Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft
Stimme. »Ich hole dich raus!«
Der Schrei gab mir noch einmal neue Kraft. Ich wartete, bis der Höllenwurm so dicht an mich herangekommen war, dass ich vor Hitze aufstöhnte, raffte all meine verbliebene Kraft zusammen und setzte mit einem verzweifelten Sprung über die satanische Kreatur hinweg.
Ein wütendes Zischen erscholl. Die Bestie zuckte hoch, als versuche sie mich noch im Sprung zu erreichen. Ihr glühender Körper streifte mein Bein.
Ein furchtbarer Schmerz zuckte bis in meine Hüfte hinauf. Ich fiel, überschlug mich und prallte gegen die Wand. Flammen schlugen aus meiner Hose. Ich stemmte mich hoch und schlug sie mit bloßen Händen aus.
Abermals erscholl über mir ein Schrei und plötzlich war eine der drei Gestalten verschwunden. Sekunden später taumelte die zweite, riss die Arme in die Luft, stürzte nach hinten und prallte dicht neben dem glühenden Wurm auf den Boden! Mit einem Zischen bäumte sich die Kreatur auf wie eine angreifende Kobra – und warf sich mit einem Satz auf die reglose Gestalt!
»Robert! Fang!«
Der Schrei ließ mich aufblicken. Ich sah einen Schatten auf mich zufliegen, griff instinktiv zu und fühlte ein Seil unter meinen Fingern.
Der Ruck, mit dem das Tau straffgezogen wurde, riss mir schier die Arme aus den Gelenken. Hastig versuchte ich mit den Beinen Halt an der Wand zu finden, um meinen geheimnisvollen Retter zu unterstützen, aber das schien ihm zu langsam zu gehen. Wie eine leblose Last zerrte er mich die Mauer hinauf, ergriff mich schließlich unter den Achseln und stellte mich mit einem Ruck auf die Füße.
Und in diesem Moment erkannte ich ihn.
»Shannon!«
Der junge Drachenkrieger machte eine hastige Bewegung mit der Hand, als ich weitersprechen wollte. »Jetzt nicht, Robert«, sagte er. »Wir müssen raus hier! Schnell!« Achtlos ließ er das Seil fallen, mit dem er mich aus der Grube gezogen hatte, und gab mir einen Stoß, der mich weitertaumeln ließ.
Trotzdem wandte ich noch einmal den Blick und sah in die Grube hinab.
Der Anblick ließ mich aufstöhnen.
Der unglückselige Mann, den Shannon in die Tiefe gestoßen hatte, war verschwunden und statt seiner brodelte eine gewaltige Lache aus glühender Lava auf dem Boden, in dessen Zentrum sich ein schreckliches, wurmähnliches Etwas wand, fünf Mal so groß wie die Kreatur, die aus dem Ei gekrochen war.
Und plötzlich begriff ich den Sinn dieses ganzen schrecklichen Labyrinthes …
Shannon gab mir keine Gelegenheit, meinem Entsetzen Ausdruck zu verleihen, sondern packte mich am Arm und rannte los.
Hinter uns erklang ein ganzer Chor wütender Stimmen und als ich mich umsah, erkannte ich mehr als ein Dutzend zerlumpter Gestalten, die aus allen Richtungen zugleich auf uns zustürzten, angeführt von Dagon selbst. Trotz der großen Entfernung glaubte ich zu erkennen, dass seine riesigen Fischaugen vor Zorn leuchteten.
Wir kämpften uns bis zum Ende der Labyrinthhöhle durch und Shannon stürzte wahllos in den ersten Gang, der sich in der Felswand auftat. Hitze und Licht blieben hinter uns zurück, aber das wütende Grölen der Verfolger blieb.
Der Weg schien kein Ende zu nehmen. Ich wusste längst nicht mehr, wie Shannon das Kunststück fertigbrachte, in der fast vollkommenen Finsternis nicht die Orientierung zu verlieren; vielleicht wusste er auch selbst nicht, wohin wir eigentlich rannten, sondern stürzte nur ziellos weiter. Gleich wie – irgendwann, sicher nach einer Viertelstunde oder länger, verklang der Chor der Verfolger allmählich hinter uns und schließlich blieb Shannon stehen, ließ meine Hand los und wandte sich schwer atmend um, um in den Gang zurückzublicken.
Ich taumelte vor Erschöpfung. Meine Lungen brannten und mein Herz hämmerte so hart, als wolle es zerspringen. Ich ließ mich auf einen Felsen sinken und barg das Gesicht in den Händen.
»Ich glaube, wir haben sie abgeschüttelt«, sagte Shannon. In seiner Stimme schwang ein deutlicher Unterton von Sorge, ja beinahe Angst. Mühsam hob ich den Blick, fuhr mir mit dem Handrücken über die Augen und versuchte zu sprechen, brachte aber nur ein unverständliches Krächzen hervor.
Shannon sah auf mich herab, lächelte flüchtig und starrte dann wieder in den Gang zurück. Es sah aus, als lausche er, aber ich war sicher, dass er in Wirklichkeit etwas ganz anderes tat.
»Wo… wo zum Teufel kommst du her?«, presste ich schließlich hervor.
»Spielt das eine Rolle?«, fragte Shannon lächelnd. »Ich bin hier, das reicht,
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