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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hasseltime – genauer gesagt, das, was noch von ihm übrig war.
    Dicht neben dem ehemaligen Navy-Offizier kniete ein junger Mann in der Uniform des Gefängnispersonals, der sich ununterbrochen übergab und dabei kleine, wimmernde Laute ausstieß, und an der Wand hinter Hasseltimes Leiche standen zwei Männer von hünenhafter Statur, deren Gesichtsfarbe heftig mit dem Weiß ihrer Kleidung wetteiferte. Hasseltime selbst lag auf dem Rücken in einer immer größer werdenden, dampfenden Blutlache. Ein Teil seines Gesichts, die Hälfte seines Halses und ein gutes Stück seiner Brust fehlten, aber dafür war etwas anderes da.
    Ich hatte erwartet, Dutzende der durchsichtigen dünnen Wurmkreaturen aus seinem Körper herausbrechen zu sehen, und darauf wäre ich vorbereitet gewesen. Ganz automatisch hatte ich mich sogar schon in der Zelle umgesehen und nach einer Schüssel oder einem Krug mit Wasser Ausschau gehalten – aber was ich wirklich erblickte, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen.
    Es waren nicht Dutzende von Würmern, es war ein einziger, fast armdicker, widerwärtiger Wurm, der sich mit zuckenden Bewegungen aus Hasseltimes aufgebrochenem Brustkorb herauswand – und unverzüglich damit begann, sich in den Boden hineinzugraben!
    Der Anblick war so furchtbar, dass ich für zwei, drei Sekunden einfach dastand und das grässliche Bild betrachtete. Als ich meinen Schrecken schließlich überwand, war es zu spät. In der dampfenden Blutlache, in der Hasseltime lag, bildete sich plötzlich ein winziger Strudel und plötzlich war der Wurm nicht mehr da. Stattdessen gähnte ein faustgroßes Loch im Boden, durch das Hasseltimes Blut in das darunterliegende Stockwerk tropfte.
    »Großer Gott!«, keuchte eine Stimme hinter mir. Ich fuhr herum und erkannte den Gefängnisdirektor. »Was geht hier vor? Ich verlange eine Erklä -«
    Ich schnitt ihm das Wort ab, indem ich ihn bei den Rockaufschlägen ergriff und so heftig schüttelte, dass seine Zähne aufeinanderschlugen. »Was ist hier drunter?«, fuhr ich ihn an.
    »Zellen«, antwortete er automatisch. »Aber sie stehen leer. Und -«
    Mehr musste ich nicht wissen. Ich ließ den Mann los, stieß einen weiteren Beamten grob zur Seite und raste den Gang wieder zurück zur Treppe, so schnell ich nur konnte. Hinter mir wurden hastige Schritte laut, als sich Howard und nach ein paar Sekunden auch Cohen ebenfalls auf den Weg machten, und ich zweifelte nicht daran, dass uns auch etliche Männer des Gefängnispersonals folgen würden, aber daran verschwendete ich in diesem Moment keinen Gedanken. Ich wusste, dass ich praktisch keine Chance hatte, das Ungeheuer zu stellen. Ich hatte schließlich mit eigenen Augen gesehen, wie schnell es sich in den steinernen Boden hineingefressen hatte, während ich selbst darauf angewiesen war, den Weg in die darunterliegende Etage ganz normal zurückzulegen. Meine Gedanken überschlugen sich, während ich so schnell die Treppe hinunterhetzte, dass ich Gefahr lief, zu stürzen. Wir befanden uns in der zweiten Etage. Das hieß, dass unter uns noch zwei weitere Stockwerke und vielleicht noch ein Keller lagen, dann nichts mehr. Wenn der Wurm den gewachsenen Grund erreichte, ehe wir ihn einholen und stellen konnten, dann war London verloren. Und vielleicht nicht nur das.
    So setzte ich alles auf eine Karte. Statt am Ende der Treppe abzubiegen, um die Zelle unter der Hasseltimes zu erreichen, raste ich weiter nach unten, erreichte das Erdgeschoss und sah zu meiner maßlosen Erleichterung, dass es weiter in die Tiefe ging. Es gab einen Keller. Vielleicht hatten wir noch eine winzige Chance, die Bestie aufzuhalten.
    Wo genau hatte Hasseltimes Zelle gelegen? Ich versuchte, den Weg in Gedanken zurückzuverfolgen, den ich oben gegangen war. Ich war nach links abgebogen, musste also jetzt nach rechts, und dann … zwanzig Schritte weit? Dreißig?
    Vor mir lag ein düsterer, kaum beleuchteter Kellergang, von dem fast ein Dutzend Türen abzweigten. Musste ich nach rechts oder links? Die dritte oder die vierte Tür?
    Es war aussichtslos. Ich stieß wahllos einige Türen auf, blickte in die dahinterhegenden Räume und suchte die Decken ab. Sie waren voller Schmutz und Spinnweben, aber unversehrt.
    Ich durchsuchte jeden einzelnen Raum auf dem Gang, aber das Ergebnis war überall das gleiche. Kein Wurmloch. Diesmal hatte ich mich verkalkuliert. Das Ungeheuer war noch irgendwo über mir und hatte entweder die Richtung gewechselt, oder sich in eine der Wände

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