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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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daraus erhob. Seine Schritte kamen langsam näher.
    Ich starrte in die Tiefe. Meine Arme und vor allem mein Rücken schmerzten unerträglich, aber vielleicht war ein Sturz in die Tiefe nicht einmal das Schlimmste, was mir passieren konnte.
    Ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Vielleicht war es noch das Harmloseste, was mir widerfahren konnte …
    Etwas kam aus der Tiefe herauf.
    Es war nicht zu sehen, nicht zu hören, aber ich konnte es fühlen und vor allem riechen. Ein erbärmlicher, Übelkeit erregender Gestank nahm mir den Atem, sodass ich nicht einmal mehr nach Rowlf schreien konnte, sondern plötzlich mit all meiner Kraft dagegen ankämpfen musste, mich zu übergeben. Ich rutschte weiter ab. Verzweifelt warf ich den Kopf in den Nacken und rang nach Luft und im gleichen Moment glaubte ich doch etwas zu sehen: eine schattenhafte, rasende Bewegung aus den Augenwinkeln. Etwas Schwarzes, Grässliches turnte auf zahllosen wirbelnden Beinen zu mir herauf. Und es war schnell.
    »Was issn jetz mittem versprochenen Schnaps?«, fragte Rowlf. Ich konnte hören, wie er näher kam und seine Schritte dann plötzlich abbrachen. »He, was treibstn da? Is das ne neue Art von diesm neumodischen Gymanastik-Kram?«
    Der Schatten kam näher. Ich bekam kaum noch Luft und meine Kräfte drohten endgültig zu erlahmen. Meine Hände schmerzten mittlerweile so unerträglich, als hätte ich mir die Haut bis auf die Knochen durchgescheuert. Vielleicht hatte ich das ja.
    »Rowlf!«, keuchte ich verzweifelt. »Hilf mir!«
    Rowlf kam näher, beugte sich vor und blickte mit gerunzelter Stirn auf mich herab. »Was issn los, verdammich nochmal?«, nuschelte er.
    Der Schatten hatte mich fast erreicht. Etwas Dünnes, Schwarzes zuckte zu mir hoch, schnitt mit einem reißenden Laut durch den Stoff meines Hemdes und eine Sekunde später in meinen Arm. Der Schmerz war nicht einmal besonders schlimm, aber er war trotzdem zu viel.
    Ich schrie auf, ließ meinen Halt los und stürzte kopfüber in die Tiefe. Und Rowlf griff im allerletzten Moment zu und umklammerte mit seiner gewaltigen Pranke mein rechtes Fußgelenk. Ich wurde zurück und wieder in die Höhe gerissen, praktisch im gleichen Sekundenbruchteil, in dem der Schatten mich erreicht hatte. Obwohl aus allernächster Nähe, konnte ich ihn immer noch nur als bloßes Schemen erkennen, aber was ich erkennen konnte, das ließ mir schier das Blut in den Adern gerinnen: etwas Riesiges, Schwarzes, mit peitschenden Tentakeln und Schuppen, mit rot glühenden Augen und reißenden Zähnen.
    Der Ruck, mit dem Rowlf mich zurückriss, zerrte mir fast das Bein aus der Hüfte, aber er rettete mir auch das Leben. Ich wurde wie eine Stoffpuppe in die Höhe und aus dem vermeintlichen Schrank herausgerissen und befand mich für den Bruchteil einer Sekunde der Zimmerdecke näher als dem Fußboden. Wir taumelten zurück und Rowlf verlor das Gleichgewicht und stürzte, besaß aber noch genügend Geistesgegenwart, um meinen Fuß loszulassen und mit der anderen Hand die Tür ins Schloss zu werfen. Noch bevor wir vollends zu Boden fielen, erzitterte die Tür unter einem gewaltigen Hieb, der das Holz fast zur Gänze spaltete. Ein zorniger, unwirklicher Schrei hallte durch das Zimmer und verklang. Für den Bruchteil einer Sekunde, einen winzigen, aber durch und durch entsetzlichen Moment nur, glaubte ich hinter dem zersplitterten Holz etwas zu erkennen; etwas Schwarzes, Zuckendes, das älter als die Zeit und nur aus Hass und alles verzehrender Wut erschaffen war.
    Ich blieb einen Moment benommen liegen und selbst, als der hämmernde Schmerz in meinen Gliedern nachließ, rührte ich mich nicht gleich. Ich war nicht ernsthaft verletzt – jedenfalls hoffte ich das –, aber ich war vor Schrecken noch immer wie gelähmt und mein rechter Arm und das linke Bein taten um die Wette weh. Vielleicht reagierte ich deshalb nicht so schnell wie gewohnt, vielleicht war es auch wirklich so, wie Rowlf meinte, und ich war tatsächlich nicht besonders gut drauf – gleichwie, ich reagierte zu spät. Rowlf stand auf, war mit einem Schritt wieder bei der Tür und riss sie auf. Seine linke Hand war zur Faust geballt und halb erhoben.
    »Rowlf, nein!«, schrie ich.
    Es war zu spät. Die Tür schwang knarrend auf – und dahinter lag der Schrank. Er war ein bisschen unordentlich – zwei Bretter waren aus ihrer Führung gerissen, die beiden Whiskyflaschen heruntergefallen und zerbrochen. Aber der Schrank war nichts als ein Schrank mit einem

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