Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
dass ich Ihnen das Gehirn rausblase, wenn Sie auch nur in meine Richtung schauen.«
Ich stöhnte. Das Sprechen fiel mir schwer und vor meinen Augen tanzten noch immer bunte Kreise. Mein Kopf schmerzte unerträglich. »Verdammt, Teagarden, wenn Sie mich umbringen wollen, dann tun Sie es«, stöhnte ich. »Aber lassen Sie die anderen in Frieden, Sitting Bull hat Ihnen nichts getan.«
»Ach?«, erwiderte Teagarden. »Dann fragen Sie mal Matt – das ist der freundliche Herr mit der Narbe auf der Wange dort hinten. Sein Bruder war bei Custers Regiment.«
Ich begriff nicht gleich, was das mit unserer Situation zu tun hatte, aber Teagarden war überraschend redselig und fuhr fort: »Matt wartet schon seit langer Zeit darauf, endlich mit dieser Indianersau abrechnen zu können, wissen Sie? Er hat den gleichen guten Grund wie ich.« Er kicherte. »Schauen Sie ruhig zu, Craven. Es wird ein Schauspiel werden, an das Sie sich für den Rest Ihres Lebens erinnern werden. Die ganzen zehn Minuten«, fügte er hämisch hinzu.
Obwohl mir vor Wut schier die Tränen in die Augen schossen, hob ich vorsichtig den Kopf und sah zu Sitting Bull hinüber. Teagardens Killer hatten ihn mittlerweile in den Sattel gehoben. Zwei von ihnen hielten Sitting Bull fest, während ein anderer die Schlinge um seinen Hals legte und zusammenzog.
»Jetzt sprich endlich, Kerl!«, brüllte einer der Männer. »Gib zu, dass du es warst, der Custer ermordet hat!«
Sitting Bull schwieg. Sein Gesicht war wie Stein. Nur in seinen Augen loderte die Angst.
»Wie du willst!«, schrie der Killer. »Lasst das Pferd laufen, Jungs!«
Seine Kumpane gehorchten. Aber anders, als ich erwartet hatte, gaben sie dem Pferd keinen derben Hieb, der es mit einem Satz davonpreschen ließ, sondern führten das Tier fast behutsam am Zügel, sodass Sitting Bull langsam aus dem Sattel gehoben wurde. Voller Entsetzen begriff ich, dass die Schlinge ihn erwürgen würde!
Aber es kam anders. Eine halbe Minute lang ließen die Gunmen Sitting Bull hängen, dann hoben sie ihn an und setzten ihn wieder in den Sattel. Sitting Bull rang keuchend nach Luft.
»Sprich!«, brüllte der Bursche, den Teagarden Matt genannt hatte. »Gib’s zu und ich gebe dir eine Kugel. Sonst hängst du!«
»Ich habe Custer nicht getötet«, sagte Sitting Bull ruhig. »Er fiel im Kampf, aber nicht von meiner Hand. Das ist die Wahrheit!«
Matt brüllte vor Zorn. »Du lügst!«, kreischte er. »Gib es zu oder wir hängen dich auf!«
Aber Sitting Bull schwieg beharrlich.
Und ich spürte, dass er log.
Das heißt, nicht ganz. Es war das erste Mal, dass mich mein Talent, Lüge von Wahrheit zu unterscheiden, im Stich ließ. Ich fühlte genau, dass Sitting Bull nicht die Wahrheit sprach, aber er log auch nicht völlig. Es war ein verwirrendes Gefühl.
»Na gut!«, brüllte Matt. »Zieht ihn hoch, Jungs!«
Und zum zweiten Mal wurde das Pferd behutsam unter Sitting Bull hinweggeführt.
»Das … das ist bestialisch, Teagarden!«, stöhnte ich. »Wie lange wollen Sie ihn noch quälen?«
Teagarden lachte böse. »So lange es meinen Leuten Spaß macht«, sagte er.
»Aber das ist unmenschlich!«
Teagarden kicherte. »Und? Schließlich ist er ja nur ein Indianer, oder?«
Was mich bei diesen Worten wirklich erschreckte, war die Tatsache, dass ich spürte, dass Teagarden sie ganz genau so meinte, wie er sie aussprach. Für ihn war Sitting Bull – und überhaupt alle Indianer – wirklich kein Mensch.
»Sie verdammtes Ungeheuer!«, keuchte ich.
Und Teagarden lachte.
Ixmal war verwirrt. Sie hatten gewartet, bis sich die beiden Gruppen der weißen Götter vereinigten, dann waren sie näher herangeschlichen und hatten sie eingekreist. Die weißen Götter hatten Wachen aufgestellt, aber sie waren sehr ungeschickt gewesen; zwei von Ixmals Spähern hatten ihnen die Kehlen durchgeschnitten, ohne dass die anderen es auch nur merkten, und nun war alles für den Angriff bereit.
Trotzdem zögerte Ixmal noch, das Signal zu geben.
Er verstand nicht, was die fremden Götter dort taten: einige von ihnen hatten einen alten, ledergesichtigen Mann ergriffen und auf den Rücken eines jener schrecklichen vierbeinigen Ungeheuer gesetzt, auf denen sie reisten, und andere waren dabei, ihn mit Hilfe eines Seiles immer wieder in die Höhe zu ziehen.
Welche Bedeutung, überlegte Ixmal, mochte dieser Ritus haben? Eine Art Anbetung? Oder ein Zauber? Gleich, was es war, der alte Mann schien so etwas wie ihr Führer zu sein, denn
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