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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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halb so alt wie ich! – den Arm und winkte mich heran.
    »Willst du da rumstehen und dir eine Lungenentzündung holen?«, fragte er.
    Als ich nicht antwortete, senkte er den Arm und schlug mit der flachen Hand auf den Boden neben sich, ganz in der Art, in der man einem Kind oder auch einem Hund befahl Platz zu nehmen. »Nun komm schon her«, fuhr er fort. »Hier ist es zwar auch nicht wärmer, aber wenigstens trocken.«
    Widerstrebend gehorchte ich. Die Blicke der anderen folgten mir weiter mit einer Mischung aus Vorsicht und gelangweiltem Interesse, das im Moment nur kein lohnenderes Objekt fand, während ich mit kleinen, mühsamen Schritten zu ihm ging und mich ächzend auf den Boden sinken ließ. Die Mühe, die mir schon diese kleine Bewegung bereitete, erschreckte mich zutiefst. Zum Teufel, ich war nicht einmal mehr sicher, ob ich mich aus eigener Kraft wieder erheben konnte!
    »Mein Name ist Landon«, sagte der Grauhaarige. »Und wer bist du?«
    »Robert«, antwortete ich einsilbig.
    »Robert.« Landon wiegte den Kopf, als wiederhole er den Namen ein paar Mal in Gedenken, wie um sich an seinen Klang zu gewöhnen, oder ihn zu beurteilen. »Bob also«, sagte er. »Bist du neu hier?«
    Eigentlich nur um nicht unhöflich zu sein, antwortete ich: »In London? Nein. Aber ich war … eine Weile fort.«
    »Und jetzt willst du nicht zurück in dein altes Revier, wie?«
    »Mein Revier?« Ich runzelte verwirrt die Stirn. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz …«
    Landon sah mich einen Moment lang durchdringend an und ich konnte genau sehen, dass er überlegte, ob ich ihm nun etwas vormachte oder ob meine Unwissenheit echt war. Dann seufzte er. »Ich verstehe. Du bist noch nicht lange dabei.«
    »Dabei?«
    »Auf der Walze«, erklärte Landon mit einer entsprechenden Geste. »Vogelfrei. Auf der Rolle. Nicht sesshaft.« Die beiden letzten Worte sagte er mit komisch verstellter Stimme, als hätten sie für ihn und die anderen eine besondere, mir nicht verständliche Bedeutung.
    Ich nickte. »Nein«, sagte ich. »Erst seit … seit kurzer Zeit.«
    Landons Worte erfüllten mich nicht nur mit Verwirrung, sie erschreckten mich auch, und das weit mehr, als ich mir eingestehen wollte. Mir war klar, dass ich nach den Geschehnissen am Bahnhof und der vergangenen Nacht, die ich im Schutze einer ausgebrannten Ruine verbracht hatte, keinen besonders guten Eindruck mehr machen konnte; zumal die Kleider, die ich zusammen mit dem Körper von Crowley geerbt hatte, sowieso nicht viel mehr als bessere Lumpen gewesen waren. Und trotzdem hatten mich diese Leute sofort und ohne zu zögern als einen der ihren erkannt.
    »Was ist passiert, Bob?«, fuhr Landon redselig fort. »Hast du Konkurs gemacht? Alles verspielt? Betrogen worden? Oder war es eine Frau?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich -«
    Landon unterbrach mich, indem er die Hand hob. »Hör mit dem Sie- Gesülze auf, Bob«, sagte er gutmütig. »Und ich komme darauf, weil man es dir ansieht, so einfach ist das.«
    »So?«, sagte ich überrascht.
    »Unsereins hat eine Nase für so was«, sagte Landon. »Weißt du, Geld stinkt vielleicht nicht, aber nur, solange man es hat. Geld, das man nicht mehr hat, hinterlässt einen deutlichen Gestank. Du kannst ihn überdecken, indem du immer wieder neues darüber häufst, aber wenn du eines Tages nichts mehr zum Nachlegen hast, dann stinkst du ganz erbärmlich.«
    Er lachte bitter und es war dieses Lachen, das mir klar machte, dass er aus Erfahrung sprach. »Vielleicht ist es auch nur der Gestank all der Ratten, die dich plötzlich nicht mehr kennen, wenn es mit dir abwärts geht.«
    »Eine … interessante Theorie«, sagte ich zögernd.
    »Du willst nicht darüber reden.« Landon nickte verständnisvoll. »Das ist in Ordnung.«
    »Er soll verschwinden«, sagte der Mann neben Landon. Er war irgendwo zwischen dreißig und vierhundert Jahren alt; ein großer, knochiger Kerl mit einem gemeinen Gesicht und einem hässlichen Ausschlag, der sich wie ein rotes Band um seinen gesamten Hals zog. »Am Ende hat er Dreck am Stecken und hetzt uns die Polizei auf den Hals. Wir können hier keinen Ärger gebrauchen.«
    Vorgestern, als ich noch ungefähr siebzig Jahre jünger gewesen war, hätte ich ihm für diese Worte allein die Nase noch ein wenig breiter geschlagen, als sie sowieso schon war. Jetzt sah ich ihn nur eine Sekunde lang traurig an und machte dann Anstalten mich zu erheben. Aber Landon legte mir die Hand auf den Arm und drückte mich mit sanfter

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