Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Titel: Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Sie nun wirklich nicht«, fuhr er ohne Pause fort. »Ihr Anzug ist zwar maßgeschneidert, aber mindestens zwei Jahre alt. Ein Modenarr würde ihn schon seit längerer Zeit nicht mehr tragen.«
    »Wie sind Sie darauf gekommen, dass ich ein abenteuerliches Leben führe? Dass ich ständig vor Gefahren auf der Hut sein muss?« wollte ich wissen.
    »Nun, Ihre Art sich zu bewegen, verrät fortwährende Anspannung, ja sogar eine Spur von Furcht. Mir scheint, Sie werden verfolgt und oftmals in Kämpfe verwickelt. Ihre Hände sind vernarbt, die Nägel weisen Kratzer auf. Und dann wäre da auch noch die Waffe, die Sie mit sich führen. Ihr Stock ist mehr als ein einfacher Spazierstock, habe ich Recht? Er ist alt und mit Kerben übersät, was so gar nicht zu ihrem ansonsten sehr gepflegten Erscheinungsbild passen will. Da er nicht wertvoll genug ist, um ein altehrwürdiges, kostbares Erbstück zu sein, kann er folgerichtig nur einen nützlichen Zweck erfüllen. Oben am Knauf ist das Holz des Stockes blankgescheuert – ein Merkmal, das sich auch an Ihrem Gürtel findet, genau an der Stelle, wo Sie ihn wohl des Öfteren zu tragen pflegen. Ein ungewöhnlicher Platz für einen Spazierstock, nicht jedoch für den Degen, der sich zweifellos in ihm verbirgt. Und um die Beweiskette für ihr gefährliches Leben abzuschließen, will ich noch die kleine Narbe erwähnen, die sie unmittelbar unterhalb des Haaransatzes tragen und die vermutlich auch für die weiße Strähne verantwortlich zeichnet.«
    »Erstaunlich«, sagte ich. Zu mehr als diesem einen Wort reichte es nicht – ich war schlichtweg überwältigt.
    Er nahm meine Äußerung als Bestätigung seiner Theorie und berechtigterweise auch als Kompliment. Sein Lächeln wirkte ausgesprochen selbstzufrieden und reizte mich, ihm zu widersprechen. Nicht, weil er etwa etwas Falsches gesagt hätte, sondern nur, um seiner Selbstgefälligkeit einen kleinen Dämpfer zu versetzen.
    »Was meine Lektüre angeht, liegen Sie jedoch ziemlich daneben«, sagte ich. »Ich lese mindestens ebenso viel Zeitungen wie Bücher.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht«, entlarvte er mich sofort. »Wäre dem so, hätte die frische Druckerschwärze an allen Ihren Fingern bleibende Spuren hinterlassen. Dies ist jedoch nur bei Daumen und Zeigefinger Ihrer rechten Hand der Fall, wie Sie sich unschwer selbst überzeugen können.«
    »Sie sind wirklich nur schwer hinters Licht zu führen«, musste ich widerwillig zugeben. »Wie haben Sie herausgefunden, dass ich einen Freund habe, den ich wegen seiner elenden Qualmerei wirklich manchmal in den tiefsten Schlund der Hölle wünsche?«
    »Wären Sie selbst Raucher, hätte ich Nikotinspuren an Ihren Fingern und Zähnen bemerken müssen. Aber nur Ihre Kleidung hat den Geruch von Tabak angenommen – das typische Virginia-Aroma amerikanischer Zigarren. Und wenn man weiß, welche Rauchkonzentration nötig ist, um sich derart in der Kleidung festzusetzen, dann kann man ohne Zögern davon ausgehen, dass Sie sich als Nichtraucher vom übermäßigen Tabakkonsum Ihres Freundes belästigt fühlen. Sie sehen, es ist alles elementar einfach – pure Logik!«
    »Und wieso ist es logisch, dass ich Robert heiße?«, sagte ich beinahe ärgerlich.
    »Dann stimmt es also?« In seiner Stimme klang jetzt Freude mit. »Ich muss zugeben, dass ich mich in dieser Beziehung mehr auf Spekulationen denn auf Tatsachen gestützt habe. Ihre Krawattennadel zeigt die Initialen RC – Vor- und Nachname, wie man vermuten darf. Die geläufigsten und beliebtesten Namen, die mit einem R beginnen, waren vor rund fünfundzwanzig Jahren – abzüglich Ihres geschätzten Alters also – Richard, Rudolph und Robert. Da Sie nicht aus England stammen, scheidet Richard wohl aus – Königstreue ist keine Eigenschaft, die sich in der Neuen Welt besonderer Wertschätzung erfreut. Rudolph ist mehr ein Name, der auf dem Kontinent verwandt wird – bleibt also Robert. Genau ins Schwarze getroffen, nicht wahr?«
    Er strahlte jetzt förmlich vor Selbstzufriedenheit, sonnte sich geradezu in ihrem Glanz, zumal ihn sein Gefährte, der während des ganzen Gesprächs den Mund nicht ein einziges Mal aufgemacht hatte, mit Blicken unverhohlener Bewunderung bedachte. Ich war es mir ganz einfach schuldig, ihm zu zeigen, dass er keinesfalls der intelligenteste, klügste und scharfsinnigste Mensch in der ganzen weiten Welt war.
    Und so schloss ich die Augen und konzentrierte mich, konzentrierte mich mit aller Macht auf sein Bewusstsein.

Weitere Kostenlose Bücher