Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
begreifen begann, dass heute irgendetwas anders war als sonst. Dass das Helle nicht kommen und es somit nicht ausruhen konnte.
Das Ungeheuer reagierte auf die einzige Weise, auf die es überhaupt auf irgendeine Störung seines normalen Lebensablaufes reagieren konnte.
Mit Wut.
Teagarden war blass geworden. Er versuchte etwas zu sagen, aber es gelang ihm nicht. In seinem Hals schien ein Kloß zu sitzen; der ihn nachhaltig am Sprechen hinderte. Aber ich konnte ihn gut verstehen. Die Situation hatte sich so grundlegend geändert, wie sie sich nur ändern konnte.
Die Indianer waren fort, wie ein böser Spuk verschwunden, kaum dass Sitting Bull die ersten Worte in jener sonderbaren Sprache gesprochen hatte, und für wenige kurze Augenblicke hatte sich die schmale Schlucht in ein heilloses Chaos verwandelt, ein Durcheinander aus verwundeten oder einfach aus Angst schreienden Männern, durchgehenden Pferden und Staub.
Annie und Buffalo Bill hatten diese wenigen Momente genutzt; auf genau die Art, die ich von ihnen erwartet hatte – und jetzt starrten Teagarden und die Hand voll Männer, die ihm geblieben waren, in die Läufe ihrer eigenen Waffen.
»Nun, Ralph?« Cody hatte alle Mühe, den Triumph nicht zu deutlich in seiner Stimme mitklingen zu lassen. »So schnell kann sich das Blatt wenden, siehst du?« Er grinste, hob das Gewehr ein wenig höher und tat so, als spiele er am Abzug herum. Teagarden erbleichte noch mehr – was ich ihm nicht einmal verdenken konnte, denn die Mündung der Waffe deutete dabei weiterhin genau auf einen Punkt zwischen seinen Augen.
»Was … was willst du?«, würgte er. »Ich habe keinen Streit mit dir. Ich war hinter Craven her.«
Cody starrte ihn aus aufgerissenen Augen an, offensichtlich sprachlos über so viel Unverschämtheit auf einmal. Aber nur für einen Moment. Dann grinste er.
»Stimmt«, sagte er. »Gut, dass du mich daran erinnerst, Ralph. Das hätte ich jetzt fast vergessen. Hier, bitte.«
Und mit diesem hier, bitte wandte er sich halb um, lächelte mich an und drückte mir Teagardens Gewehr in die Hand.
Teagarden keuchte. »Was … was soll das, Bill? Der … der Kerl wird mich umbringen!«
»Aber, aber«, antwortete ich tadelnd. »Sie schließen zu rasch von sich auf andere, Mister Teagarden. Ich habe nichts dergleichen vor.«
Teagarden starrte mich ungläubig an, dann atmete er erleichtert auf.
Im ersten Moment. Dann wurde sein Lächeln ein wenig verkrampft, denn ich hob das Gewehr und visierte sein Gesicht durch das Zielfernrohr hindurch an. Mein Finger näherte sich dem Abzug. Ich spürte, wie leicht er sich bewegte. Offensichtlich war er abgefeilt.
»Um Ihre eigenen Worte zu zitieren, Teagarden«, sagte ich freundlich, »dieses Tal ist dafür bekannt, dass es Menschen frisst. Niemand wird sich etwas dabei denken, wenn Sie nicht zurückkommen. Und niemand wird Ihnen eine Träne nachweinen, schätze ich.«
»Das … das können Sie nicht machen!«, wimmerte Teagarden.
»Aber natürlich kann ich«, antwortete ich fröhlich. »Passen Sie auf – ich beweise es Ihnen.«
Teagarden kreischte, schlug die Hände über den Kopf und krümmte sich vor Furcht.
Eine Hand berührte mich an der Schulter, sodass ich vor Schrecken beinahe wirklich abgedrückt hätte – was ungefähr das Letzte war, was ich beabsichtigte. Zornig fuhr ich herum und erkannte Sitting Bull.
»Das reicht, Blitzhaar«, sagte er ruhig. »Wir müssen fort.«
Seine Worte waren dabei von einem solchen Ernst, dass ich nicht einmal fragte, warum, sondern nur nickte und Cody das Gewehr zurückgab.
Annie und Postlethwaite hatten die Zeit, die wir geopfert hatten, um Teagarden einen kleinen Schrecken einzujagen, gut genutzt. Sie hatten die Überlebenden von Teagardens kleiner Lynchpartie zusammengetrieben und ihnen die Waffen abgenommen. Von den gut fünfzehn Mann, die Teagarden mitgebracht hatte, lebten noch neun; zwei davon so schwer verwundet, dass ich ernsthaft bezweifelte, ob einer von ihnen den nächsten Morgen noch erleben würde. Und die, die mit halbwegs heiler Haut davongekommen waren, waren so eingeschüchtert und verschreckt, dass sie mit Sicherheit keine Gefahr mehr darstellten. Trotzdem hielt Annie die Bande mit gleich zwei Gewehren – in jedem Arm eines – in Schach, während Postlethwaite mit weitaus mehr gutem Willen als Erfolg versuchte, die Pferde zusammenzutreiben. Sitting Bull sah ihm einen Moment kopfschüttelnd dabei zu und half ihm dann, während ich an Annies Seite
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