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Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Titel: Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sah, wie mein Retter von einer Lanze am Bein getroffen wurde und sich krümmte. Ganz instinktiv schlug er mit seinem Schwert zu und verschaffte sich so noch einmal Luft, aber seine Bewegungen wurden bereits schwächer. Noch wenige Augenblicke und die Beduinen würden ihn schlichtweg überrennen.
    »Worauf wartest du?«, brüllte Ali.
    »Wir müssen ihnen helfen!«, schrie ich. »Sie töten sie sonst!«
    Ali blieb stehen, starrte mich an, als zweifle er an meinem Verstand – was er wohl auch tat – und setzte zu einer Antwort an.
    Aber ich hörte nicht mehr zu. Die Lage begann allmählich mehr als nur ernst zu werden, und wenn ich auch nur eine Sekunde zu lange zögerte, war es nicht nur um die beiden Tempelritter geschehen, sondern wohl auch um uns. Ich musste irgendetwas tun. Aber was?
    Und in diesem Moment fiel mir wieder ein, was Ali gesagt hatte – wozu zum Teufel hatte ich denn meine magischen Kräfte?
    Ich schloss für einen Moment die Augen, konzentrierte mich, soweit ich dazu überhaupt in der Lage war, und starrte gebannt auf einen Punkt hinter den Kämpfenden. Im ersten Moment geschah nichts. Dann …
    Erst war es nicht mehr als das Flimmern erhitzter Luft über dem Wüstenboden. Dann erschien ein Schatten. Ein zweiter, dritter, vierter … schließlich ein, dann zwei Dutzend, noch schemenhaft und verschwommen, ein fließendes Blitzen von Silber und Weiß und Rot.
    Zu unscharf. Ich konzentrierte mich weiter, fügte hier etwas hinzu, nahm dort eine Nuance weg. Geräusche, die dem Bild erst Leben gaben: das dumpfe Dröhnen zahlloser eisenbeschlagener Pferdehufe auf dem Boden, das Schreien und Schnauben der Pferde, die erbarmungslos vorangetrieben wurden.
    Das Bild wurde klarer, verfestigte sich weiter, gewann Farbe und schließlich die dritte, entscheidende Dimension.
    Plötzlich zerriss ein vielstimmiger Aufschrei den Schlachtenlärm. Die Beni Ugad, gerade noch im sicheren Bewusstsein ihres Sieges, verwandelten sich von einer Sekunde auf die andere in einen kopflos auseinander stiebenden Mob, als sie sich plötzlich nicht mehr zwei, sondern gut dreißig gewaltigen Tempelherren gegenübersahen, die mit gezückten Schwertern auf sie zusprengten.
    Der Canyon verwandelte sich endgültig in einen Hexenkessel. Die knapp zwanzig Beni Ugad versuchten kopflos zu flüchten, behinderten und verletzten sich dabei gegenseitig oder rannten einfach schreiend davon. Nur ein einziger Mann besaß den Mut – wahrscheinlich war es eher Verzweiflung –, seine Waffe zu heben und sich den gepanzerten Reitern entgegenzuwerfen.
    Ich veränderte die Wirklichkeit in seiner Umgebung ein bisschen. Nur eine Nuance – aber sie reichte, ihn dort, wo freier Raum war, eine Felswand sehen zu lassen, und offenes Gelände, wo sich die Canyonwand erhob. In vollem Galopp krachte er gegen den Felsen, wurde aus dem Sattel geschleudert und blieb reglos liegen.
    Ich sah nicht weiter hin, sondern fuhr auf dem Absatz herum und rannte zu Ali zurück, der die ganze unglaubliche Szene aus schreckgeweiteten Augen verfolgt hatte. Aber er besaß zumindest genug Geistesgegenwart, in diesem Moment keine Frage zu stellen, sondern sich mir wortlos anzuschließen.
    Wir erreichten die Felswand ungefähr in dem Moment, in dem die Beni Ugad auf die Armee der Tempelritter treffen mussten. Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ihre Panik noch einen gehörigen Moment anhalten würde, bis sie begriffen, dass das Reiterheer nur in ihrer Einbildung und sonst nirgends bestand, ein zweites, dass die beiden echten Templer genug Geistesgegenwart besaßen, ihre Chance zu nutzen, und ein drittes, dass meine und Alis Kräfte ausreichen mochten, die Felswand noch einmal zu ersteigen.
    Dann kletterten wir los, weitaus erschöpfter und müder als beim ersten Male.
    Wir schafften es nicht. Meine Kräfte versagten, kaum dass wir zwei, drei Yards der Felswand erstiegen hatten, und wäre Ali nicht gewesen, der ganz allein Letitia trug und mich noch mit der Schulter stützte, wäre ich wie eine reife Frucht wieder herabgefallen. Dabei war es nicht einmal so sehr die rein körperliche Erschöpfung, die mir zu schaffen machte. Ich bin kein Herkules, aber auch alles andere als ein Schwächling, und das Leben, das zu führen ich gezwungen war, hatte mich Strapazen zu ertragen gelehrt.
    Aber ich fühlte mich innerlich wie ausgebrannt. Leer und erschöpft wie nach einem Zwanzig-Meilen-Lauf. Die Anstrengung, den Beni Ugad das Bild einer heranstürzenden Templerarmee vorzugaukeln,

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