Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
dem schwarzen Gespinst erfasst.
    Diesmal dauerte es sehr viel länger. Crowley stand reglos da und auch Joshua und die anderen Kinder schienen zu Statuen erstarrt zu sein, doch ich konnte regelrecht fühlen, wie etwas von ihnen genommen und dem alten Mann gegeben wurde, eine schreckliche Transfusion von … Lebenskraft, die das Gewebe aus ihren jungen Körpern heraussaugte, um den des alten Mannes damit zu füttern.
    Als es vorbei war, schien Crowley um mindestens zehn Jahre jünger geworden zu sein. Sein Gesicht war noch immer voller Falten und Runzeln, seine Haut alt und von grauen und braunen Flecken übersät, aber seine Haltung verriet eine neu gewonnene Kraft und Stärke und in seinen Augen glomm ein unheimliches Feuer.
    Und endlich begriff ich es.
    Crowley war nicht mehr als eine furchtbare Art von Vampir, ein Wesen, das in der Lage war, Menschen ihre Lebenskraft zu stehlen, sie zu trinken, wie eine Vampirfledermaus das Blut ihrer Opfer, und dem Tod und dem Alter auf diese Weise zu trotzen.
    Dies also war es, was ich die ganze Zeit über gespürt hatte. Der Grund, aus dem dieses Dorf so unheimlich schnell verfallen und gealtert war, der Grund, aus dem aus seinen Kindern lange vor der Zeit kleine Erwachsene geworden waren; und aus seinen Erwachsenen lange vor der Zeit Greise.
    Crowley stahl ihnen ihre Zeit.
     
    Ich war auf die gleiche Weise wie Cohen gefesselt worden und man hatte uns in einen kleinen Raum auf der gleichen Ebene des Turmes gebracht und allein gelassen. Es dauerte lange, bis Cohen seine Beherrschung auch nur weit genug wiederfand, dass ich mit ihm reden konnte. Und es dauerte fast noch länger, bis ich meine Gedanken wieder weit genug geordnet hatte, um auch nur ein vernünftiges Wort herauszubringen. Ich erzählte Cohen, was mir nach Alyssas Tod und meiner überhasteten Flucht widerfahren war, aber er blickte mich nur völlig verständnislos an. Trotzdem unterbrach er mich nicht, sondern ließ mich in Ruhe zu Ende berichten, und er schwieg auch dann noch eine ganze Weile, in der er mit leerem Blick an mir vorbeistarrte. Schließlich begann auch er zu erzählen, mit müder, schleppender Stimme und immer wieder von großen, von einem unguten Schweigen erfüllten Pausen unterbrochen. Ich begann zu begreifen, dass der Mann, den ich für Cohen gehalten hatte, schon lange nicht mehr er gewesen war. Wie ich erfuhr, hatte er Cordwailers Haus kurz nach mir verlassen, in der Nacht, in der ich mich das erste Mal mit Alyssa traf. Er war uns unbemerkt gefolgt, hatte dann aber kehrt gemacht, während ich zum Strand hinunterkletterte, und war auf dem Weg zurück am Waldrand auf Crowley und einen seiner Helfer gestoßen. Er war ihnen bis zum Sägewerk gefolgt und hatte dort dasselbe entdeckt wie ich – nämlich, das schwarze Netz, das die Kinder gefangen hatte. Und er war in die gleiche Falle getappt wie ich. An diesem Punkt seiner Erzählung unterbrach ich ihn und hakte nach, denn was er sagte, erschien mir eigentlich nicht möglich, hatte ich doch zur gleichen Zeit Hennessey und die Kinder von Brandersgate beobachtet, wie sie ins Meer hinausmarschierten. Aber Cohen beharrte auf seiner Version. Offensichtlich war das Geheimnis um die Kreatur aus dem Meer und Crowley noch weitaus größer, als ich bis jetzt ahnte.
    Damit war sein Bericht auch schon beinahe zu Ende, denn er erinnerte sich nur, endlose Stunden an Händen und Füßen gefesselt und mit verbundenen Augen auf hartem Stein gelegen zu haben; und daran, dass er sich während dieser Zeit so alt und hilflos vorgekommen war wie niemals zuvor. Schließlich hatte man ihn gepackt und in die Halle geführt, in der er sich mir gegenübersah – und nur wenige Augenblicke später sich selbst.
    »Das war Crowley«, sagte ich. »Sein Geist hat Besitz von Ihrem Körper ergriffen, Cohen. Und der Ihre von seinem.«
    Cohen blickte mich wortlos an. Ich konnte in seinen Augen lesen, dass er sich einfach weigerte, das Gehörte als wahr zu akzeptieren – obwohl er selbst sehr gut wusste, dass es so war.
    »Mein Gott, Craven«, murmelte er erschüttert. »Es war … es war grauenhaft. Wenn es das ist, was uns erwartet, dann will ich niemals alt werden.«
    »Vermutlich ist Crowley viel älter, als er aussieht«, sagte ich. »Ich nehme an, dass er Jahrhunderte alt ist.«
    »Und er stiehlt seit Jahrhunderten den Menschen ihre Lebenszeit?«, flüsterte Cohen erschüttert.
    Ich antwortete nicht darauf. Vielleicht tat er es, vielleicht auch nicht. Vielleicht waren wir hier

Weitere Kostenlose Bücher