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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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entkommen, zurück in die normale Welt, wo sich Stahl nicht plötzlich in Stein verwandelte und wo es keine unheimlichen Gänge gab, die wie aus dem Nichts heraus hinter seinem Rücken Abzweigungen und Seitenstollen bildeten.
    Aber dennoch blieb er misstrauisch. Irgendetwas stimmte mit Kelly nicht. Norris konnte es nicht näher erfassen, aber sein Freund wirkte auf eine beinahe unmerkliche Weise verändert. Er freute sich nicht so, wie zu erwarten gewesen wäre, und er sprach auch anders als sonst, doch die eigentliche Veränderung war auf eine Art erfolgt, die sich nicht greifen und in Worte kleiden ließ, die Norris aber trotzdem unterschwellig spürte.
    »Was ist, worauf wartest du noch? Lass uns endlich hier verschwinden«, sagte Kelly und lächelte. »Ich möchte keine Minute länger als unbedingt nötig in diesem unheimlichen Labyrinth bleiben.«
    Seine Worte und vor allem sein Lächeln rissen Norris aus seiner Erstarrung. Wenn Kelly ihm verändert vorkam, dann lag es vermutlich daran, dass die Stunden in dieser bizarren unterirdischen Welt auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen waren. Wahrscheinlich war er ebenfalls erschöpft und mit seinen Nerven am Ende und das schlug sich in seinem Verhalten nieder. Später würde ihm noch genügend Zeit bleiben, um darüber nachzudenken. Im Moment wollte Norris nichts anderes, als so schnell wie möglich von hier wegzukommen.
    Er schüttelte die Lähmung ab und schloss zu Kelly auf. Schweigend gingen sie nebeneinander den Stollen entlang, doch obwohl sie nicht einmal eine halbe Armlänge voneinander entfernt waren, spürte er die unsichtbare Mauer, die sich zwischen ihnen erhob und sie trennte. Scheinbar wahllos bog Kelly in Seitenstollen ab, die sich wie ein Ei dem anderen glichen.
    »Wie findest du dich hier bloß zurecht?«, brach Norris schließlich das drückende Schweigen.
    »Eigentlich ist es gar nicht mal so schwer, wenn man das System erst einmal verstanden hat, das hinter diesem Labyrinth steckt«, erklärte Kelly bereitwillig. »Aber ich habe selbst ziemlich lange gebraucht, um es zu erkennen. Es wäre zu kompliziert, es dir zu erklären. Vertrau mir einfach. Wir haben es nicht mehr weit.«
    Vertrauen war das Schlüsselwort, denn es war genau das, was Norris nicht mehr besaß, und das galt nicht nur für Kelly. Er vertraute nicht einmal mehr sich selbst und seinen eigenen Wahrnehmungen. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass es ein System in dem Labyrinth gäbe, da sich die Stollen ständig veränderten und immer wieder neue entstanden, aber darauf kam es jetzt nicht mehr an. Allein war er in diesem Irrgarten in jedem Fall verloren. Wollte er wenigstens noch eine kleine Chance auf Rettung haben, blieb ihm also gar nichts anderes übrig, als mit Kelly zu gehen, selbst wenn dieser bereits den Verstand verloren hatte und sich seine Behauptung, den Ausweg zu kennen als leeres Gerede herausstellen sollte.
    Aber dem war nicht so. Irgendwann, nach gar nicht so langer Zeit, bemerkte Norris, dass es vor ihm plötzlich heller wurde. Licht schimmerte ein Stück vor ihm hinter einer Biegung des Stollens hervor, in dem sie sich befanden. Unwillkürlich ging Norris schneller, überholte Kelly. Erleichterung durchpulste ihn, erlosch jedoch gleich darauf, als er die Biegung erreichte und sah, was sich dahinter befand.
    Er stand am Eingang zu einer großen, von zahlreichen Fackeln fast taghell erleuchteten Höhle. Nach den vielen Stunden in der nur vom matten Schein der Laterne erhellten Dunkelheit schmerzte ihm das Licht in den Augen und blendete ihn, sodass er nur undeutlich die Umrisse mehrerer Personen erkannte. Norris begriff nicht, was die Versammlung zu bedeuten hatte, aber er spürte instinktiv, dass sein Misstrauen nur zu berechtig gewesen war und Kelly ihn in eine Falle gelockt hatte.
    Er wollte herumfahren und fliehen, doch es blieb bei dem Versuch. Er spürte noch einen Luftzug, dann traf ein mörderischer Hieb seinen Nacken und löschte sein Bewusstsein aus.
     
    Genau genommen war Treymour niemals sein Freund gewesen; nicht einmal das, was man gemeinhin einen guten Bekannten nennen würde. Trotzdem alarmierte Howard Treymours Verschwinden über die Maßen.
    Dabei hätte er nicht einmal wirklich sagen können, warum.
    Es war Jahre her, dass er das letzte Mal von Treymour gehört, und noch länger, dass er ihn das letzte Mal gesehen hatte – und das unter Umständen, an die er sich lieber nicht erinnern wollte. Treymour und er waren einst Angehörige der gleichen

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