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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dämonenstatue aussah; trotz aller Fremdartigkeit eher lächerlich als bedrohlich. Aber das war es nicht, was ihm einen eisigen Schauer der Furcht über den Rücken laufen ließ.
    Es war der Umstand, dass er vollkommen sicher war, dass die Figur vor einer Minute noch nicht dort gestanden hatte.
     
    Mit dem Einbruch der Dunkelheit hatte der Regen noch zugenommen, sodass wir uns schließlich doch in den Schutz des leer stehenden Hauses zurückgezogen hatten. Ich war nicht einmal überrascht gewesen festzustellen, dass sich Landon und die anderen in der Ruine offenbar häuslich eingerichtet hatten – in einem großen Raum im Erdgeschoss fanden sich eine Reihe einfacher, aus schmuddeligen Lumpen und Fetzen bestehender Lager und es gab sogar ein paar herumgedrehte Kisten, die als Tischersatz dienten. Irgendwoher hatte Hank ein paar Kerzenstummel gezaubert (ich nahm an, dass er sie aus irgendeiner Mülltonne gesucht hatte), in deren flackerndem Schein wir unser »Abendessen« einnahmen, das aus einigen harten Brötchen, ein paar Scheiben kaum weniger hartem Brot und einem Schluck von Landons Magenvernichter bestand. Wir aßen schweigend und trotz der Einfachheit unseres Mahles mit fast zeremoniellem Ernst; und der Geduld von Menschen, die nichts außer Zeit besaßen – die allerdings im Übermaß.
    Nach dem Essen begann ich müde zu werden, und auch einige der anderen zogen sich in ihre »Betten« zurück, obwohl es nicht einmal sieben sein konnte. Es war viel zu früh dunkel geworden und draußen heulte der Wind um das Haus, als hätte der Höllensturm uns von Brandersgate aus hierher verfolgt. Landon hatte auf eines der Lumpenlager gedeutet und mir erklärt, dass ich es fürs Erste ruhig benutzen könnte. Ich hatte die Einladung jedoch nur zum Teil angenommen. Statt mich hinzulegen, hatte ich mich nur mit angezogenen Beinen auf das Lumpenbündel gehockt und das Kinn auf die Knie gestützt; eine Haltung, die unbequem war und es auch sein sollte. Hätte ich mich ausgestreckt, so wäre ich zweifellos auf der Stelle eingeschlafen, denn ich war schrecklich müde. Aber das wollte ich nicht, denn ich hatte zugleich Angst davor zu schlafen, wusste ich doch, dass dieser Schlaf mir keine Erholung bringen, sondern mich nur wieder in eine Welt voller Albdrücke und Gauen erregender Visionen entführen würde, aus der ich schreiend und in Schweiß gebadet und erschöpfter als zuvor erwachen musste.
    So saß ich einfach da, starrte ins Leere und versuchte mich irgendwie wach zu halten, was mir immer schwerer fiel, denn die anderen schliefen nach und nach ein, sodass ihr gleichmäßiges Schnarchen bald alles war, was die vom Heulen des Sturmes noch unterstrichene Stille durchbrach.
    Die Wahrheit war wohl, dass ich mich noch immer nicht mit meiner Lage abgefunden hatte und deshalb keinen Schlaf fand – und wie konnte ich auch? Noch vor zwei Tagen war ich ein junger, gesunder Kerl von noch nicht einmal dreißig Jahren gewesen und jetzt befand ich mich nicht nur im Körper eines Mannes, der zur Zeit wahrscheinlich mein schlimmster Feind war (obwohl ich daran eigentlich noch nie irgendeinen Mangel gehabt hatte), sondern noch dazu in einem Körper, dessen biologisches Alter ich auf gut und gerne hundert Jahre schätzte und der mit jeder Minute, die verstrich, unbarmherzig weiter alterte. Ich hatte von Anfang an geglaubt, dass Crowley mich töten wollte, aber das hatte er nie vorgehabt. Zwar war mir der Sinn seines ersten Mordanschlages in den Katakomben unter Andara-House nach wie vor rätselhaft, aber sein zweites Attentat auf mich ergab durchaus Sinn: Es war nicht mein Tod, den Crowley wollte, sondern mein Leben. Er hatte mir meine Zukunft gestohlen, so, wie er auch den Kindern von Brandersgate ihre Lebenszeit stahl, denn er hatte mir meinen Körper genommen und damit die dreißig oder auch vierzig Jahre, die die Natur eigentlich noch für mich vorgesehen gehabt hatte. Was mir blieb, das waren wahrscheinlich nur noch wenige Wochen, und vermutlich nicht einmal mehr das. Ich hatte es bisher auf meinen Schrecken und die Entbehrungen der beiden letzten Tage geschoben, aber ich spürte deutlich, dass meine Kräfte rapide nachließen. Vielleicht verfiel dieser Körper rasch, jetzt, nachdem Crowleys unfassbare Magie ihn nicht mehr beschützte. Das war ein weiterer Grund, aus dem ich es nicht wagte, die Augen zu schließen und einzuschlafen: Ich hatte Angst davor, nicht wieder aufzuwachen.
    Ein flatterndes Geräusch vom Fenster her drang in

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