Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
die anderen, jüngeren mit hellen Gesichtern drangen immer wieder auf ihn ein und hingen wie gebannt an seinen Lippen. Aber der Alte sprach kaum. Vielleicht versuchte er auf diese Weise ein Orakel zu befragen – was einleuchtend schien, denn jedes Mal, wenn er die erwartete Antwort schuldig blieb, wiederholten sie die Prozedur.
C’ol’eric kam lautlos an seine Seite gekrochen und sah eine Weile zu, was die Fremden taten. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, begriff er den Sinn dieses Rituals so wenig wie Ixmal.
»Wie lange willst du noch warten?«, fragte er.
Ixmal überlegte sich seine Antwort sehr wohl. C’ol’eric war kein geduldiger Mann und seine Wutausbrüche waren im ganzen Stamm gefürchtet.
Und vielleicht hatte er sogar Recht.
»Nicht länger«, antwortete Ixmal. »Wir greifen an. Der Moment ist günstig. Solange sie ihr Orakel befragen, sind sie abgelenkt.«
Er legte mit geübten Bewegungen einen Pfeil auf die Sehne seines armlangen Bogens, zielte kurz und schoss.
Der Pfeil sirrte davon, bohrte sich zwischen die Schulterblätter eines der weißen Dämonen und tötete ihn auf der Stelle. Und er war gleichzeitig das Signal für alle anderen, zu schießen.
Ein wahrer Hagel von Geschossen ging auf die weißen Götter nieder und die allermeisten trafen ihre Ziele. Die Weißen begannen zu schreien und wild durcheinander zu laufen und auch eines ihrer Ungeheuertiere brach getroffen zusammen, wobei es fürchterliche, schrille Laute ausstieß.
Plötzlich hob einer der weißen Götter sein Donnerrohr und zielte damit in Ixmals Richtung. Ixmal duckte sich, einen Herzschlag, bevor das fürchterliche Ding Feuer und Rauch spie und dabei brüllte wie der große Drachen selbst. Das Höllenfeuer verfehlte Ixmal und traf stattdessen den Stein über seinem Kopf und selbst der Fels schrie vor Schmerz: ein hoher, jaulender Ton, der nur langsam verklang.
Im nächsten Augenblick war der weiße Gott tot, von acht oder neun Pfeilen gleichzeitig getroffen. Aber jetzt begannen auch die anderen ihre Donnerrohre zu heben und plötzlich schienen die Berge selbst unter dem Donnern und Brüllen dieser schrecklichen Waffen zu erbeben. Ixmal sah, wie sich seine Krieger erschrocken duckten und die Angst in vielen Gesichtern erschien. Ganz zweifellos waren es schreckliche Dämonen, die die weißen Götter in diesen Donnerrohren gefangen hatten – und die sie auf Ixmals Stamm loslassen würden!
»Den Alten!«, schrie Ixmal. »Tötet den Alten! Wenn er stirbt, sind sie machtlos!«
Und im gleichen Moment sprang er auch schon auf, zerrte seine Axt aus dem Gürtel und sprang mit schnellen, weit ausgreifenden Schritten auf den alten Medizinmann zu …
Es war wie ein Albtraum. Der Angriff hatte so übergangslos begonnen, dass die Hälfte von Teagardens Männern schon tot oder verletzt war, ehe die anderen auch nur auf den Gedanken kamen, ihre Waffen zu ziehen und zurückzuschießen.
Die Pfeile sirrten scheinbar aus dem Nirgendwo heran. Die Angreifer mussten das Lager umzingelt haben, denn die Geschosse kamen von überall her – und fast alle trafen. Direkt neben mir riss einer von Teagardens Killern sein Gewehr hoch und feuerte wild und ohne zu zielen auf die Felsen, zwischen denen die schlanken Geschosse hervorzischten. Plötzlich taumelte er, ließ seine Waffe fallen und griff sich an den Hals.
Als er zusammenbrach, ließ ich mich zur Seite fallen, rollte mich blitzschnell auf den Rücken und trat Teagarden das Gewehr aus der Hand. Der Spieler keuchte – das erste Mal vor Überraschung, das zweite Mal aus einem gänzlich anderen Grund: als ihn mein Fuß nämlich dicht unterhalb der Rippen traf.
Ich kann nicht unbedingt behaupten, dass es Absicht war – aber ich rettete Teagarden damit das Leben, denn er brach ohnmächtig zusammen; im gleichen Moment, in dem ein Pfeil hinter ihm an den Felsen zersplitterte. Genau dort, wo Augenblicke zuvor noch sein Kopf gewesen war.
Blitzschnell überzeugte ich mich davon, dass er wirklich bewusstlos war, stemmte mich mühsam auf die Füße und stieß vorsichtshalber sein Gewehr davon; nur für den Fall, dass er doch aufwachen sollte.
Noch immer regneten Pfeile auf uns nieder. Teagardens Männer hatten endlich auf die Gefahr reagiert und standen wenigstens nicht mehr wie Zielscheiben herum, sodass die meisten Geschosse nunmehr ins Leere gingen. Aber auch ihr wütendes Feuer schien wenig Erfolg zu haben, denn die Angreifer zeigten sich nicht, sondern blieben in der sicheren
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