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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gehen meinte, in Wahrheit in die entgegengesetzte Richtung führte. Schließlich kamen wir in einen großen, sehr hohen Raum von nicht zu bestimmender Form und ich sah zum ersten Mal wieder Tageslicht, das durch mehrere bizarr geformte Fenster hereinfiel. Selbst dieses Licht kam mir fremd und falsch vor, als würde es von irgendetwas hier drinnen zu etwas anderem, Unheimlichem gemacht.
    Hennessey, Joshua und die übrigen achtzehn Kinder aus Brandersgate erwarteten uns. Ich suchte vergeblich nach einer weiteren Gestalt. Offensichtlich war der geheimnisvolle Meister der Kinder von Brandersgate noch nicht hier. Mein monströser Begleiter gebot mir mit einer Geste stehen zu bleiben.
    Schaudern sah ich mich um. Das tiefe Schwarz der Wände und des Bodens hatten es mich im ersten Moment nicht einmal bemerken lassen, doch jetzt sah ich, dass der Stein überall von einem dünnen, engmaschigen schwarzen Netz bedeckt war, in dem es ununterbrochen zitterte und wogte. Dabei hätte ich nicht einmal überrascht sein dürfen. Ich hatte ja schon in meiner ersten Nacht, noch ehe ich das Netz im Wald und später in der Sägemühle sah, bemerkt, dass die Kreatur auch im Wasser existierte. Vermutlich war das hier ihr Zentrum. Und erst jetzt bemerkte ich, dass auch hier das gleiche, grässliche Geschehen im Gange war, das ich schon in der Fabrik beobachtet hatte: Einige der Kinder – nicht alle, aber doch die meisten – waren auf furchtbare Weise mit dem lebenden Gewebe verbunden.
    War es vielleicht das, was auch mir bevorstand? Das Netz war zweifellos ein einziges, riesiges Geschöpf. Vielleicht würde auch ich bald Teil dieser gewaltigen, finsteren Kreatur sein, nur noch scheinbar ein lebendes Individuum, in Wahrheit aber nicht viel mehr als eine Puppe, die an nicht einmal unsichtbaren Fäden hing.
    Meine düsteren Überlegungen wurden unterbrochen, als ich Schritte hinter mir hörte. Ich drehte mich herum und sah zwei weitere TIEFE WESEN, die einen schlanken, gebeugt gehenden grauhaarigen Mann zwischen sich führten. Seine Augen waren verbunden und die Hände mit dünnen Stricken aneinander gefesselt. Eine weitere Fessel verband seine Fußgelenke miteinander, sodass er nur kleine, mühsame Schritte tun konnte. Ich hatte den Mann nie zuvor im Leben gesehen, aber ich wunderte mich doch ein wenig über die Art, auf die er gefesselt war. Er musste mindestens neunzig sein, wenn nicht älter, und schien auch ohne Fesseln nur mit Mühe in der Lage zu sein, sich fortzubewegen. Eine Gefahr stellte dieser Greis ganz gewiss nicht dar.
    Die beiden TIEFEN WESEN führten ihren Gefangenen an meine Seite, brachten ihn mit einem derben Ruck zum Stehen, dann riss ihm eines von ihnen die Augenbinde herunter; so grob, dass der Alte vor Schmerz stöhnte und um ein Haar gestürzt wäre.
    Automatisch griff ich zu und fing ihn auf. Die Krötengeschöpfe versuchten nicht, mich daran zu hindern.
    Der Alte murmelte ein automatisches Danke, hob den Kopf – und seine Augen weiteten sich ungläubig, als er in mein Gesicht sah.
    Und auch ich fuhr überrascht zusammen. Ich hatte sein Gesicht noch nie gesehen, aber diese Augen schon. Es waren Augen, die ich niemals mehr im Leben wirklich vergessen sollte, obgleich ich sie nur ein einziges Mal und auch da nur hinter einer metallenen Maske hervorblickend zu Gesicht bekommen hatte.
    »Crowley!«, murmelte ich ungläubig.
    Der Alte löste sich aus meinem Griff, stolperte einen ungeschickten Schritt zurück und sagte in ebenso ungläubigem, erschrockenem Ton wie ich: »Robert!«
    Es war Crowley. Ein Zweifel war gar nicht möglich. Es waren seine Augen und es war seine Stimme. Jetzt verstand ich überhaupt nichts mehr.
    »Robert!«, stammelte er. »Sie … sie haben Sie gefangen! Großer Gott, jetzt ist alles verloren. Ich … ich dachte, Sie wären entkommen. Warum sind Sie zurückgekommen?«
    »Woher wissen Sie das?«, murmelte ich. »Was geht hier vor, Crowley?«
    »Crowley?«, wiederholte Crowley verwirrt. »Aber ich -«
    »Wie ich sehe, haben Sie sich bereits bekannt gemacht«, sagte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich herum und blickte in Cohens Gesicht. Er war im wahrsten Sinne des Wortes wie aus dem Nichts hinter mir aufgetaucht und beobachtete Crowley und mich abwechselnd aus amüsiert glitzernden Augen. »Schade, dass uns nicht mehr Zeit bleibt«, sagte er. »Ich glaube, es hätte mich amüsiert, Ihnen noch eine Weile zuzuhören.«
    Ich starrte ihn sekundenlang voller unverhohlenem Hass an, wandte mich

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