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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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oder?«
    »Nein«, antwortete ich keuchend. Jedes Wort fiel mir schwer. »Du –«
    »Ich gehöre nicht mehr zu Necron, wenn es das ist, was du fürchtest«, unterbrach mich Shannon. Plötzlich grinste er und sah mehr denn je wie ein zu groß geratener Junge aus. »Ich habe gekündigt. Seine Arbeitsbedingungen haben mir nicht mehr zugesagt.«
    Ich starrte ihn an. Sein bewusst scherzhafter Ton täuschte mich keine Sekunde. »Du bist geflohen?«, fragte ich.
    Shannon nickte. Sein Lächeln erlosch. »Ja«, sagte er. »Ich hatte keine Wahl. Necron hätte mich getötet, hätte ich es nicht getan. Ich brauche deine Hilfe, Robert.«
    »Oh.« Ich lächelte, aber es wurde wohl eher zu einer Grimasse. »Bisher hatte ich eher das Gefühl, dass es genau umgekehrt ist. Was zum Teufel bedeutet das alles hier?«
    Shannon schwieg einen Moment, und als er weitersprach, schwang in seiner Stimme ein Ernst mit, der mich frösteln ließ.
    »Ich bin nicht nur geflohen, weil ich um mein Leben fürchtete, Robert«, sagte er. »Das Leben eines Einzelnen zählt so wenig. Aber hier geht es um mehr. Nicht einmal nur um Dagons Thul Saduun oder den Bestand dieser Insel. Vielleicht um das Überleben der ganzen menschlichen Rasse.«
    »Du übertreibst«, sagte ich matt, aber Shannon schüttelte abermals den Kopf und sprach mit dem gleichen, Angst machenden Ernst weiter. »Ich wünschte, es wäre so, Robert«, sagte er. »Necron und Dagon sind wahnsinnig. Sie kennen die Gefahr, mit der sie spielen, aber sie missachten sie. Die GROSSEN ALTEN und jene in der Tiefe sind Feinde, Robert, und es ist eine Feindschaft, die älter ist als unsere Welt.«
    Seine Worte ließen mich schaudern. Ich wusste nicht, ob er die Wahrheit sprach oder nicht, denn Tergards Bann lähmte meine magischen Fähigkeiten noch immer. Und trotzdem ließ mich schon der bloße Gedanke an das, was Shannon da andeutete, innerlich zu Eis erstarren.
    »Auf dieser Insel –«, begann ich.
    »Befindet sich das zweite der SIEBEN SIEGEL DER MACHT«, führte Shannon den Satz zu Ende, als ich nicht weitersprach. »Ja. Wenn es Dagon gelingt, es zu brechen, werden die Thul Saduun erwachen, Robert. Und dann wird etwas geschehen, gegen das der Kampf, den wir beide bisher gekämpft haben, nichts als ein beschaulicher Spaziergang ist. Die ALTEN werden es nicht dulden, dass ihre uralten Feinde zu neuer Macht auferstehen.« Er schwieg, um seine Worte auf die gehörige Weise wirken zu lassen, und fuhr, noch leiser und mit noch größerem Ernst, fort: »Es wird einen Krieg der Götter geben, Robert. Sie haben diese Welt schon einmal verwüstet. Sie haben schon einmal zerstört, was die Natur in Jahrmilliarden geschaffen hat.«
    Ich wollte antworten, aber ich konnte es nicht. Shannons Worte ließen eine fürchterliche Vision in mir entstehen: die Vorstellung, Dagons Thul Saduun, diese fürchterlichen chthonischen Feuergeschöpfe, zu Millionen und Abermillionen aus der Erde brechen zu sehen, sie diese Insel, das Meer, die benachbarten Eilande und schließlich die Kontinente überfluten zu sehen. Ja, Shannon hatte Recht – es würde einen Krieg geben, eine Auseinandersetzung, die die menschliche Vorstellungskraft um ein tausendfaches überstieg.
    Einen Krieg der Götter.
    Und so, wie es aussah, gab es nur zwei Menschen auf der Welt, die ihn verhindern konnten.
    Ich kämpfte die Schwäche nieder, die noch immer in meinen Gliedern nistete, stand unsicher auf und sah Shannon an. »Kennst du den Weg hinaus?«, fragte ich.
    Shannon nickte.
    Es war ein sonderbar vertrautes Gefühl, als wir nebeneinander weitergingen; ein Gefühl, das ich zu lange vermisst hatte und das trotz des kalten Entsetzens, das mich gepackt hatte, auf seltsame Weise wohl tat.
    Das Gefühl, einen Freund gefunden zu haben.

 

     
     
    Die Puppe war klein; nicht größer als eine Faust, dazu so roh gefertigt, dass man kaum ihre menschlichen Umrisse erkennen konnte. Leib, Arme und Beine bestanden aus Sackleinen, das mit groben Stichen zusammengenäht war, der Kopf eine ungleichmäßige Kugel, auf die mit ungelenken Strichen die Züge eines menschlichen Gesichtes gemalt worden waren. Das einzig Auffällige war das Haar der Puppe: ein Bündel schwarz gefärbten Strohs, in das, beginnend vom Haaransatz über dem linken Auge, eine weiße, blitzförmig gezackte Strähne eingeflochten war …
    Der Mann mit der Holzmaske betrachtete die Voodoo-Puppe lange und ausgiebig. Er war sehr groß; kein Riese, aber doch so hochgewachsen, dass er zwischen

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