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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war alles. Das Buch lag neben ihr. Trotz aller Anstrengung war es mir nicht gelungen, das unheilige Band zu durchtrennen, das ihren Geist mit den Mächten dieses verfluchten Buches verband. Aber zumindest war sie nicht mehr gefährlich.
    Wenigstens redete ich mir das ein …
    Mrs. Peddigrew, die Krankenschwester, die ich engagiert hatte, blickte kurz von der Lektüre ihres Buches auf und lächelte pflichtschuldig, als sie mich erkannte. »Alles in Ordnung, Mr. Craven«, sagte sie im Flüsterton. »Sie schläft.«
    Welch originelle Feststellung, dachte ich ärgerlich. Trotzdem rang ich mir ein flüchtiges Nicken ab. »Gut. Ich … bin für ein paar Stunden unten in der Halle zu erreichen. Schicken Sie einen Pagen, wenn sich irgendetwas verändert.«
    Mrs. Peddigrews Gesichtsausdruck sagte mir sehr deutlich, was um alles in der Welt sich wohl bei einer vollkommen Geistesgestörten ändern sollte, die seit zwei Wochen in ihrem Bett lag und gefüttert und sauber gehalten werden musste wie ein kleines Kind. Aber sie sagte trotzdem: »Selbstverständlich, Mr. Craven. Ich werde aufpassen.« Bei dem Gehalt, das ich ihr für ihre Dienste zahlte, hatte ich ihr das auch geraten. Und bei dem kleinen Vermögen, das ich noch draufgelegt hatte, um auch ihr Stillschweigen zu erkaufen, erst recht.
    Leise schloss ich die Tür, durchquerte mein Zimmer und trat auf den Flur hinaus. Die vornehme Ruhe teurer Hotels nahm mich in Empfang, als ich mich der Treppe näherte, und ein livrierter Diener huschte in eine Wandnische und versuchte, unsichtbar zu werden. Ich nickte ihm freundlich zu und bekam ein verlegenes Grinsen zur Antwort. Der Mann stand wie Mrs. Peddigrew weitaus mehr in meinen Diensten als in dem des Hotels. Wenn man es genau bedachte, hatte ich ohnehin so ungefähr das halbe Hotel gekauft. Die Summe, die ich ausgegeben hatte, um Leute zu bestechen und mir ihr Stillschweigen zu erkaufen, war schon nicht mehr lustig. Aber ich wollte verhindern, dass man anfing, sich in der Stadt Gedanken über einen sonderbaren jungen Mann mit einer noch sonderbareren weißen Haarsträhne zu machen, der zusammen mit einem geistesgestörten Mädchen in einem der teuersten Hotels der Stadt wohnte. So hatte ich kurzerhand die ganze Etage gemietet und jedem, der mich auch nur fragend ansah, das Maul gestopft. Mit Geld. Wenigstens bemühte ich mich mir einzureden, dass es mir gelungen war.
    Ich versuchte an erfreulichere Dinge zu denken und lief die Treppe hinunter, so schnell es gerade noch ging, ohne Aufsehen zu erregen. Ich war halbwegs außer Atem, als ich im Foyer anlangte; trotzdem fuhr ich, nachdem ich mich einen Moment lang vergeblich umgesehen hatte, noch einmal herum, lief ein paar Schritte die Treppe hinauf und hielt von dieser erhöhten Position aus Ausschau nach Howard und Rowlf.
    Keine Spur – natürlich nicht. Es waren noch gute zwanzig Minuten bis zum vereinbarten Zeitpunkt, und H.P. war einer der pünktlichsten Menschen, die ich kannte. Wenigstens war er es bis zu diesem Zeitpunkt gewesen. Denn ich hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da wurde die Eingangstür unsanft aufgestoßen und ein als Mensch verkleideter Grizzlybär mit rotem Haar polterte herein, einen völlig konsternierten Türsteher am Kragen gepackt und vor sich hertragend. »Watt heiß hier, so kommsste nich rein, Freundchn?«, grölte eine mir wohl bekannte Stimme. »Wir sind verabredet, mit eim von euren piekfeinen Gästen, wa! Und du wirst mir nich erzählen, dasse -«
    »Rowlf!« Mein Schrei war so laut, dass für eine Sekunde jedermann in der Halle die Luft anzuhalten schien. Dutzende von Augen richteten sich auf mich und mehr als eine Stirn legte sich missbilligend in Falten, dass ich es gewagt hatte, die heilige Ruhe dieser Hallen zu stören. Soviel zum Thema Unauffälligkeit.
    Aber das war mir egal, im Moment zumindest, und eine Sekunde später richtete sich die allgemeine Aufmerksamkeit auch wieder auf Rowlf, der meinen Schrei mit einem mindestens drei Mal so lauten »Bob! Ich werd nich mehr!« beantwortete und mit Riesenschritten auf mich zuzulaufen begann.
    Den unglückseligen Portier schien er dabei völlig vergessen zu haben, denn er schleifte ihn einfach mit sich, seine keuchenden Protestlaute ignorierend. Erst als er den Fuß der Treppe erreicht hatte, ließ er ihn los – er landete prompt auf dem Hinterteil und blieb vollkommen verwirrt sitzen. Eine Sekunde später lagen Rowlf und ich uns in den Armen, drückten und quetschten uns und

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