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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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umzubringen!
    Plötzlich schrie Shannon auf und riss die Arme in die Höhe. Ich war vollkommen sicher, dass er die Männer vor sich dabei nicht berührt hatte; trotzdem wurden zwei von ihnen wie von Faustschlägen getroffen zurückgeschleudert und auch die anderen prallten zurück. Mehr als einer verlor das Gleichgewicht und versank gurgelnd im Wasser.
    Und dann spürte ich es auch.
    Es war wie eine körperlose Woge der Furcht, die aus dem Nichts heranraste und meine Gedanken wie ein Tornado traf. Ich schrie auf, taumelte zur Seite und fiel. Für Sekunden geriet ich unter Wasser.
    Als ich wieder auftauchte, bot sich mir ein vollkommen verändertes Bild. Der aufgepeitschte Mob, der uns noch vor Sekunden nach dem Leben getrachtet hatte, hatte sich in einen Haufen panikerfüllter Menschen verwandelt, die schreiend vor Shannon und mir zurückwichen, gepackt von einem Entsetzen, das mit Worten nicht zu beschreiben war.
    Und auch ich spürte die Furcht. Ich ahnte, dass das, was ich empfand, nur ein schwaches Echo dessen sein konnte, was Shannon in die Gehirne der Majundes projizierte, und trotzdem krümmte ich mich vor Furcht und Grauen.
    Das Gefühl war unbeschreiblich. Es war Angst, bloße, vollkommen unbegründete und gerade daher um so schlimmere Angst, die jegliche Abwehr durchbrach und die tiefsten Abgründe meiner Seele berührte, die Urangst jeglicher lebender Kreatur, erweckt zu lodernder Wut.
    Dann hörte es auf. Shannon taumelte vor Erschöpfung, fing sich im letzten Moment wieder und deutete zornig auf den Majunde-Zauberer, der noch immer hoch aufgerichtet auf der Böschung stand.
    »Du verdammter Narr!«, schrie er. »Um euch vor dieser Gefahr zu warnen, sind wir hier! Es sind nicht unsere Dämonen, sondern eure und unsere Feinde, die eure Brüder töten!«
    »Du lügst!«, keuchte der Magier. »Du bist ein Weißer und alle Weißen sind Teufel! Du lügst, um auch uns noch zu verderben. Aber ich werde dir beweisen, dass unsere Götter stärker sind als die euren. Ich werde die Dämonen vernichten! Sieh her!«
    Damit wandte er sich um und sprang mit weit ausgebreiteten Armen von der Böschung herab, um in das brennende Dorf zurückzulaufen.
    »Dieser Idiot!«, keuchte Shannon. »Er wird …« Er brach ab, ballte eine halbe Sekunde lang in stummer Wut die Fäuste und watete dann ebenfalls los, zurück zum Ufer. Diesmal wichen die Eingeborenen beinahe panikerfüllt vor uns zurück. Niemand machte auch nur noch den Versuch, uns anzugreifen.
    Die Hitze traf mein Gesicht wie eine glühende Hand und meine Augen begannen zu tränen, als ich versuchte, auf den brennenden Ort herabzublicken. Das Gebiet vom See bis zum Dschungel herab hatte sich in ein Muster aus flammenden Tümpeln und gezackten, weiß und rot glühenden Rissen und Spalten verwandelt, zwischen und in denen sich glühende Leiber wanden. Es mussten Hunderte sein; Ssaddit in allen nur denkbaren Größen. Dagon musste den größten Teil seiner Armee aufgeboten haben, um das Majunde-Dorf zu überfallen.
    Shannon ergriff mich am Arm und deutete mit der anderen Hand auf den Zauberer, der lauthals schreiend und die Arme zu einer beschwörenden Geste erhoben, auf den vordersten Höllenwurm zurannte. »Dieser Narr!«, keuchte er. »Er wird sich umbringen!«
    Sein Griff verstärkte sich so sehr, dass ich aufstöhnte – und plötzlich machte irgendetwas ganz deutlich Klick hinter meiner Stirn.
    Die Welt veränderte sich. Licht und Finsternis kippten um; aus hell wurde dunkel, aus dunkel hell, die Farben verschwanden und ich sah alles nur noch wie in einer monochromen, noch dazu ins Negative verkehrten fotografischen Aufnahme.
    Es war nicht das erste Mal, dass ich durch Shannons Augen sah.
    Der Nachthimmel war zu einer weißen, sonderbar bleichen Fläche geworden, die brennenden Risse und Klüfte im Boden zu finsteren Schächten, die Dunkelheit wie übles Pestlicht verstrahlten, die Ssaddit zu schwarzen Kreaturen der Hölle, die Spuren aus vernichtender Dunkelheit hinterließen, wo sie über den hellen Erdboden krochen.
    Dann spürte ich, wie etwas Unsichtbares, unglaublich Kaltes aus Shannon herauskroch und einen verborgenen Teil meiner Seele berührte, und mit einem Male hatte ich das Gefühl, ausgesaugt zu werden, binnen Sekundenbruchteilen jeglicher Kraft beraubt und leer. Ich taumelte. Wäre Shannons Hand nicht gewesen, wäre ich gestürzt.
    Plötzlich schrie Shannon auf, riss den Arm in die Höhe und deutete mit Zeigefinger und Ringfinger auf den Riesenwurm,

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