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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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achtundzwanzig Jahren. Ich schenkte ihm einen zornigen Blick, der die Hilfsbereitschaft in seinen Augen in Verachtung verwandelte, ignorierte seine ausgestreckte Hand und bezahlte für diesen Hochmut damit, dass ich um ein Haar auf der Nase gelandet wäre, als ich den zweiten Schritt auf den Bahnsteig hinab machte. Der junge Mann starrte mich nur kalt an, dann zuckte er mit den Schultern und ging seiner Wege und auch ich drehte mich herum und hielt in dem Gewühl auf dem Bahnsteig nach Cohen Ausschau. Ich entdeckte ihn in zwanzig oder dreißig Schritten Entfernung. Er hatte sich ein Stück von der Bahnsteigkante entfernt und steuerte einen Zeitungskiosk an, wohl um sich die Times zu kaufen und sich über die Ereignisse der letzten Tage, die wir von der Außenwelt praktisch abgeschnitten gewesen waren, zu informieren. Er war nicht allein. Neben ihm schritt ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann in einem maßgeschneiderten, aber völlig verdreckten und heruntergekommenen Anzug einher, mit dem sich Cohen im Gehen angelegentlich unterhielt. Der Fremde kam mir vage bekannt vor, aber ich achtete nicht weiter darauf, sondern versuchte meinerseits schneller auszuschreiten und Cohen einzuholen, ehe ich ihn in der Menschenmenge hier im Bahnhof vollends aus den Augen verlor. Es gelang mir nicht. Ich wollte laufen, aber mein Körper verweigerte mir einfach den Dienst. Alles, wozu ich in der Lage war, waren kleine, mühsame Schritte und selbst diese kosteten mich all meine Kraft, sodass ich nach wenigen Yards bereits hörbar zu keuchen begann. Mein Herz klopfte heftig und hart in meiner Brust und auch die Stelle an meinem Hals tat wieder mehr weh. Automatisch hob ich die Hand an meine Kehle und fühlte einen winzigen, erst halb verkrusteten Schnitt unter den Fingerspitzen. Seltsam – ich konnte mich nicht erinnern, mich dort verletzt zu haben.
    Trotzdem versuchte ich schneller zu laufen. Hast und Schwäche ließen mich wohl unaufmerksam werden, denn ich rempelte eine junge Frau an, die ärgerlich herumfuhr und dazu ansetzte, etwas zu sagen. Aber kaum war ihr Blick in mein Gesicht gefallen, da erstarrte sie regelrecht. Ihre Augen weiteten sich. Ich sah, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich und ihre Lippen zu zittern begannen. Ich musste wirklich einen schlimmen Anblick bieten.
    Ich murmelte eine Entschuldigung und ging weiter, aber ich sah aus den Augenwinkeln, wie sie sich herumdrehte und mir mit Blicken folgte. Unter normalen Umständen wäre ich jetzt vielleicht stehen geblieben und hätte sie zur Rede gestellt, oder mich zumindest in angemessener Form entschuldigt, aber die Umstände waren nicht normal. Ich war krank, das spürte ich. Irgendetwas war mit mir geschehen, in Brandersgate oder auf dem Weg von dort, und ich musste Cohen erreichen, ehe er verschwand.
    Wären sein Begleiter und er einfach weitergegangen, so hätte ich es nicht geschafft. Gottlob aber blieb Cohen tatsächlich vor dem Kiosk stehen und bedeutete dem Verkäufer, ihm eine Times auszuhändigen, sodass es mir gelang, trotz des Schneckentempos, zu dem ich gezwungen war, den Abstand zwischen uns wieder zu verkleinern. Als ich noch fünf Schritte von ihm entfernt war, rief ich seinen Namen.
    Ich erschrak selbst, als ich meine Stimme hörte. Sie klang nicht wie meine Stimme. Sie klang alt, dünn, gebrechlich; ein heiseres Fisteln, das überhaupt keine Ähnlichkeit mit meiner eigenen Stimme hatte. Cohen hörte den Ruf offenbar nicht, aber dafür drehte sich der junge Mann neben Cohen herum und ich sah zum ersten Mal in sein Gesicht – und erlebte den größten Schock meines Lebens.
    Ich blickte in ein schmales, fast asketisch geschnittenes Gesicht, das von einem schwarzen, messerscharf ausrasierten Bart beherrscht wurde. Eisgraue Augen blickten mich mit einer Kälte an, die mich schaudern ließ, und im Haar meines Gegenübers erkannte ich eine helle, blitzförmig gezackte Strähne, die offensichtlich durch dunkle Farbe unkenntlich gemacht worden war, aber nicht gut genug, dass man sie nicht sah. Zumindest ich erkannte sie, denn ich wusste genau, wonach ich zu suchen hatte. Schließlich kannte ich dieses Gesicht wie kein anderes.
    Fassungslos starrte ich den Mann an, der mein Gesicht hatte, mein Haar, meine Augen, der sich bewegte wie ich, ja, der sogar die gleiche Kleidung trug, die ich bei meiner Abfahrt aus Brandersgate am Leibe gehabt hatte. Es war kein Doppelgänger. Dieser Mann war ich.
    Neben Wilbur Cohen stand ich selbst.

 

     
     
    Mir war sehr

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