leere. Sein Gesicht verkrampfte sich, fast, als bereiteten ihm die Erinnerungen, die seine Worte heraufbeschworen hatten, körperlichen Schmerz. Dann hatte er sich wieder in der Gewalt.
»Dieser Stollen ist nicht der einzige«, erklärte er in verändertem Tonfall. »Es gibt viele solcher Stollen, Meilen um Meilen, Lovecraft. Und es gibt böse Dinge hier unten.«
Er sprach nicht weiter und Howard spürte, dass er auch keine Antwort mehr bekommen würde, wenn er versuchte nachzuhaken. Aber etwas war in Cohens Stimme gewesen, das ihm einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Es gibt böse Dinge hier unten, klangen Cohens Worte hinter seiner Stirn nach. Es war seltsam – gerade der Schrecken, den er nicht aussprach, war viel schlimmer als der, den er bezeichnet hatte …
Sie gingen weiter. Das grüne Licht blieb ganz langsam hinter ihnen zurück und nach einer Weile erreichten sie die Stelle, an der sie ihre Fackeln zurückgelassen hatten. Cohen kniete nieder, nahm einen der teergetränkten Stäbe auf und ließ ein Sturmfeuerzeug aufflammen. Augenblicke später wich die ewige Nacht dem roten Widerschein der Fackeln.
Howard schrie gellend auf, als er sah, was sich bisher hinter der Wand aus Schwärze verborgen hatte.
Der Sturz dauerte nur wenige Sekunden, aber für mich vergingen Ewigkeiten. Die Wände der klaffenden Erdspalte rasten neben uns in die Höhe, Lady Audleys Schrei gellte in meinen Ohren, hervorstehende Steine und Wurzelwerk schlugen wie peitschende Arme nach
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