Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London
zog ihn ein Stück zur Seite. »Ich erkläre Ihnen alles, aber im Moment ist nur eines wichtig: Schaffen Sie die Leute hier heraus. Ganz egal wie, aber sie müssen weg. Alle. Und zwar schnell.«
Selbst in meinen Ohren klang diese Erklärung reichlich dünn, aber Cohen überraschte mich nicht zum ersten Mal damit, im entscheidenden Augenblick keine überflüssigen Fragen zu stellen, sondern richtig zu reagieren. Trotz aller berufsmäßigen Skepsis, mit der er mich manchmal schier in den Wahnsinn treiben konnte, hatte er doch ein untrügliches Gespür für Gefahr und den Ernst einer Situation. Ohne irgendeine weitere Frage zu stellen, wandte er sich um und ging zu Montgomery und den anderen hinüber. Ich verstand nicht, was er sagte, aber die versammelten Wissenschaftler begannen lautstark zu protestieren – was ihnen natürlich herzlich wenig nutzte.
Während Cohen – unterstützt von einigen Bobbys – Montgomery und die anderen aus dem Raum hinauskomplimentierte, begannen Howard und ich damit, die Wände zu untersuchen. Wir wurden rasch fündig. Und diesmal wusste ich, was ich vor mir hatte, als ich die winzigen, wie mit einem Präzisionsbohrer in den Fels gefrästen Löcher sah, die mir schon gestern aufgefallen waren.
»Sie sind also wirklich von hier gekommen«, murmelte Howard düster.
»Was ist von hier gekommen?«, fragte Cohen. Er war lautlos wieder hinter uns getreten, aber ich antwortete erst, nachdem ich mich mit einem raschen Blick in die Runde davon überzeugt hatte, dass wir auch tatsächlich allein waren.
»Die Würmer, die Howard Ihnen gezeigt hat«, sagte ich. »Erinnern Sie sich?« Ich deutete auf die Löcher. »Das haben sie gemacht.«
Cohen sah mich zweifelnd an. »Das ist massiver Fels.«
Ich ersparte es mir zu antworten. Howard zog das Glas hervor, schraubte den Deckel ab und schüttelte vorsichtig einen der sich windenden Würmer heraus, ehe er es hastig wieder verschloss. Das Tier fiel auf den Boden, kroch zielsicher auf die Wand zu und begann sich unverzüglich hineinzufressen.
Cohens Augen wurden rund vor Staunen. »Aber das ist doch -«
»Nicht einmal das Schlimmste«, unterbrach ich ihn. »Passen Sie auf.«
Es dauerte nur einige Augenblicke, bis der Wurm sich zu teilen begann. Cohen schnappte hörbar nach Luft, als vor uns plötzlich zwei der widerwärtigen kleinen Geschöpfe daran gingen, sich einen Weg in den Felsen zu graben. Ich zertrat sie hastig.
»Das ist es, worüber ich mir Sorgen mache«, sagte ich. »Die Biester teilen sich, Cohen. Rasend schnell. Und ich nehme an, sie sind von hier gekommen.« Ich deutete auf die winzigen runden Löcher vor uns im Fels. »Ich habe bisher vier Löcher entdeckt, aber Howard und ich haben allein fünf Kolonien dieser Biester gefunden. Keine Sorge«, sagte ich rasch, als Cohen noch mehr erbleichte. »Wir haben sie vernichtet. Sie sind gottlob relativ einfach umzubringen. Aber wenn wir nur einen einzigen Wurm übersehen haben, sind die Folgen …«
Ich sprach nicht weiter, aber das war auch nicht nötig. Cohen war vielleicht ein berufsmäßiger Skeptiker, aber das bedeutete nicht, dass er phantasielos gewesen wäre.
»Wir müssen unbedingt wissen, wie viele von diesen Biestern hier aufgetaucht sind«, sagte Howard. »Helfen Sie uns, die Löcher zu suchen. Und beten Sie, dass es nicht mehr als fünf sind.«
»Aber was nutzt das?«, fragte Cohen. »Wenn Sie sich ununterbrochen teilen, können es schon tausende von Kolonien sein!«
»Eher Millionen«, sagte Howard düster. »Aber wenn Sie sich so benehmen wie die, die wir gefunden und vernichtet haben, dann bleiben sie offenbar zusammen. Ich nehme an, dass die Tiere, die von einer Mutterkreatur abstammen, immer in ihrer Nähe bleiben.«
»Und wenn nicht?«, fragte Cohen.
»Dann brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen«, antwortete Howard. »Dann gibt es nämlich nichts mehr, was wir noch tun können.«
Gemeinsam machten wir uns auf die Suche nach weiteren Wurmlöchern. Obwohl uns die Zeit unter den Nägeln brannte, gingen wir sehr gründlich zu Werke und untersuchten die Wände Zoll für Zoll. Aber es schien, als hätten wir – und ganz London – noch einmal Glück gehabt. Wir entdeckten ein weiteres Wurmloch unweit der Stelle, an der wir die ersten vier gefunden hatten, aber nicht mehr, obwohl wir den gesamten Raum zweimal durchkämmten. Es schien, als hätten Howard und ich tatsächlich alle Wurmkolonien entdeckt und vernichtet.
Ich hätte aufatmen können, aber
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